Berlin. Erstmals seit 1947 gibt es in diesem Jahr für die Schwimmer keine deutschen Meisterschaften. Die Corona-Pandemie zwingt den Verband zur Absage. Weltmeister Florian Wellbrock & Co. bleiben damit im vorolympischen Jahr ohne größeren Wettkampf. Eine Sorge schwingt mit.

Die deutschen Schwimmer küren in diesem Jahr erstmals seit über 70 Jahren keinen deutschen Meister. Nach der Verlegung von EM und Olympia müssen Doppel-Weltmeister Florian Wellbrock & Co. wegen der Corona-Pandemie auch auf nationale Titelkämpfe verzichten.

"Angesichts der aktuellen Unsicherheiten ist mir Vorsicht definitiv lieber als Nachsicht, denn eine Ansteckung könnte mehr kosten als meinen Olympia-Traum", sagte der 23-Jährige bei allem Bedauern nach dem endgültigen Aus für die Meisterschaften. Diese hätten vom 29. Oktober bis 1. November in Berlin stattfinden sollen.

Erstmals seit 1947 finden damit im Deutschen Schwimm-Verband keine deutschen Meisterschaften statt. Gerade in einem Jahr ohne internationale Höhepunkte wäre der Stellenwert besonders hoch gewesen. "Wettkämpfe sind für mich die Grundlage überhaupt und dienen insbesondere meiner Motivation. Ich hatte mich auch sehr auf die DM nächste Woche gefreut", sagte der Magdeburger Wellbrock.

Im Gegensatz zu Fußballern können sich die Athleten im Schwimmen und anderen Olympia-Sportarten nicht jedes Wochenende zeigen. Umso bitterer ist es für sie, wenn die Saisonhöhepunkte dann ausfallen. Die Leichtathleten hatten im August in Braunschweig mit großem Aufwand ihre Geistermeisterschaften durchgeführt. Damals waren die Infektionszahlen aber auch deutlich niedriger als sie es nun sind. In Berlin ist die aktuelle Corona-Lage besonders bedenklich.

"Angesichts der aktuellen Entwicklungen mit deutschlandweit rasant steigenden Infektionszahlen, den damit verbundenen Unsicherheiten und den eindringlichen Appellen der Bundesregierung sehen wir uns veranlasst, die DM2020 abzusagen", begründete Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen den schmerzhaften Schritt.

Die allgemeine Verunsicherung und Vorsicht spiegelte sich im Vorfeld in den Meldezahlen und einer Vielzahl von Absagen von Helfern wider. In den kommenden Monaten werde man Lösungen entwickeln und sich dafür einsetzen, "dass der Schwimmsport in all seinen Ausprägungen die Krise überdauern kann", sagte der scheidende Vizepräsident Uwe Brinkmann.

Wellbrock, nach zweimal WM-Gold aussichtsreichster deutscher Medaillenkandidat im kommenden Jahr bei Olympia, stimmen die aktuelle Corona-Entwicklung und jüngste Infektionen wie die von Olympiasiegerin Federica Pellegrini (Italien) nachdenklich.

"Niemand weiß bislang genau, welchen Einfluss das auf die künftige Leistungsfähigkeit hat. Wenn die Lunge dadurch künftig nur ein Prozent weniger leistet, gefährdet das die Karriere", sagte der gebürtige Bremer Wellbrock. "Dann erst mal lieber nur Wettkämpfe im kleineren Rahmen an den Bundesstützpunkten."

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