Doha. Vorrunden-Aus in Russland, Achtelfinal-Aus bei der EM und nun schon wieder das frühzeitige Aus. Was ist los mit der Fußballnation a.D.?

Es gab Zeiten, und die sind noch gar nicht so lange her, da bezeichnete DFB-Manager Oliver Bierhoff die Fußball-Nationalmannschaft als das letzte Lagerfeuer der Nation. Millionen Menschen versammelten sich vor dem Fernseher, um die Daumen zu drücken. Doch spätestens seit Donnerstagabend steht fest: Bierhoffs Lagerfeuer ist erloschen – und daran ist nicht die Energiekrise schuld.

Ukrainekrise, Coronakrise, Flüchtlingskrise, Energiekrise – und jetzt auch noch die Nationalmannschaftskrise. Krise kann Deutschland – besonders die Fußballer. Die dürfen sogar den inoffiziellen Titel Krisenweltmeister für sich reklamieren. Denn die Nationalmannschaft ist raus. In der Vorrunde. Schon wieder. Damit ist die DFB-Auswahl nach Russland nun in Katar bei der zweiten Weltmeisterschaft in Folge vor der K.O.-Runde gescheitert – das hat es noch nie gegeben.

Die DFB-Elf hat sich immerhin bemüht - auf und neben dem Platz

2018 Kasan, 2022 Katar, dazwischen noch das Achtelfinalaus bei der Corona-EM in Wembley – der Dreifachknockout wird sich in die Seelen der deutschen Fußballfans brennen. Dabei sind die beiden WM-Fiaskos ähnlich und anders zugleich. Same, same, but different. In Russland trat der amtierende Weltmeister an, um seinen Titel zu verteidigen, scheiterte aber an Südkorea und Mexiko. In Katar waren die Erwartungen (außer die von Hansi Flick) andere. Vielen Fans hätte es gereicht, wenn das Team mit Anstand im Viertelfinale ausgeschieden wäre – dafür aber bei der umstrittenen Katar-WM Zeichen gesetzt hätte. Um es vorwegzunehmen: Beides hat nur bedingt funktioniert.

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Immerhin: Die DFB-Auswahl hat sich bemüht. Auf und außerhalb des Platzes. Doch 20 kopflose Minuten gegen Japan reichten für das sportliche Aus – und ein verlorener Kampf mit der diabolischen Fifa reichte für die moralische Niederlage. So wird auch diese WM in Deutschland als Debakel im kollektiven Gedächtnis bleiben. Und wenn die Verantwortlichen vor der in anderthalb Jahren stattfindenden Heim-EM nicht die richtigen Schlüsse ziehen, könnte Bierhoffs Lagerfeuer zum Flächenbrand werden.

DFB braucht nun einen Krisenmanager

Ein Krisenmanager wird benötigt. Für den DFB will diese Rolle Präsident Bernd Neuendorf übernehmen: Von Bundestrainer Flick und DFB-Manager Oliver Bierhoff erwartet er bereits in der kommenden Woche eine Analyse des Debakels sowie eine Perspektive in Richtung der Euro 2024.

Nach dem Schlamassel 2018 brauchte Ex-Bundestrainer Joachim Löw dafür noch sechs Wochen. Nun sollen erste Entscheidungen innerhalb der kommenden sechs Tagen fallen. Dabei darf man gespannt sein, inwiefern Bierhoff und/oder Flick von diesen Entscheidungen betroffen sind.

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Zu Flick: Der Trainer hat es nicht geschafft, aus einer Mannschaft mit Topstars von Bayern, Chelsea, City und Real eine funktionierende Einheit zu formen. Einerseits. Andererseits steht kein geeigneter Kandidat bereit, um Bayerns früheren Sextuple-Trainer zu ersetzen. Wenn Flick die richtigen Schlüsse zieht, sollte er bleiben – vielleicht auch nur aus Mangel an Alternativen.

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Zu Bierhoff: Der DFB-Manager ist einer der Hauptverantwortlichen für die erfolgreichste DFB-Dekade zwischen 2006 und 2016. Dafür gebührt ihm Dank. Gleichzeitig ist er einer der Hauptverantwortlichen für die miserabelsten DFB-Jahre danach. Auch die zunehmende Entfremdung der eigenen Fans, die sich immer weniger hinter dem Lagerfeuer der Fußballer versammeln, muss er sich anlasten.

Nach insgesamt 18 Jahren beim DFB wäre es unschön, wenn Bierhoff entlassen werden muss. Stillvoller wäre es, wenn Bierhoff selbst die richtigen Schlüsse zieht – und dann gerne zum Ausstand ein großes Grillfest mit Lagerfeuer veranstaltet.