Essen. Der frühere DFB-Nachwuchstrainer Manuel Baum sorgt sich um die Zukunft des deutschen Fußballs. Im Podcast spricht er über den DFB.

Manuel Baum ist zwar kein Mediziner, doch wenn er über seine Selbstauffassung als Fußballtrainer spricht, der ein Problem lösen soll, zieht er Vokabular aus diesem Gebiet heran. „Ich bin dann ein Arzt, der auf Ursachenforschung geht und nicht an den Symptomen herumdoktert“, sagt der 43-Jährige im Podcast „WM Inside – Der Expertentalk“ der Funke-Mediengruppe, zu der auch diese Zeitung gehört.

Der frühere Trainer des FC Schalke 04, während des Turniers in Katar als Taktik-Analyst für Magenta TV im Einsatz, bezieht sich mit diesen Worten auf das Ende der Ära von Oliver Bierhoff (54) beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), der sich spätestens nach dem erneuten Vorrunden-Aus der Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft wieder in einer Krise befindet.

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„Die große Herausforderung ist für mich, an der Ursache zu arbeiten und nicht an dem, was oben ankommt. Da wird mir angst und bange, wenn ich an die Zukunft denke. Wenn wir das nicht ändern, werden wir auf dem zweitklassigen Niveau, auf dem wir uns gerade befinden, bleiben“, meint Baum. Seine Prognose für diesen Fall: „Wir werden weiterhin eine Konjunktiv-Mannschaft haben, von der Leute sagen, sie habe ein Riesen-Potenzial, aber die Leistung stimmt nicht.“

Der Leistungsgedanke ist in Baums Augen ein zentraler Aspekt, der in der Nachwuchsausbildung zunehmend vernachlässigt wird. „So werden wir uns – und das ist auch eine These – im Nachwuchsbereich in der Qualität abschaffen. Wir werden extrem breitensportorientiert arbeiten, aber die Leistungsorientierung wird immer weiter abnehmen. Die Leistung wird immer weniger wert bei uns“, sagt Baum. „Das ist natürlich eine verheerende Botschaft.“

Widerstände für die Entwicklung

Baum selbst hat im Nachwuchsbereich einige Erfahrungen gesammelt. Der Niederbayer, früher Torwart in der Jugend des TSV 1860 München, arbeitete beim DFB von Juli 2019 bis September 2020 als Trainer der U18- und U20-Auswahl. Beim FC Augsburg hatte er einst auch das gesamte Nachwuchsleistungszentrum verantwortet. Im Jugendbereich vermisst er nun zunehmend die Hürden, die für die Ausbildung von Führungsspielern wichtig seien – also von genau jenen Spielertypen, die in der deutschen Nationalmannschaft derzeit aus allen Richtungen gefordert werden.

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„Gerade die Themen Widerstandsfähigkeit oder Leidenschaft sind extrem wichtig für die Persönlichkeits-Entwicklung“, betont Baum, der ein Sportwissenschaftsstudium mit dem Diplom und ein Lehramtsstudium mit dem Staatsexamen abgeschlossen hat. Sein Appell: „Lasst den Widerstand da, aber versucht den Kindern eigene Strategien an die Hand zu geben, dass sie ihn selbst überwinden. Sonst gibt es im Profibereich die Führungsspieler nicht mehr.“

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An konkreten Personaldebatten um die mögliche Bierhoff-Nachfolge will sich Baum nicht beteiligen. Er fordert den DFB allerdings zur geduldigen Suche auf: „Bitte jetzt keinen Schnellschuss machen.“