Essen. “Für die Spieler ist es ein Spagat“, sagt Roman Weidenfeller, Weltmeister 2014, in unserem Podcast “WM Inside - Der Expertentalk“ zur Katar-WM.

Roman Weidenfeller hat den WM-Test der deutschen Nationalmannschaft gesehen, das 1:0 gegen Oman. Begeistert war er natürlich nicht, aber als erfahrener Profi weiß er: Es war eben auch nur ein Test. Der 42-jährige ehemalige Torhüter, eine Legende bei Borussia Dortmund, ist zu Gast im Podcast „WM Inside – Der Expertentalk“ der Funke-Mediengruppe, zu der auch diese Zeitung gehört. Weidenfeller erzählt vom Gewinn des WM-Titels von 2014, aber natürlich spricht er auch über die Weltmeisterschaft 2022 in Katar, die am Sonntag beginnt.

Ein Turnier, über das aufgrund der Menschrechtslage in dem arabischen Land heftig debattiert wird. Trotzdem meint Weidenfeller, dass es nichts Schöneres für einen Fußballer gebe, als bei einer Weltmeisterschaft zu spielen. Keiner sei glücklich darüber, dass diese WM in Katar stattfinde. „Für die Spieler ist es nicht leicht, diesen Spagat zu schaffen. Aber ein Profi kann das ausblenden, er muss immer performen. Vielleicht kann sich Katar auch ein Stück weit öffnen. Vielleicht kann das Land den nächsten Schritt gehen“, sagt der gebürtige Rheinland-Pfälzer. Das Viertelfinale sei Pflicht für die deutsche Nationalmannschaft. „Das Halbfinale ist möglich. Ich kann mir auch ein Finale gegen eine Mannschaft aus Südamerika vorstellen.“

podcast-image

Vor 20 Jahren wechselte Roman Weidenfeller vom 1. FC Kaiserslautern nach Dortmund. Lange schien es nichts zu werden mit ihm und der Nationalelf. Zur Weltmeisterschaft in Brasilien aber durfte er mitreisen – als Ersatz hinter Torhüter Manuel Neuer. „Für mich war es eine Ehre, dabei zu sein. Mir war es wichtig, mich einzubringen ins Team“, erzählt Weidenfeller und lobt den Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft, der der Schlüssel für den großen Erfolg gewesen sei. Durch einen 1:0-Erfolg über Argentinien gewann Deutschland den Weltmeistertitel.

Weidenfeller erinnert sich an den WM-Titel 2014

Das Finale fand im legendären Maracana-Stadion in Rio statt. „Schon vor dem Spiel hat man den Pokal gesehen, jeder konnte daran vorbeilaufen. Wenn man so nah vor diesem Pokal steht, dann kriegt man auch ein bisschen Bammel“, erzählt Weidenfeller. Ein Jahr zuvor hatte er mit Dortmund das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern verloren (1:2). „Das sollte nicht wieder passieren. Ich habe mitgefiebert, habe meinen ganzen Spirit reingebracht.“ Mario Götze erlöste mit seinem Tor in der Verlängerung die gesamte Mannschaft.

Die Spieler hätten sich in Brasilien einfach wohlgefühlt, das Mannschaftquartier, das Campo Bahia, sei eine heile Welt gewesen, sagt Weidenfeller. „Wir konnten uns frei bewegen, haben gemeinsam Fußball geguckt, Getränke getrunken. Wir waren nicht abgeschottet, es gab keine Blockbildung.“ Die Verantwortlichen hatten festgelegt, wer in den vielen Häusern der Anlage zusammenwohnt. Roman Weidenfeller bekam Mario Götze, Miroslav Klose, Shkodran Mustafi und Toni Kroos zugeteilt. „Die meisten rannten direkt nach oben, versuchten, das beste Zimmer zu ergattern. Ich als Erfahrener habe abgewartet, habe mir unten ein gutes Zimmer ausgewählt. Nur wurde dann gesagt: ‚Es geht nach der Anzahl der Länderspiele.‘ Da dachte ich nur: ‚Oh, Mist.‘ Aber zum Glück hatte Mustafi noch weniger Spiele als ich. Bei mir wurde es also nicht die Besenkammer“, erzählt Weidenfeller und lacht.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Und dann dieses Halbfinale, das 7:1 über den Gastgeber Brasilien. „Wir mussten uns in der Halbzeitpause erst mal kneifen. Aber nach dem Abpfiff war es wichtig, dass wir unsere eigenen Emotionen zurücknehmen“, meint Weidenfeller. Er habe den brasilianischen Torhüter Julio Cesar in den Arm genommen. Erst als alle Brasilianer den Platz verlassen hätten, seien die Deutschen zu ihren Fans gegangen. „Viele in Brasilien haben uns gedankt, dass wir so mit diesem Erfolg umgegangen sind.“

Weidenfeller hätte Mats Hummels nominiert

In Katar sei es nun ebenfalls von enormer Bedeutung, dass jeder sein Ego hinten anstelle, erklärt Weidenfeller. Generell solle die Mannschaft nicht zu schlecht geredet werden, die Qualität sei groß. Jamal Musiala vom FC Bayern gehöre in die Startelf. Joshua Kimmich, eigentlich im Zentrum zu Hause, wäre eine Alternative für die Problemposition Rechtsverteidiger. Aber: Den Dortmunder Verteidiger Mats Hummels hätte Roman Weidenfeller nominiert. „Er weiß, dass es die letzte Möglichkeit für ihn war, bei einer WM zu spielen. Er hat Sonderschichten geschoben. Dass die Enttäuschung deswegen groß ist, können wir alle nachvollziehen.“

Vor der Verabschiedung noch sein Tipp für das deutsche Auftaktspiel gegen Japan am 23. November? „2:1“, sagt Roman Weidenfeller.