Berlin. Urlaub in Österreich ist beliebt. Tourismusministerin Köstinger sagt, was sich im Sommer 2022 ändert, und wo es noch freie Hotels gibt.

Für einen kurzen Urlaub im Ausland reisen die Deutschen am liebsten nach Österreich. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) erklärt im Interview, wie die Corona-Pandemie den Urlaub im Nachbarland verändert hat, wo es im Sommer noch freie Betten gibt und was die Gastgeber an den Besuchern aus Deutschland schätzen.

Frau Köstinger, hinter uns liegen zwei Jahre Corona-Pandemie mit vielen Einschränkungen. Hat die Krise den Tourismus in Österreich verändert?

Elisabeth Köstinger: Vor der Pandemie hatten wir in einigen Städten bereits das Problem des Overtourism. Zu viele Gäste. Das hat in der Bevölkerung Unmut hervorgerufen. Deshalb versuchen wir, den Tourismus in Österreich aus der Corona-Pandemie heraus gezielt weiterzuentwickeln. Mehr Qualität statt Quantität. Übervolle Gänge und Gassen – das wird nicht mehr zurückkommen.

Zudem haben wir im Tourismus durch verschiedene Investitionsprojekte während der Corona-Pandemie eine extreme Qualitätssteigerung erreicht. Die Betriebe haben die Zeit für Investitionen genützt, vor allem in der Ferienhotellerie.

Die meisten Corona-Einschränkungen sind gefallen. Wie wird der Sommerurlaub 2022 in Österreich?

Köstinger: Auf jeden Fall sehr erholsam und mit der gewohnten österreichischen Gastfreundschaft. In der Corona-Pandemie hatten wir zwei sehr herausfordernde Jahre für den Tourismus – und freuen uns jetzt auf einen sehr erfolgreichen Sommer. Die beiden letzten Jahre haben uns schon gezeigt, Tourismus im Sommer nahezu ohne Einschränkungen funktioniert.

Dennoch ist Corona ist nicht aus der Welt. Wie sicher ist der Urlaub?

Köstinger: In Österreich hatten wir im Vergleich mit anderen EU-Staaten sicherlich mit die strengsten Corona-Maßnahmen mit mehreren Lockdowns. Wir haben sehr viel unternommen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen und den Tourismus und die Gastronomie als sichere Orte zu gestalten – etwa mit 2G-Eintrittsregeln und einem massiv ausgebauten Testangebot.

Jetzt sind die Infektionszahlen in Österreich sehr niedrig. Aber wir sind bestmöglich auf den Herbst vorbereitet, sollte noch einmal eine neue Mutation und eine neue Corona-Welle kommen.

Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger im Interview mit unserer Redaktion.
Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger im Interview mit unserer Redaktion. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Wie entwickelt sich die Nachfrage im Sommer? Welche Ziele sind beliebt, wo gibt es noch freie Betten?

Köstinger: Die Nachfrage ist aktuell sehr gut, insbesondere in den bekannten österreichischen Urlaubsorten in Berg- und Seelagen. Herausfordernder ist die Lage für die Stadthotellerie. Nach wie vor fehlen Kongresse, Messen und Großveranstaltungen aus Kunst und Kultur. Die Reisefreiheit ist weiterhin eingeschränkt, die Touristen aus Asien und Amerika fehlen.

Hinzu kommt, dass die Bundeshauptstadt Wien die Corona-Maßnahmen permanent verlängert hat. Das hat der Branche schwerstens zugesetzt. Durch den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine ist jetzt eine neue Unsicherheit spürbar. Ein Krieg mitten in Europa hat natürlich Auswirkungen. Speziell die Nachfrage aus den USA ist reduziert. Eine große Stornowelle ist aber bislang ausgeblieben.

Wie wollen Sie die Stadthotels retten?

Köstinger: Nach wie vor laufen unsere Wirtschaftshilfen, etwa mit Kurzarbeit. Gleichzeitig wollen wir Österreich als Standort für Kongresse und Messen wieder an die Spitze bringen. Großveranstaltungen brauchen aber bis zu ein Jahr Vorlauf. Um den Veranstaltern das Risiko zu nehmen, dass im Herbst wieder eine neue Corona-Welle auftritt, gibt es einen 300-Millionen-Euro-Schutzschirm für die Branche.

Ischgl war 2020 der erste Corona-Hotspot in Europa. Hängt das Österreich als Urlaubsziel noch immer nach?

Köstinger: Keinesfalls. Speziell Ischgl hat mit sehr strengen Regeln alles dafür getan, dass der Wintertourismus sicher war: enggefasste Sperrstunden, FFP2-Maskenpflicht, 2G-Nachweis. Im Winter haben wir in Ischgl wie allen anderen Ferienregionen Österreichs eine sehr hohe Nachfrage gesehen. Natürlich wird mancherorts gerne beim Après-Ski gefeiert. Diese Freiheit muss man den Menschen schon zugestehen, das ist nichts verwerfliches.

Wie lief die Skisaison in diesem Winter?

Köstinger: Kurz vor Weihnachten hatten wir nochmal einen Lockdown, deshalb startete die Saison leider mit angezogener Handbremse. Aber, und das stimmt mich und die gesamte Tourismusbranche sehr positiv: In der Sekunde, in der wir die Maßnahmen gelockert haben, kam ein unglaublicher Zustrom an Urlaubern.

Gerade die deutschen Gäste sind sehr loyal. Sie kennen ihre Gastgeber kommen zum Teil über Generationen nach Österreich. Das stimmt uns sehr zuversichtlich: Wenn die Corona-Pandemie vorbei ist, schaffen wir das Comeback des Österreich-Tourismus‘ – stärker als je zuvor.

Wie sind die Pläne für den kommenden Winter? Bei welchem Szenario würden Sie wieder Beschränkungen erlassen müssen?

Köstinger: In den zwei Jahren Corona-Pandemie haben wir sehr viel gelernt. Mittlerweile sind wir wirklich sehr gut vorbereitet. Vor allem die Impfung wird der Schlüssel sein. Sollten weitere Mutationen auftreten, hoffen wir, dass die Impfstoffe wirken. Aber das kann leider niemand vorhersehen. Auch Gesundheitsexperten und -expertinnen nicht.

Wie viel Geld hat Österreich in die Hand genommen, um die Tourismusbranche in der Pandemie zu retten?

Köstinger: Etwa fünf Milliarden Euro sind direkt in Gastronomie und Tourismus geflossen, vor allem in die Kurzarbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie sind der wichtigste Rohstoff des Tourismus.

In Deutschland haben Hotels und Restaurants trotz der Hilfen viel Personal verloren, müssen ihr Angebot einschränken. Wie sieht es in Österreich aus?

Köstinger: Dieses Problem haben wir leider auch. Der massive Fachkräftemangel in der Gastronomie und Hotellerie besteht jedoch nicht erst seit der Pandemie. Eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Card (Ein Aufenthaltstitel, d. Red.) mit einer besseren Anerkennung von Berufsabschlüssen soll es jetzt Drittstaatsangehörigen einfacher machen, in Österreich zu arbeiten. Damit wollen wir dem Facharbeitermangel entgegenwirken.

Viele Deutsche fahren zum Urlaub in Österreich mit dem Auto, angesichts der hohen Spritpreise dürften sich viele nach Alternativen umsehen. Lassen sich die Urlaubsregionen auch gut mit Bus und Bahn erreichen?

Köstinger: Das Thema haben wir schon seit Jahren ganz oben auf der Agenda. Die Knotenpunkte sind bereits sehr gut aus Deutschland erreichbar. Jetzt schaffen die einzelnen Ferienregionen eigene Angebote, um die Gäste komfortabel an ihr Ziel zu bringen. Vor Ort organisieren das die Tourismusverbände in Zusammenarbeit mit den Hotels und Freizeiteinrichtungen.

Welche Rolle spielt grüner Tourismus in Österreich?

Köstinger: Der Tourismus in Österreich ist sehr betroffen von den Auswirkungen des Klimawandels. Gleichzeitig haben wir in Österreich ein sehr großes Umweltbewusstsein. Nirgendwo gibt es mehr Bio-Landwirtschaft, man erkennt es auch an den wunderschön gepflegten Landschaften. Die Seen haben Trinkwasserqualität. Viele Hotels lassen sich mit dem österreichischen Umweltzeichen zertifizieren. Und die Kulinarik ist sehr stark regional geprägt. Das alles ergibt ein sehr positives Gesamtpaket.