Berlin. Die Preisträgerinnen der GOLDENEN BILD der FRAU engagieren sich für Gerechtigkeit und ein soziales Miteinander.

Nur noch 19 Prozent der Deutschen blicken optimistisch in die Zukunft – ein Tiefwert, wie das Institut für Demoskopie Allensbach ermittelte. Nach der langen Pandemie sorgen nun Inflation und Ukraine-Krieg für neue Verunsicherung.

Diese Probleme kann eine Einzelperson nicht lösen. Aber es gibt sie, jene Menschen, die die Zukunft gestalten wollen, die Ideen haben, die anpacken. Stellvertretend für viele werden jetzt wieder fünf Frauen mit der GOLDENEN BILD der FRAU ausgezeichnet. Es sind Frauen, die sich für Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und ein soziales Miteinander engagieren.

Aufgeben und Weggucken ist jedenfalls keine Option. Das wurde BILD der FRAU-Chefredakteurin Sandra Immoor klar, als sie diese fünf Frauen und ihre Projekte kennenlernte: „Denn diese Preisträgerinnen zeigen mit ihrer Initiative jeden Tag, dass man etwas zum Positiven verändern kann – für das Klima, für Frauenrechte, für benachteiligte Kinder.“ Das wird gefeiert: Die nunmehr 15. Verleihung der GOLDENEN BILD der FRAU findet am 9. November im Hamburger Stage Theater Neue Flora statt. Kai Pflaume führt durch den Abend mit rund 500 Gästen aus Show, Politik und Wirtschaft.

Katharina Bachs Ziel: Bildung für alle zugänglich machen

Im Mittelpunkt aber stehen Frauen wie Katharina Bach (25). Die Dorstenerin bietet kostenlose Nachhilfe auf einer digitalen Plattform an. Bei dem Verein „Lern-Fair“ mit Sitz in Bonn, bei dem Bach inzwischen Aufsichtsrätin ist, haben sich seit März 2020 rund 23.000 Schülerinnen und Schüler registriert, 15.000 Studierende bieten ehrenamtlich virtuell ihre Hilfe an.

So werden auch Kinder, deren Eltern sich keine Nachhilfe leisten können, nicht abgehängt. „Bildungsungerechtigkeit ist ein Riesenthema! Wir wollen auch nach Corona viel erreichen“, erklärt Bach. Sie wird in diesem Jahr mit dem erstmalig 2021 verliehenen „Förderpreis des Netzwerks der GOLDENEN BILD der FRAU“ ausgezeichnet.

Katharina Bach (25) hat ein Netzwerk für digitale Nachhilfe auf die Beine gestellt.
Katharina Bach (25) hat ein Netzwerk für digitale Nachhilfe auf die Beine gestellt. © Bild der Frau/Veemotion | Bild der Frau/Veemotion

Mehr soziale Mobilität – dank Radfahren

Der Verein „Bike Bridge e. V.“ von Shahrzad Enderle (34) aus Freiburg richtet sich dagegen an lernwillige Erwachsene. Ihre Initiative bringt geflüchteten Frauen das Fahrradfahren bei, vernetzt Einheimische und Migrantinnen zu Coaching-Teams und erreicht damit noch so viel mehr: Die Frauen finden Freundinnen, Zugehörigkeit, Selbstständigkeit – und neue Freiheit! Enderle wuchs im Iran auf. Dort saß sie bereits mit fünf Jahren auf dem Rad. Heute wäre das dort verboten. 2011 kam sie nach Deutschland.

Ihre Idee zum Projekt hatte sie beim Besuch einer Flüchtlingsunterkunft: „Die Männer spielten draußen Fußball, die Frauen saßen drinnen in den Containern. Ich wollte ihnen mehr soziale Mobilität schenken – durch Radfahren.“

Shahrzad Enderle (34) bringt Flüchtlingsfrauen das Radfahren bei.
Shahrzad Enderle (34) bringt Flüchtlingsfrauen das Radfahren bei. © Bild der Frau/Bernd Hanselmann | Bild der Frau/Bernd Hanselmann

Menschenrechte und Aufstieg: Gut ausgebildete Mädchen für die Zukunft Afghanistans

Marga Flader (68) weiß aus erster Hand, wie wenige Rechte Frauen in manchen Ländern haben. Sie ist erste Vorsitzende von „Afghanistan-Schulen e. V.“ mit Sitz bei Hamburg. In den 38 Jahren seit Bestehen des Vereins hat das Team schon über 65 Schulen im Land neu gebaut, noch mehr ausgebaut oder renoviert. Lehrerinnen und Lehrer ausgebildet, Frauenzen­tren errichtet. Das alles unter Umständen, die derzeit widrig sind wie nie. Doch Flader lässt sich nicht einschüchtern: „Gut ausgebildete Mädchen sind die einzige Zukunft, die Afghanistan hat.“

Marga Flader (68) treibt Bildung in Afghanistan voran – unter widrigsten Bedingungen.
Marga Flader (68) treibt Bildung in Afghanistan voran – unter widrigsten Bedingungen. © Bild der Frau | Bild der Frau

Preisträgerin Kerstin Held: Ein Zuhause für stark eingeschränkte Kinder

Um Kindern geht es auch Kerstin Held (46) aus dem niedersächsischen Ovelgönne. Sie ist Vorsitzende des „Bundesverbandes behinderter Pflegekinder e. V.“. Auch sie selbst gibt seit vielen Jahren beeinträchtigten Kindern ein Zuhause. Insgesamt zwölf Pflegekinder hat sie schon aufgenommen, aktuell ist sie in ihrem „Heldenhaus“ liebevolle Mama für vier Mädchen und Jungen, die mit schweren Einschränkungen leben. Ihre Familie organisiert sie wie ein kleines Unternehmen, denn ihre Kinder brauchen eine 24-Stunden-Betreuung.

Kerstin Held (46) betreut in ihrem Haus vier Pflegekinder mit besonderen Anforderungen.
Kerstin Held (46) betreut in ihrem Haus vier Pflegekinder mit besonderen Anforderungen. © BILD der FRAU/Stephan Wallocha | Bild der Frau/Stephan Wallocha

Mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung unterstützt sie aber auch andere Familien, die ein Kind mit besonderen Bedürfnissen aufgenommen haben. Die Ergotherapeutin appelliert: „Alle Kinder gehören in die Mitte unserer Gesellschaft. Alle Kinder haben das Recht auf eine Familie.“

Günes Seyfarth: Kochen als Klimaschutz-Projekt

Um Nachhaltigkeit geht es Günes Seyfarth (42) aus München. Ein strapaziertes und vages Wort, das bei ihr sehr konkret wird. Privat kocht die Dreifach-Mama längst mit Lebensmitteln, die sonst im Müll gelandet wären.

Günes Seyfarth (42) rettet Lebensmittel vor dem Müll und kocht mit ihnen.
Günes Seyfarth (42) rettet Lebensmittel vor dem Müll und kocht mit ihnen. © Bild der Frau/Marion Vogel | Bild der Frau/Marion Vogel

Im Dezember 2020 startete sie dann ein einmaliges Klimaschutz-Projekt: ihre „Community Kitchen“. Sie erklärt: „Ich habe ein Gastronomie-Konzept entwickelt, mit dem ich aus geretteten Lebensmitteln Mahlzeiten koche und verteile.“ Denn die überschüssige Produktion belastet das Klima. Hunderte kommen zu ihrem Mittagstisch; Rentnerinnen, Angestellte, Jugendliche. „Eine bunte Mischung“, sagt sie. Allein das zeigt: Nachhaltigkeit und Genuss passen bestens zusammen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.