Berlin. Forscher arbeiten an einem Aufzug in den Weltraum. Das futuristische Projekt könnte für normale Bürger das Ticket ins All bedeuten.

Bereits seit den 1960er-Jahren erkunden Menschen regelmäßig in bemannten Missionen die Weiten des Alls. Mit Raketen und Spaceshuttles fliegen Astronauten, Kosmonauten und Taikonauten unter gigantischem materiellem und finanziellem Aufwand in den Weltraum. Doch eine lange gehegte Utopie könnte die Reise in andere Sphären für viele Menschen nicht nur zugänglich, sondern auch noch erschwinglich machen: der Weltraumaufzug.

Fahrstuhl ins All statt Raketen: Dieser revolutionäres Material weckt Hoffnungen

Bereits 1895 erdachte der russische Ingenieur und Weltraum-Enthusiast Konstantin Ziolkowski die Idee des Aufzugs ins Firmament. Der deutsche Science-Fiction-Autor Frank Schätzing machte das Konzept des Space Elevators hierzulande einem Massenpublikum zugänglich. Mittlerweile wähnt sich die Wissenschaftsgemeinschaft dem Traum näher denn je. Grund für den Optimismus ist ein Material, das nicht dicker ist als ein einziges Atom, dafür 200-mal größere Zugbelastungen als Stahl aushalten kann: Graphen.

Peter Swan von der International Astronautic Federation (IAF) träumt den Traum vom "Space Elevator" schon lange. "Es gibt nichts am Weltraumfahrstuhl, was nicht schon heute gemacht werden kann, außer dem Material für das Halteseil", erklärt Swan. "Und daran arbeiten wir hart." Mittlerweile gebe es ein Herstellungsverfahren, das stündlich die Produktion von monokristallinem Graphen in kilometerlangen Bändern ermögliche. So könnte das ultrafeine Material auf einer Spule mithilfe einer Rakete in den Orbit geschossen und von dort herabgelassen werden.

Weltraumschrott als Gefahr in 35.768 Kilometern Höhe

In einer Höhe von 35.768 Kilometer soll dann ein Satellit auf Höhe des Äquators als Weltraumbahnhof dienen. In dieser Höhe befindet sich die Sphäre, in der sich Gravitation und Fliehkraft gegenseitig ausbalancieren. Der Fixpunkt könnte konstant ohne Energieaufwand an derselben Stelle über dem offenen Meer verharren. Eine solarbetriebene Kapsel soll dann in hoher Geschwindigkeit Mensch und Material in den Orbit transportieren. So könnten nicht nur professionelle Astronauten in den Genuß eines Weltraumspaziergangs kommen, sondern womöglich auch Normalbürger in großer Zahl als Weltraumtouristen.

Sollte die Hürde der Graphenproduktion überwunden sein, bleibt ein großes theoretisches Problem: Weltraummüll. Rund 500.000 größere und kleinere Schrottpartikel hat das US-Verteidigungsministerium aktuell auf dem Radar. Derzeit führt die NASA Experimente durch, wie Müll aus der Erdumlaufbahn gefischt werden kann. Peter Swan ist sich sicher: "Mit dem notwendigen Wissen und guten Betriebsabläufen muss Weltraumschrott kein unüberwindbares Hindernis sein."
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Weltall: Milliardenprojekt soll für geringe Transportkosten sorgen

Die US-Raumfahrtbehörde NASA experimentiert laut einem Bericht der "NBC" in Zusammenarbeit mit Forschern der japanischen Universität in Suzuki mit einem zehn Meter langen Modell auf der Internationalen Raumstation ISS. Laut aktuellen Schätzungen soll der Bau des "Space Elevator" rund zehn Milliarden US-Dollar verschlingen.

Die Ausgaben würden sich angesichts rapide sinkender Transportkosten bald amortisieren. Aktuell kalkuliert die NASA mit knapp 8.000 Euro Kosten für jedes Kilogramm ins All transportierter Masse. Mithilfe des Aufzugs ließen sich die Kosten auf geschätzte etwa 55 Euro drücken. Angekündigt hat das japanische Bauunternehmen Obayashi die Konstruktion eines solchen Aufzugs bis 2050, die chinesische Raumfahrtbehörde will noch fünf Jahre schneller sein.
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Wundermaterial Graphen könnte viele Technologien revolutionieren

Von zwei russisch stämmigen Physikern entwickelt und 2010 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet, war es lange unmöglich, das ultraleichte Graphen in Massen zu produzieren. Die zweidimensionale Struktur steht mittlerweile in verschiedenen Herstellungsverfahren vor dem Durchbruch zur Produktion in größeren Dimensionen. Bisher gelang die Produktion nur in geringen Mengen und diente der Stabilisierung von Beton oder Autos.

Monokristallines Graphen besteht aus reinem Kohlenstoff, der wabenförmig angeordnet zu unfassbarer Zugkraft in der Lage ist. Obwohl es sich bei dem Stoff um einen der dichtesten der Welt dreht, kann er flexibel gerollt und gedreht werden. Dank seiner Belastbarkeit könnte Graphen auch in anderen Technologien, wie Smartphones, Sportbekleidung, Akkus und Kamerasensoren Quantensprünge ermöglichen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.