Venedig. Venedig hat die Nase voll vom Andrang: Weil zu Silvester besonders viele Touristen kommen, ergreift die Polizei spezielle Maßnahmen.

Zuletzt stapften sie in Gummistiefeln über den Markusplatz. Nicht mal Hochwasser hält Touristen vom ersehnten Venedig-Besuch ab, dabei sehnen sich die Einwohner nach etwas Ruhe. Stattdessen fürchten die Venezianer den nächsten Einzug: Heerscharen an Kurzurlaubern wollen Silvester in der norditalienischen Lagunenstadt verbringen. In Venedig werden ungute Erinnerungen wach.

70.000 Menschen waren vergangenes Jahr zu Silvester zum Markusplatz geströmt, mehr als die Hälfte von ihnen waren ausländische Touristen – trotz Corona-Pandemie. Am Samstag rechnen sie daher mit einer wesentlich höheren Zahl. Droht der historischen Altstadt rund um Rialtobrücke und Canal Grande die totale Verstopfung?

Im Rathaus ist man besorgt: „Wir wollen um jeden Preis das Ansehen Venedigs als sichere Stadt schützen“, bekräftigt der Tourismusbeauftragte Simone Venturini. Also ergreift Venedig Gegenmaßnahmen.

Venedig: Feuerwerk am Markusplatz

Um Touristenstaus in den Calli, den engen Gassen, die zum Markusplatz führen, zu vermeiden, hat die Stadtpolizei Sonderverordnungen erlassen und kann am 31. Dezember den Fußgängerverkehr umleiten, Einbahnstraßen einrichten und sogar Bereiche des Stadtzen­trums absperren, sollte der Andrang zu groß werden. Vor allem das geplante Großfeuerwerk am Markusplatz lockt unzählige Menschen an.

Weil Venedig die Touristenmassen kaum noch bändigen kann, haben die rund 50.000 Bewohner im Stadtkern die Nase voll. Also ersannen die Verantwortlichen ein Eintrittsgeld: Im Sommer dieses Jahres stellte die Kommune Medienvertretern aus Italien und der Welt ihren Plan vom Contributo di Accesso (Zutrittsabgabe) vor.

Venedig-Besucher vor wenigen Tagen auf dem überschwemmten Markusplatz. Jedes Jahr strömen Millionen von Touristen nach Venedig.
Venedig-Besucher vor wenigen Tagen auf dem überschwemmten Markusplatz. Jedes Jahr strömen Millionen von Touristen nach Venedig. © AFP | Getty Images

Ab dem 16. Januar 2023 sollten Tagestouristen ihren Besuch in Venedig online buchen und dafür je nach Auslastung in der Stadt drei bis zehn Euro pro Person abdrücken. Doch daraus wird erst mal nichts. Es fehle die abschließende Zustimmung des Kommunalrats, erklärt Venturini. Das Inkrafttreten ist damit vertagt. Lesen Sie hier: Venedig: Vögel greifen an – Jetzt wehren sich die Urlauber

Die Stadt erklärt die ausgebliebene Entscheidung im Rat mit einer Befragung der Bürger, die noch bis zum 7. Januar ihre Vorschläge zum Eintritt einbringen können. Das Venedig-Ticket wird nun frühestens im Sommer 2023 eingeführt werden.

Venedig bleibt teuer

Venedig bleibt also vorerst gratis. Wobei sich Besucher bereits auf weitere Gebühren einstellen sollten. So wird derzeit über die Einführung einer Steuer für Passagiere diskutiert, die auf dem Flughafen „Marco Polo“ landen. 2,50 Euro pro Fluggast soll die Steuer betragen, damit will die Gemeinde die stark gestiegenen Energiekosten decken. Dazu kommt eine Touristensteuer von 3 Euro pro Nacht für Übernachtungsgäste.

Ein Venedig-Besuch wird also immer teurer. Den Tourismusanbietern reicht es. „Wir begreifen die Schwierigkeiten der Gemeinde wegen der steigenden Energiekosten, doch der Flughafen Venedig wäre bisher der einzige, der eine solche Steuer einführt“, schimpft Marco Michielli, Präsident des Touristikerverbands Confturismo Veneto.

Die Rialtobrücke macht Venedig zum Sehnsuchtsort.
Die Rialtobrücke macht Venedig zum Sehnsuchtsort. © picture alliance | Eibner-Pressefoto

„Diese Abgabe würde auch die vielen Einheimischen belasten, die den Airport nutzen“, klagt er. Michielli befürchtet, dass Venedig angesichts der hohen Aufenthaltspreise und der zunehmenden Inflation zu einem Elite-Pflaster wird.

Venedig-Urlauber müssen sich an strikte Regeln halten

Die Gemeinde will außerdem weniger Ferienwohnungen zulassen. Matteo Secchi, der eine Pro-Venedig-Webseite betreibt, empfindet weniger die Übernachtungsgäste, sondern vor allem die Tagestouristen als Problem, die die Straßen verstopften und kaum Geld in der Stadt ließen. Er fürchtet, dass die Stadt zu einem „Freizeitpark“ werde, sollte der Eintritt geregelt werden.

Wegen der vielen Touris gelten in Venedig ohnehin viele Verbote: Man darf zum Beispiel nicht in Badekleidung oder oberkörperfrei herumlaufen oder sich auf den Boden setzen, um zu essen oder zu trinken. Geldstrafen bis zu 500 Euro sind für manche Vergehen möglich. Mit einem Ticket-Zwang, fürchtet Secchi, würden sich die Touristen nicht besser benehmen – denn sie hätten dann ja bezahlt.