Rom. Italien galt als vorbildlich beim Wärmepumpenausbau. Doch nach einer Änderung der Regierung droht der Markt jetzt zusammenzubrechen.

  • Italien zählte bei der Wärmewende zu den Ländern in Europa, die vor allem im Vergleich zu Deutschland besonders schnell vorangehen
  • Die Nachfrage nach Wärmepumpen stieg drastisch an, weil die Regierung die Anschaffung der Geräte subventionierte
  • Doch der Schuss ging teilweise nach hinten los: Nun änderte die Regierung in Rom ihre Vorgehensweise - mit dramatischen Konsequenzen

Deutschland kämpft um eine schnelle Wärmewende: Ab 2024 soll nach Plänen der Bundesregierung jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen. Reine Öl- oder Gasheizungen wären nach den bisherigen Plänen des umstrittenen Heizungsgesetzes dann nicht mehr möglich, stattdessen soll ein Wärmepumpen-Hochlauf erfolgen.

In Italien wurden im vergangenen Jahr 502.000 dieser Geräte, darunter solche für den Luft-Luft- wie für den Luft-Wasser-Austausch, verkauft. Das waren fast 135.000 Anlagen mehr als im Vorjahr und mehr als irgendwo sonst in Europa, berichtet die europäische Wärmepumpenvereinigung.

Wärmepumpe: Italien sorgte mit Förderung für einen Boom

Dieser Boom ist einer äußerst großzügigen staatlichen Förderung zu verdanken. „Superbonus 110 Prozent“ heißt der Steueranreiz zur energetischen Sanierung, der die Nachfrage nach Wärmepumpen in die Höhe getrieben hat. Der Erfolg des „Superbonus“ ist so groß und den Staatskassen inzwischen so teuer geworden, dass die Rechtsregierung um Premierminister Giorgia Meloni den Steueranreiz stark herunterfahren musste und ihn voraussichtlich ganz streichen wird. Doch zwischen 2020 und 2022 konnten sich die Haus- und Wohnungseigentümer noch Wärmepumpen einbauen lassen, praktisch gratis.

Mit dem „Superbonus“ wurde eine steuerliche Abschreibung in der Höhe von 110 Prozent der Ausgaben für bestimmte Energieeffizienz- und Erdbebenertüchtigungsmaßnahmen an Gebäuden ermöglicht. Er war 2020 von der Mitte-links-Regierung von Giuseppe Conte eingeführt worden, um die Wirtschaft während der Pandemie aus der Erstarrung zu befreien und gleichzeitig den Rückstand bei der Energieeffizienz aufzuholen. Der Staat legte damit de facto ein Programm auf, bei dem Haussanierer 110 Prozent der Steuern abschreiben konnten - also bei Finanzierung ohne eine Bank zehn Prozent mehr, als sie für die Sanierung ausgegeben hatten.

Wärmepumpe: Gesamte italienische Wirtschaft profitierte

Bis zum 28. Februar 2023 wurden insgesamt 384.958 Gebäudesanierungen gefördert, die sich auf etwa 68,5 Milliarden Euro an förderfähigen Investitionen belaufen. Insgesamt wurden mit dem „Superbonus“ 3 Prozent des italienischen Bestandes an Wohngebäuden energetisch saniert.

Der Erfolg des „Superbonus“ hat alle Erwartungen übertroffen. Die Eigentümer von Häusern und Wohnungen haben durch den Einbau von neuen Heizanlagen und Isolierungen einen erheblichen Vermögensgewinn vollständig vom Staat finanziert bekommen.

Ein Bericht des Wirtschaftsinstituts Nomisma vom Februar 2023 hingegen besagt, dass die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des „Superbonus“ auf die nationale Wirtschaft sogar noch größer waren und einem Volumen von 195,2 Milliarden Euro entsprechen. Der direkte Effekt wird mit 87,7 Milliarden Euro und der indirekte Effekt mit 39,6 Milliarden Euro bemessen, also insgesamt 127,3 Milliarden Euro an zusätzlich aktivierter Produktion, zu denen weitere 67,8 Milliarden Euro an dadurch ausgelösten Wirtschaftsaktivitäten hinzukommen.

Wärmepumpen: Italienische Regierung geht von Milliardenbetrug aus

Doch der Erfolg des „Superbonus“ birgt auch viele Schattenseiten. Unbestritten ist zwar der Wachstumsschub, doch die Kosten, die Preisexplosion bei den Handwerksarbeiten, die entstandenen Schummeleien und die Verteilungseffekte werden von vielen Ökonomen kritisiert. Die Hilfen flossen einkommensunabhängig. Es gab lange Zeit keine Kontrollen, ob die Arbeiten tatsächlich durchgeführt wurden, und Betrüger hatten leichtes Spiel. Laut der Regierung um Giorgia Meloni soll es Betrug in Höhe von neun Milliarden Euro gegeben haben. Die Kosten für den Haushalt summieren sich inzwischen auf 60 Mrd. Euro.

Die Premierministerin hat den Superbonus nun stark eingeschränkt: Der Steuerabzug von 110 Prozent gilt nur noch bis September - und ausschließlich für Häuser, bei denen die Sanierung schon im vergangenen September zu 30 Prozent abgeschlossen war. Laut Meloni kostet die großzügige Unterstützung einiger weniger jeden Italiener rund 2.000 Euro. Die Sorge ist jetzt, dass der Markt zusammenbricht. Die Bauwirtschaft stehe „unter staatlichen Drogen“ und hat es sich unter diesen Bedingungen bequem gemacht, meinen Wirtschaftsexperten. Der Bauverband Ance malt das Schreckgespenst einer Pleite von 25.000 Unternehmen und des Verlustes von 130.000 Arbeitsplätzen an die Wand. Das Ende der Megasubvention könnte für viele Unternehmen schmerzhaft werden.