Berlin. Deutlich mehr Güter auf die Schiene: Das sind die Pläne des Bundes für die Deutsche Bahn. Doch es hakt gleich an mehreren Stellen.

Der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, hat sich verärgert über den aus seiner Sicht schleppenden Ausbau der Schieneninfrastruktur geäußert. „In Europa wächst die Schieneninfrastruktur, aber wir in Deutschland stehen massiv auf der Bremse“, sagte Russwurm dieser Redaktion.

Lesen Sie auch: Haushalt der Bundesregierung: „Am Ende zahlt der Verbraucher die Rechnung“

Gleichzeitig zog Russwurm das Erreichen des Ziels der Bundesregierung, bis 2030 gut ein Viertel des Transportvolumens in Deutschland über die Schiene abzuwickeln, massiv in Zweifel. „Das halte ich für illusorisch. Dafür müsste ein Drittel mehr Güter auf die Schiene. Und zwar ein Drittel eines Transportvolumens, das weiter wachsen wird“, erklärte er. Absolut zwingend sei daher, dass die Generalsanierung nun effektiv und effizient angegangen werde. „Ansonsten wird es auch bis 2040 mit solchen Zielen nichts“, so Russwurm. Derzeit liegt der Anteil des Güterverkehrs am gesamten Transport in Deutschland bei 19 Prozent.

Deutsche Bahn: Bund will massiv investieren, aber BDI bemängelt zu lange Planungs- und Bauzeiten

Bereits 2017 war der Masterplan Schienengüterverkehr auf den Weg gebracht worden. Die aktuelle Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hatte das Ziel, den Anteil der Schiene am Transport in Deutschland bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern, im Koalitionsvertrag 2021 bekräftigt. Man setze das „konsequent um“, hieß es dazu aus dem Bundesverkehrsministerium. Dafür sind allerdings massive Investitionen nötig. Auf gut 80 Milliarden Euro könnten sich die Kosten laut Bahn-Chef Richard Lutz belaufen. Ein Teil der Mittel sollte auch aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF), der Anfang Dezember vom Bundesverfassungsgericht für „nichtig“ erklärt wurde. Der Bund plant als Reaktion auf das Urteil nun auch, das Eigenkapital der Bahn zu erhöhen.

Derzeit gebe es laut BDI-Präsident Russwurm im deutschen Schienennetz „definitiv zu wenig Kapazität“. Die Infrastruktur sei überlastet und sanierungsbedürftig, Genehmigungen und der Bau bräuchten zu lange. „Wenn wir über zusätzliche Strecken oder Gleise an bestehenden Strecken sprechen, dauert es von der ersten Idee bis zum ersten Zug Jahrzehnte“, bemängelte der Funktionär.

Bahn: Pünktlichkeit auf der Schiene nimmt auch im Güterverkehr ab

Russwurm kritisierte darüber hinaus auch die sinkende Pünktlichkeit im deutschen Güterverkehr. Firmen würden zwar mit einem gewissen Vorlauf und Puffern bei dem Bezug von Teilen oder Vorprodukten planen. „Aber natürlich kann es nicht der Anspruch einer führenden Wirtschaftsnation wie Deutschland sein, dass Unpünktlichkeit quasi zur Regel wird“, sagte der BDI-Präsident.

Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums hat sich die Gesamtpünktlichkeit im Schienengüterverkehr in den vergangenen sechs Jahren leicht verringert. 2017 seien dem Ministerium zufolge noch 63 Prozent aller Güterzüge pünktlich gewesen, 2021 sei die Pünktlichkeitsquote dann auf 60 Prozent gesunken. „Bedingt durch zunehmende Bautätigkeiten an der Infrastruktur ist für 2022 ein weiterer Rückgang an pünktlichen Fahrten zu erwarten, was sich laut Bundesnetzagentur an den monatlichen Werten für das erste Halbjahr 2022 ablesen lässt“, erklärte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP).

Auch im Personenverkehr der Deutschen Bahn mussten Fahrgäste mit mehr Verspätungen leben. Die angestrebte Pünktlichkeit von rund 70 Prozent im Fernverkehr wird in diesem Jahr nicht erreicht, hieß es erst im November von dem Staatskonzern. In den ersten zehn Monaten dieses Jahres hatten lediglich 66 Prozent der Fernverkehrszüge ihren Zielort pünktlich erreicht.