Berlin. Trotz besserer Organisation kommt die Bahn kaum pünktlicher. Verzögerung droht auch bei günstigeren Tickets, dabei wird viel investiert.

Wenn Bahnvorstand Ronald Pofalla über die Sanierung des maroden Schienennetzes spricht, klingt es ein wenig nach Krieg. „Das ist ein Häuserkampf“, sagt er zum Beispiel, weil sich seine Leute auf dem Weg zu pünktlicheren Zügen über etliche kleine Widrigkeiten hinwegsetzen müssen. „Mobile Truppen“ rücken aus, um plötzlich eintretende Hindernisse zu beseitigen. Auch die neu geschaffenen „Plankorridore“ klingen nach militärischer Logistik.

Dabei handelt es sich um besonders stark belastete Strecken wie zwischen Dortmund und Köln. Sie werden besonders intensiv betreut, weil sich Verspätungen hier stark auf das gesamte Netz ausweiten. Ein kleiner Erfolg dieses Managements ist in diesem Jahr sichtbar. Es sei gelungen, dort 6000 Verspätungen zu verhindern, berichtet Pofalla.

Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, wie der Manager weiß. Im Jahresdurchschnitt ist weiterhin fast jeder vierte Zug im Fernverkehr verspätet. Bei etwa 76 Prozent wird der Pünktlichkeitswert am Jahresende wohl liegen. Das selbst gesteckte Ziel der Bahn lag 0,5 Prozentpunkte höher.

Bahn-Tickets sollen günstiger werden – wohl aber mit Verspätung

Es ist nicht so, dass die Bahn sich nicht bemüht, besser zu werden. Es dauert halt nur sehr lange, bis die Kunden davon etwas mitbekommen. So wurde von der Bundesregierung im September die Senkung der Mehrwertsteuer auf Tickets für Fernfahrten beschlossen. Das bedeutet für die Reisenden, dass der Preis für ihre Fahrten um zehn Prozent billiger wird. Ab dem ersten Januar sollte dies der Fall sein.

Doch selbst hier droht Verspätung: Die Länder im Bundesrat pokern um die Kostenverteilung des Klimapakets. Wenn sie sich mit der Bundesregierung nicht bis zum 20. Dezember einigen, kann die Steuersenkung nicht im Januar kommen. Immerhin: Die Senkung selbst ist nicht umstritten.

Hintergrund: So sparen Sie richtig bei den Tickets

In kleinen Schritten will die Bahn im kommenden Jahr weiter an ihrer Zuverlässigkeit arbeiten. Rund um Hamburg, wo etliche Verspätungen ihren Anfang nehmen, wird ein neuer Plankorridor eingerichtet. Gleiches geschieht zwischen Würzburg und Nürnberg. Auf der Strecke zwischen Fulda und Mannheim gibt es bereits so ein spezielles Management, das pro Korridor rund 20 Millionen Euro kostet.

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Elf Milliarden Euro wurden in diesem Jahr investiert

Am fehlenden Geld wird die Sanierung des Schienennetzes nicht scheitern. Allein in diesem Jahr konnte Pofalla elf Milliarden Euro für die Modernisierung von Brücken, Schienen und Weichen ausgeben. Allein 2,5 Millionen Schwellen und 3,5 Millionen Tonnen Schotter wurden ausgetauscht.

Ein Ergebnis der Bauwut: Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember wird die grunderneuerte Strecke zwischen Hannover und Göttingen wieder für den Verkehr freigegeben. Das bedeutet für die Reisenden eine Stunde Fahrzeit weniger auf Umleitungen. Auch hier gilt, dass die nächste Einschränkung schon absehbar ist. Denn das war nur der erste Bauabschnitt. Schließlich soll am Ende die Gesamtstrecke von mehr als 550 Kilometern bis nach Würzburg modernisiert werden.

Allein für die Instandhaltung des Schienennetzes macht der Bund in den kommenden zehn Jahren 84 Milliarden Euro locker. Diese Vereinbarung haben Regierung und Bahn am Mittwoch unterzeichnet. Dazu kommen noch viele Milliarden aus anderen Töpfen. Laut Pofalla stehen bis 2030 wahrscheinlich 170 Milliarden Euro für den Aufbau eines modernen Schienensystems zur Verfügung.

Der Manager ist auch sicher, dass er das Geld ausgeben kann. In früheren Jahren blieb am Jahresende oft noch etwas übrig, zum Beispiel, weil es an Bauingenieuren mangelte. Allein für die Bauplanung oder die Ausschreibung von Aufträgen wurden 4500 neue Stellen eingerichtet. Auch handelt die Bahn mit den Baufirmen langfristige Verträge aus.

Neue ICE-Züge lassen Gewinn schrumpfen

Während der Bund für das Netz zuständig ist, muss die Bahn den Ausbau ihres Fuhrparks selbst finanzieren. Laut Bahnchef Richard Lutz investiert der Konzern bis 2030 rund 50 Milliarden Euro aus der eigenen Tasche, unter anderem für die Anschaffung von weit über 100 ICE-Zügen.

Das schlägt sich auch in sinkenden Gewinnen nieder. Im laufenden Jahr erwartet Lutz noch ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 1,8 bis 1,9 Milliarden Euro. Die neue Planung bis ins Jahr 2030, die er den Aufsichtsräten auf seiner am kommenden Mittwoch anstehenden Sitzung präsentieren wird, geht für 2020 von nur noch 1,3 Milliarden Euro Ebit aus.

Für das vergleichsweise schwache Ergebnis ist auch der kriselnde Güterverkehr verantwortlich. In diesem Jahr rechnet die Bahn im Cargogeschäft mit einem Verlust von 290 Millionen Euro, 100 Millionen Euro mehr als 2018. Ein Teil der Verluste geht auf die Probleme der für die Bahn wichtigen Automobil- und Stahlindustrie zurück.

Mehr zum Thema Bahn: Günstiger fahren? Das ist keine Raketenwissenschaft. Hier haben wir Tipps gesammelt, wie man bei der Deutschen Bahn bei den Tickets sparen kann. Für Reisende, die oft mit dem Nachwuchs unterwegs sind: Deutsche Bahn – Sieben Tipps für das Zugreisen mit Kind. Auch interessant für Reisende: Bahn: Diese Rechte haben Sie bei Verspätung & Co. Außerdem steigt derzeit die Zugauslastung: So kämpft die Deutsche Bahn gegen Überfüllung