Berlin. Zwei Millionen Jobs können laut DIHK nicht besetzt werden. Selbst Bewerber ohne Ausbildung haben wieder Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Keine Ingenieure, keine Pflegekräfte, keine Lkw-Fahrer: Der Mangel an Fachkräften frisst sich immer tiefer in die deutsche Wirtschaft und wird für nahezu alle Branchen zunehmend zur Wachstumsbremse. Das geht aus dem aktuellen Fachkräftereport des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) hervor, der am Donnerstagmorgen veröffentlicht wurde.

Zwar hat die Konjunktur hierzulande deutlich an Schwung verloren. Dennoch suchen etliche Unternehmen weiter händeringend, aber häufig erfolglos nach Personal. „Wir gehen davon aus, dass in Deutschland rund zwei Millionen Arbeitsplätze vakant bleiben. Das entspricht einem entgangenen Wertschöpfungspotenzial von 100 Milliarden Euro“, sagte der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks.

Fachkräftemangel: Jedes zweite Unternehmen kann offene Stellen nicht besetzen

Die Kammern hatten Ende 2022 bundesweit rund 22.000 Unternehmen aller Größenklassen nach ihrer aktuellen Einschätzung gefragt. Ergebnis: Mehr als jedes zweite Unternehmen (53 Prozent) kann gegenwärtig offene Stellen nicht besetzen, weil es keine passenden Arbeitskräfte gibt. Damit hat sich der Fachkräftemangel gegenüber dem Vorjahr sogar noch verschärft: Vor Jahresfrist hatten 51 Prozent der Unternehmen angegeben, dass sie für freie Jobs kein geeignetes Personal finden würden.

Besonders drückend ist die Personalnot bei den Gesundheits- und Sozialdienstleistern: Dort haben 71 Prozent der Firmen Probleme, Stellen zu besetzen. Bei Verkehrs- und Lagerunternehmen sind es 65 Prozent, im Maschinenbau 67 Prozent und im Fahrzeugbau 65 Prozent. Im Handel, der angesichts der schwachen Konsumlaune und einer starken Konkurrenz durch Online-Anbieter vielerorts um seine Existenz kämpft, finden immer noch 44 Prozent der Unternehmen kein geeignetes Personal. Auch interessant: Wie Rentner den Fachkräftemangel verschärfen

Auch ohne Ausbildung lassen sich durch den Fachkräftemangel Jobs finden

„Das Fehlen von Fachkräften belastet nicht nur die Betriebe, sondern gefährdet auch den Erfolg bei wichtigen Zukunftsaufgaben: Energiewende, Digitalisierung und Infrastrukturausbau – für diese Aufgaben brauchen wir vor allem Menschen mit praktischer Expertise“, sagte DIHK-Vertreter Dercks.

Gesucht werden in Industrie, Bau, Handel und Dienstleistungen insbesondere Fachkräfte mit abgeschlossener Lehre, Hochschul- oder Weiterbildungsabschluss. Der Personalmangel ist inzwischen aber so groß, dass selbst Bewerber ohne abgeschlossene Berufsausbildung wieder gute Chancen haben, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen – etwa in der Verkehrsbranche, der Sicherheitswirtschaft oder bei Reinigungsdienstleistern.

Um den Fachkräftemangel zu lindern, fordern die befragten Unternehmen weniger Bürokratie, damit sich das vorhandene Personal mehr um seine eigentlichen Aufgaben kümmern kann. Verlangt werden auch eine Stärkung der beruflichen Bildung und Erleichterungen beim Rekrutieren von ausländischen Arbeitskräften.