Berlin. Wer mit Öl heizt, kommt vielleicht günstiger durch den anstehenden Winter als Gaskunden. Teuer wird es trotzdem. Das sagen Experten.

Normalerweise ist der Sommer die beste Zeit zum Nachfüllen der Heizöltanks. In der Ferienzeit ist der Preis für Heizöl vergleichsweise niedrig und steigt danach bis tief in den Winter hinein an. Doch normal ist in diesem Jahr wohl nichts. Mitte dieser Woche wies das Vergleichsportal Check 24 für eine Lieferung von 100 Liter Heizöl in Berlin einen Preis von gut 177 Euro aus.

In Bayern und Baden-Württemberg riefen die Händler sogar noch leicht höhere Preise auf. Viel ist von der Preisexplosion beim Gas die Rede. Aber auch Heizölkunden leiden massiv unter steigenden Ausgaben für eine warme Wohnung im Winter.

Ölheizungen sind immer noch weit verbreitet. Jede vierte Wohnung, 10.4 Millionen insgesamt, wird damit an kalten Tagen erwärmt. Regional ist die Verteilung der Wärmeenergie recht ungleich. „Jedes Bundesland heizt anders“, stellt das Bundeswirtschaftsministerium fest. In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen werden einer Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) noch 35 Prozent der Wohnungen mit Öl beheizt. In Niedersachsen ist dagegen Gas vorherrschend, in Ostdeutschland Fernwärme.

Heizen mit Öl: Große Preisschwankungen seit Anfang 2019

Große Preisschwankungen sind durchaus üblich, wie ein Blick auf die vergangenen drei Jahre zeigt. Für einen Liter Heizöl bezahlten die Kunden Anfang 2019 im Durchschnitt 90,57 Cent. In den folgenden zwölf Monaten sank der Preis auf den Tiefstand von knapp 38 Cent, um dann wieder rasant in die Höhe zu schnellen.

Kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine erreicht der Preis mit zwei Euro pro Liter den Spitzenwert. Zwischenzeitlich ging er parallel zum Ölpreis wieder runter und nun wieder bergauf.

Für einen Durchschnittshaushalt ergibt sich aktuell eine deutliche Mehrbelastung, wie das Vergleichsportal Check24 vorrechnet. Danach muss eine Familie mit einem Verbrauch von 2000 Litern Heizöl im Jahr dafür 2970 Euro bezahlen. Vor einem Jahr hätte sie für die gleiche Menge nur 1392 Euro bezahlen müssen. Das bedeutet einen Preisanstieg um satte 113 Prozent. Vor zwei Jahren wäre sie mit 847 Euro davongekommen.

Fachleute raten auf jeden Fall zu einem Preisvergleich, der sich auf vielen Internetportalen auch problemlos durchführen lässt. Es gibt viele Anbieter, oft auch nur regional tätige Lieferanten.

Gas- oder Ölheizung: Wer in diesem Winter wohl weniger zahlt

Im Vergleich zum Gaspreis ist die Mehrbelastung sogar noch moderat. Für Gas müssen die Kunden in diesem Sommer 162 Prozent mehr ausgeben als vor einem Jahr. Der Börsenpreis für Gas ist sogar zeitweilig um 1000 Prozent angestiegen. „Bleibt er auf diesem Niveau, kommen auf Verbraucherinnen und Verbraucher mit Gasheizungen weitere massive Preissteigerungen zu“, stellt ein Check24-Sprecher fest und beruhigt Ölheizungsbesitzer: „Eine solche Entwicklung gibt es beim Rohölpreis und damit beim Heizölpreis vermutlich nicht.“

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Mit Kaufempfehlungen halten sich die Fachleute durchweg zurück, weil die weitere Entwicklung nicht abzusehen ist. Ein Rat lautet, den Heizöltank zumindest teilweise aufzufüllen, wenn Öl benötigt wird. Immerhin haben Besitzer von Ölheizungen einen Vorteil gegenüber den Gaskunden. Sie müssen die Gasumlage nicht bezahlen. Allerdings kommen sie auch nicht in den Genuss der für Gas geplanten Mehrwertsteuersenkung. Für Heizöl werden weiterhin 19 Prozent Aufschlag fällig.

Wie es mit dem Heizölpreis weiter geht, ist auch aufgrund der vielen international wirkenden Faktoren schwer vorherzusagen. So spielt der Preis für Rohöl eine wichtige Rolle, aber auch die Verfügbarkeit von Raffineriekapazitäten für die Produktion von Heizöl und Diesel. So stellt der Öl-Infodienst Tecson aufgrund knapper Kapazitäten auch beim Transport des Heizöls eine gewisse Knappheit im Süden Deutschlands fest.

Unternehmen setzen auf Heizöl – das sind die Folgen

Viele Kunden würden aktuell in Erwartung weiter steigender Preise bestellen. „In einigen Regionen sind derzeit gar keine Angebote zu erhalten“, erklären die Analysten. Dazu trägt womöglich auch ein verändertes Heizverhalten in der Wirtschaft bei. Wo es möglich ist, wird Heizöl statt Gas eingesetzt, weil dies momentan eine Ersparnis von 25 Prozent bringt.

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Der Rohölpreis hängt wieder neben spekulativen Einflüssen auch von der Erwartung der Entwicklung der Weltwirtschaft ab. Produzieren die Unternehmen weniger, weil die Wirtschaft schlecht läuft, sinkt die Nachfrage nach Öl und damit auch der Preis. Hier könnte es eine deutliche Entspannung geben. Allerdings drohen die Förderländer schon mit eine gedrosselten Förderung, was wiederum preissteigernd wirkt.

Schließlich spielt auch der Konflikt um ein Atomabkommen mit dem Iran eine Rolle. Wird der Streit beigelegt und der Iran darf wieder Öl exportieren, erwarten Fachleute eine deutliche Ausweitung des Angebots und damit eine Entspannung am Ölmarkt. Die Vielzahl der Einflussfaktoren zeigt aber schon, wie schwierig eine Einschätzung der künftigen Preisentwicklung momentan ist.

Wer vor dem Winter noch schnell auf eine Wärmepumpenheizung umsteigen möchte, dürfte in diesem Jahr wohl kaum noch zum Zug kommen. Die Nachfrage ist sprunghaft gestiegen, es fehlt an Handwerkern und Material. Jeder zweite Energieberater berichtet von Wartezeiten von einem Jahr und länger.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.