Berlin. In den ersten Bundesländern enden demnächst die Schulferien - und Reisende kommen aus aller Welt heim. Sie können sich nun generell auf Corona testen lassen - für einige gelten aber strengere Regeln.

Im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus über die Sommerreisezeit sollen auf breiter Front freiwillige Tests bei Urlaubsrückkehrern anlaufen.

Seit Samstag können sich alle Einreisenden innerhalb von 72 Stunden nach der Ankunft in Deutschland auch ohne Krankheitsanzeichen kostenlos testen lassen. Das legt eine Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fest. Dies soll zum Beispiel in Teststellen an Flughäfen, in Gesundheitsämtern und Arztpraxen möglich sein. Die Kosten trägt letztlich der Staat.

Spahn rief dazu auf, die neuen Testmöglichkeiten zu nutzen. "Wer von einer Reise zurückkommt, sollte sich testen lassen - freiwillig und kostenlos." Die steigenden Infektionszahlen in Deutschland seien ein deutliches Warnsignal. "Das Virus macht keine Ferien." Die Tests sollen ein weiteres Instrument sein, um zu vermeiden, dass sich viele Infizierte unbemerkt über Deutschland verteilen.

DIE TESTS: Kostenfreie Tests können innerhalb von 72 Stunden nach der Einreise gemacht werden - die Zeitspanne entspricht drei Tagen. Möglich sein sollen sie etwa an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Reiseknotenpunkten, in Gesundheitsämtern oder Arztpraxen. Teststellen soll man zudem unter der ärztlichen Servicenummer 116 117 erfragen können.

Übernommen werden auch die Kosten für einen Wiederholungstest pro Person. Dass man ein Reiserückkehrer ist, kann man zum Beispiel durch einen Boarding-Pass, ein Ticket, eine Hotelrechnung oder andere Nachweise eines Auslandsaufenthalts belegen. Je nach Auslastung der Testzentren sollte das Ergebnis nach etwa 24 bis 48 Stunden vorliegen, erläuterte das Gesundheitsministerium.

DIE KOSTEN: Bezahlt werden die Tests zunächst von den gesetzlichen Krankenversicherungen - das Gesundheitsministerium hat aber bereits signalisiert, dass der Bund die Finanzierung am Ende über einen schon beschlossenen höheren Milliardenzuschuss an die Kassen übernimmt. Pro Test setzt die Verordnung vorerst 50,50 Euro für Laborleistungen an, für Ärzte ist eine pauschale Vergütung von 15 Euro vorgesehen. An der Finanzierung der Tests auf Steuerzahlerkosten gibt es Kritik. Spahn argumentiert dagegen, dass niemand aus finanziellen Gründen darauf verzichten sollte. Unentdeckte Infektionen könnten teurer werden.

Der Deutsche Hausärzteverband warnte vor erheblichem Aufwand bei der Umsetzung, wenn nun viele Reiserückkehrer mit einer 72-Stunden-Frist für Tests in die Praxen kommen. Im günstigsten Falle kriege ein Arzt Patienten noch irgendwo unter, sagte der Vorsitzende Ulrich Weigeldt. "Dann heißt es Schutzausrüstung anziehen, Abstrich nehmen und Aufklärungsgespräch über Hygienemaßnahmen, Validität der Tests und deren Konsequenz führen." Da wirkten die 15 Euro, die Hausärzte für einen Abstrich bekommen sollen, "wie ein schlechter Scherz".

Strengere Regeln gelten schon für jene Reiserückkehrer, die in Risikogebieten mit hohen Infektionszahlen waren. Welche Länder das sind, steht auf einer Liste des Robert-Koch-Instituts (RKI), auf die am Freitag auch die drei spanischen Regionen Aragón, Katalonien und Navarra kamen. Aus der EU steht zudem Luxemburg darauf. Wer aus solchen Risikogebieten kommt, muss sich schon direkt für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben und beim Gesundheitsamt melden. Möglich ist auch, ein negatives Testergebnis vorzulegen, das höchstens 48 Stunden alt ist.

Bald soll für Rückkehrer aus Risikogebieten auch eine Testpflicht greifen - eine von Spahn angekündigte Anordnung soll im Lauf der kommenden Woche in Kraft treten. Dann soll gelten: Wer aus einem Risikogebiet kommt, muss sich entweder innerhalb von 48 Stunden vor der Einreise testen lassen oder binnen 72 Stunden nach der Einreise. Bis ein negatives Ergebnis da ist, muss man in Deutschland in häusliche Quarantäne. Nachgewiesen werden muss das Ergebnis binnen 72 Stunden beim Gesundheitsamt mit einer Testbescheinigung in deutscher oder englischer Sprache.

SPD-Chefin Saskia Esken forderte angesichts steigender Infektionszahlen eine deutliche Ausweitung der Corona-Tests in Deutschland. Nötig sei eine Strategie, die es erlaube, durch flächendeckende und zugleich gezielte Tests Infektionen frühzeitig zu identifizieren und damit weitere Ansteckungsrisiken zu verringern, sagte Esken der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag). "Da ist jetzt Verantwortung in Bund, Land und Kommune gefragt und gefordert."

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Rolf Mützenich, nannte es "richtig, jetzt verpflichtende Tests für Rückkehrer aus solchen Gebieten einzuführen". Zu Kritik, die Entscheidung Spahns komme zu spät, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag): "Es wäre wünschenswert gewesen, schon deutlich vor Beginn der Sommerferien darüber nachzudenken, wie wir mit den Urlaubsrückkehrern umgehen sollen." Mützenich kritisierte zugleich Urlauber, die Ferien in Corona-Risikogebieten verbringen. "Dass Menschen auf die Idee kommen, Gebiete mit einem hohen Infektionsrisiko als Erholungsorte zu nutzen, kann ich nicht nachvollziehen." Lediglich Trauerfälle oder Notfälle in der Familie könnten Gründe für eine solche Reise sein.

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