Berlin. Greenpeace beweist: Weizen für Tierfutter kann auch von Menschen gegessen werden. Warum jetzt ein Verbot für Biosprit notwendig ist.

Ein Unterschied ist nicht zu erkennen. Außen braun und knusprig, innen hell und weich – und lecker. Dennoch sind die Brote etwas ganz Besonderes: Sie wurden aus Mehl der geringsten Qualitätsstufe C gebacken, das sonst nur für die Herstellung von Biosprit oder als Tierfutter verwendet wird.

Mit diesem Brot aus Futterweizen wird ein Mythos entzaubert, der seit Jahrzehnten gepflegt wird: Die Behauptung, dass aus Futter- und Biosprit-Weizen kein Brot gebacken und dieses Getreide auch nicht für die Lebensmittelproduktion verwendet werden kann. Angeblich können nur die Mehlklassen E, A und B verwendet werden.

Die Brote haben Umweltschützer von Greenpeace und Misereor Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zusammen mit einer Petition von 58.000 Unterzeichner übergeben. Darin fordern sie, den Einsatz von Getreide als Tierfutter zu reduzieren und die Beimischung von Agrotreibstoffen zu Diesel und Benzin zu stoppen.

Lebensmittel: Nur 30 Prozent Weizen wird von Menschen gegessen

Allein in Deutschland werden nur 30 Prozent der gesamten Weizenernte zum Backen verwendet – und dies, obwohl rund 80 Prozent des Weizens backfähig wären. 60 Prozent des hierzulande geernteten Getreides wird an Tiere verfüttert und 10 Prozent landen als Alkohol (Ethanol) im sogenannten Biosprit für Benzin (E10) und Diesel.

„Getreide und Pflanzen sind wertvolle Lebensmittel. Es ist unsolidarisch und unverantwortlich, sie angesichts der Hungerkrise weiter als Kraftstoff in Verbrennungsmotoren zu verheizen“, sagt Matthias Lambrecht, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace.

In der Europäischen Union werden jeden Tag sogar insgesamt 10.000 Tonnen Weizen als Biosprit in Verbrennungsmotoren verheizt, sagt Greenpeace-Experte Lambrecht: „Von dieser Menge könnten Tag für Tag 15 Millionen solcher Brote gebacken werden.“

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„Dass hierzulande wertvolle Lebensmittel im Futtertrog landen, während immer mehr Menschen im globalen Süden Hunger leiden, ist nicht hinnehmbar“, sagt auch Kathrin Schroeder, Abteilungsleiterin „Politik und globale Zukunftsfragen“ bei Misereor.

Hunger: Weltweit hungern 800 Millionen Menschen

Für den Nachweis, dass sich auch Futterweizen fürs Brotbacken eignet, hat Greenpeace fünf Tonnen Futterweizen eingekauft und dieses von dem Müller Hermann Gütler von der Stelzenmühle verarbeiten und dem Bäcker Heinrich Beck auf der schwäbischen Alb backen lassen.

Der Müller sah bei der Verarbeitung des Weizens „keine besonderen Schwierigkeiten“. Und der Bäckermeister stellte fest: „Es ist ein sehr guter Teig geworden. Ich bin mit dem Mehl zufrieden und bin gut damit klargekommen.“

Weltweit hungern laut Welternährungsorganisation rund 800 Millionen Menschen. Die Nahrungsmittelknappheit hat sich als Folge des Ukraine-Kriegs noch verschärft und die Getreidepreise sind deutlich gestiegen.

In Deutschland gibt es rund 150 Weizensorten, die je nach Qualität in 4 Gruppen eingestuft werden. Jede Gruppe ist für jeweils verschiedene Backwaren besonders geeignet. Eliteweizen (E) wird für Spezialgepäck wie Berliner, Toast oder Burger-Brote verwendet, Qualitätsweizen (A) und Backweizen (B) für Brot und Brötchen. C-Weizen wird unterdessen an Tiere verfüttert, landet im Tank oder wird für Kekse und Bier genutzt.