Berlin. Kommt jetzt doch ein richtiger Lockdown? Die Ampel-Koalitionäre sträubten sich bei “Anne Will“ weiter dagegen. Doch der Druck steigt.

Corona und Regierungsbildung, diese beiden Themen bestimmen die Agenda. Anne Will versuchte am Sonntagabend, sie zusammenzubringen: "Ohne Schonfrist: Gelingt der Ampel-Start in der Corona-Krise?", lautete der Titel der Sendung.

Es diskutierte eine hochkarätig besetzte Runde. Das waren die Gäste:

  • Annalena Baerbock (Co-Parteichefin, Grüne)
  • Manuela Schwesig (Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommern, SPD)
  • Christian Lindner (FDP-Parteichef)
  • Jens Spahn (geschäftsführender Bundesgesundheitsminister, CDU)
  • Melanie Amann, Journalistin ("Der Spiegel")
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Es wurde natürlich eine Debatte um den Elefanten im Raum: Kommt ein weiterer Lockdown – und wenn ja, wie schnell?

Dabei taten sich interessante Fronten auf. Auf der einen Seite die angehenden Ampel-Koalitionäre, die nach eigenem Bekunden erst einmal keinen flächendeckenden Lockdown wollen. Auf der anderen Seite die Spiegel-Journalistin Amann, die diese Haltung – unterstützt von der Gastgeberin – hinterfragte. Und dazwischen Jens Spahn, der als scheidender Gesundheitsminister fast befreit wirkte. Lesen Sie auch: Triage: Was passiert, wenn das letzte Klinikbett belegt ist

"Anne Will": FDP-Chef aus wirtschaftlichen Gründen gegen flächendeckenden Lockdown

Wie argumentierten die bald Regierenden? FDP-Chef Lindner erklärte seine ablehnende Haltung gegen einen Lockdown mit den wirtschaftlichen Schäden, die dieser angerichtet habe. Daher müsse ein erneuter flächendeckender Lockdown "wenn es irgend geht" verhindert werden.

Unterstützung erhielt der angehende Finanzminister von der designierten Außenministerin. Baerbocks Standpunkt: Es gebe durch das neue Infektionsschutzgesetz bereits viele Maßnahmen, das Problem aber sei, dass diese noch nicht in allen Bundesländern umfassend angewendet würden. Und tatsächlich zeigte Anne Will passend dazu ein Einspieler, dass im Hochinzidenz-Bundesland Sachsen die Gaststätten noch geöffnet und besucht sind. Daran müsse nun gearbeitet werden, sagte Baerbock. Und schob eine Warnung nach: "Wenn wir feststellen, dass einige Länder das nicht tun, müssen wir handeln." Auch interessant: Omikron: Das ist über die neue Corona-Variante bekannt

Das implizierte zwar, dass durchaus mehr möglich sein könnte. Doch auch Baerbock fand, genauso wie Lindner und auch Schwesig, deutliche Worte gegen einen allgemeinen Lockdown. Man müsse auch aus vergangenen Fehlern lernen, sagte sie. Und führte als Beispiel die Schließung von Geschäften oder ein Jogging-Verbot an.

Journalistin bei "Anne Will": Politik ist immer einen Schritt zu spät dran

Melanie Amann konnte das nicht überzeugen. Zunächst kritisierte die Journalistin das bisherige Vorgehen der Politik in der Pandemie: "Man war nie auf den nächsten Schritt vorbereitet." Und wenn es dann schlimm wurde, sei stets langsam gehandelt worden. "Das entwickelt sich nun auch bei der neuen Regierung", warnte Amann.

Konkret kritisierte sie, dass die neuen Koalitionäre entscheidende Möglichkeiten vom Tisch genommen hätten, indem sie die epidemische Notlage auslaufen ließen. "Warum nimmt man den Bundesländern die Instrumente?", fragte Amann.

"Anne Will": Noch-Bundesgesundheitsminister räumt Fehler ein

Und Jens Spahn? Der viel kritisierte Gesundheitsminister wirkte überraschend souverän – vielleicht, weil er die Verantwortung bald abgeben wird. Angenehm offen räumte Spahn Fehler ein, etwa, dass man wegen des Wahlkampfs nicht schon im Sommer 2G vereinbart habe. Auch habe er es im Herbst versäumt, die Booster-Kampagne enger zu verfolgen.

Zugleich konnte sich Spahn in seiner neuen Rolle auch offener für einen Lockdown zeigen, den er selbst in der Vergangenheit ja eigentlich auch ausgeschlossen hat. Den Begriff aber nutzte Spahn nicht: Nötig sei es, dass öffentliche Leben herunterzufahren.

"Anne Will": Wir erreichen erneut einen typischen Pandemie-Moment

Diese Runde zeigte, dass wir erneut einen typischen Pandemie-Moment erreicht haben. Wieder stellt sich die Frage: Reichen die vorhandenen Maßnahmen wirklich aus, wenn sie denn konsequent angewendet werden? Die Ampel scheint das noch für möglich zu halten. In Anbetracht der Lage fällt es schwer, diesen Glauben zu teilen.

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