Berlin. In “kleiner, feiner Runde“ diskutierte Markus Lanz die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges und erinnerte an die Bankenkrise.

Putin war an seiner Eskalationsschraube "so hoch in den Baum geklettert", dass sich Peer Steinbrück bei "Markus Lanz" nicht vorstellen konnte, wie er jemals eine Niederlage hinnehmen könnte. Aber falls er innenpolitisch doch in die Situation kam, ein Scheitern einzuräumen, was machte er dann?

Dann sah der ehemalige Bundesfinanzminister (SPD), bekannt für seine knackig-klare Ansprache, eine "schreckliche Frage" auf Deutschland zukommen: Welche Garantiemacht sollte in Zukunft für die staatliche Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine sorgen?

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

  • Peer Steinbrück, Ex-Bundesfinanzminister (SPD)
  • Sarah Pagung, Russland-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik
  • Michael Bröcker, Chefredakteur von "Media Pioneer"

"Markus Lanz": Russlands Krieg gegen die Ukraine als "schwerste und tiefgreifendste Herausforderung aller Zeiten"

Deutschland etwa? Bitte nicht. "Aber wir müssen die Frage rechtzeitig diskutieren, um für die Forderung gewappnet zu sein", riet Peer Steinbrück, ganz froh, nicht mehr selbst in politischer Verantwortung zu stehen. Von der Seitenlinie aus kommentierte er in "kleiner, feiner Runde" (Lanz) trotzdem gerne den Auftritt der Ampel-Koalition "während dieser schwersten und tiefgreifendsten Herausforderung aller Zeiten"

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Für seinen Geschmack hatte die Bundesregierung die erklärte "Zeitenwende, oder besser: den Zeitenbruch" noch nicht ausreichend erläutert, was Dimension und Konsequenzen bedeuteten. "Da sitzt ein Kriegsverbrecher im Kreml, der versucht, uns zu erpressen", diagnostizierte er klipp und klar bei "Markus Lanz". Aber keiner fragte: "Was ist dein Beitrag, damit dein Staat nicht erpressbar wird?"

"Markus Lanz": Peer Steinbrück sieht "Steuererhöhung für die oberen Etagen" als richtige Antwort

Ein Staat sei dafür da, die zu unterstützen, die in existenzielle Not kämen. Aber er dürfe die Zivilgesellschaft auch fordern, einen Beitrag zum Gemeinsinn zu leisten, erläuterte der SPD-Politiker. Statt eines Tankrabatts wäre – seiner Meinung nach – "eine Steuererhöhung für die oberen Etagen dieser Gesellschaft die richtige Antwort gewesen". Selbstverständlich wollte er sich dabei selbst nicht ausschließen.

Zwar sei er froh, dass in der aktuellen Regierung "kein Hitzkopf" sitze. Trotzdem erschien ihm die Bundesregierung "zu vielstimmig". Lieber wäre ihm ein ähnlich "staatspolitischer" Auftritt, wie er ihn in der 2200 Milliarden Euro schweren Bankenkrise 2008 mit Angela Merkel vorgemacht hatte: Fast auf den Tag genau vor 14 Jahren war die damalige Kanzlerin (CDU) mit ihrem Bundesfinanzminister (SPD) vor die Kameras getreten, um in dem gemeinsamen Auftritt der Bevölkerung zu versichern, dass ihre Spareinlagen sicher waren.

Die "tolle Performance", wie Markus Lanz nach dem kurzen Video-Einspieler befand, war zur Beruhigung. Und um einen Banken-Run zu verhindern, der den angeschlagenen Banken zusätzliche Liquidität entzogen hätte. Aber "geflunkert", wie Markus Lanz nun unterstellte, war das nicht, versicherte der SPD-Politiker: Hätten die Sparer ihr Geld alle auf einmal abgehoben, wie befürchtet, "hätten wir die Einlagen garantieren müssen, sonst wären wir in eine wahnsinnige Glaubwürdigkeitskrise gekommen", erinnerte er.

Sorgen um "industriellen Mittelstand" – "Die Gasmangellage wird kommen"

Der heikle Moment war gutgegangen, erinnerte Michael Bröcker von "Media Pioneer" die Situation. Aktuelle mache er sich allerdings vor allem Sorgen um den "industriellen Mittelstand" Deutschlands. "Die Gasmangellage wird kommen", prophezeite er dazu. Auch wenn die Gasspeicher aktuell zu über 90 Prozent gefüllt seien, reiche das nur für zwei Monate. Und was dann?

Dass nach neusten Erhebungen die Industrie bisher 22 Prozent weniger Gas verbraucht hatte als im Vorjahr, lag seiner Meinung nach an "notgedrungenen Produktionsstilllegungen": "Ein Drittel der chemischen Industrie steht am Rande", erklärte er – wegen gestiegener Energiekosten, aber auch wegen Zulieferproblemen. "Wenn die Betriebe einmal weg sind, dann sind sie weg". Das gehe – wegen der industriellen Vernetzung – an den Kern der Wirtschaft.

Wenn die Chemieindustrie so wichtig sei, warum hat sie dann bei der Energieversorgung ausschließlich auf Gas gesetzt, fragte die Politologin Sarah Pagung, mehr rhetorisch. Sie sieht Deutschland schon "im Wirtschaftskrieg mit Russland". Das Ziel, beide Parteien an den Verhandlungstisch zu bringen, sei gescheitert.

"Russland lässt keinen Raum für Verhandlungen", erklärte die Russland-Expertin stattdessen: Annexion, Brutalität der Armee und Teilmobilmachung verhinderten jeden Kompromiss. Das sei ihrer Auffassung nach Teil der von Putin gewollten Eskalationsschraube.

Zwar konnte auch sie einen nuklearen Einsatz nicht ausschließen. Aber der würde Putin nicht helfen, seine militärischen Probleme, die eingenommen Gebiete zu halten, zu beseitigen. Unklar sei zudem, erklärte sie, inwiefern die russischen Eliten einem Nukleareinsatz zustimmen würden.

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Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.