Berlin. Dating in Zeiten von Social Media und Dating-Apps mag praktisch sein, aber in Beziehungen führt das Online-Dasein oft zu Eifersucht.

  • Soziale Medien können Menschen auf der ganzen Welt miteinander verbinden
  • Genau das kann in einigen Beziehungen allerdings für Probleme sorgen
  • Ein Experte über digitale Eifersucht

Ein Like hier, ein Kommentar dort – soziale Medien eröffnen eine neue Welt digitaler Kommunikationsmöglichkeiten. Doch immer öfter sind sie auch Auslöser für Eifersucht. Was die digitale Eifersucht mit Liebenden macht – und wie sich Paare wieder so nahe kommen, dass kein Handy mehr dazwischen passt, erklärt ein Therapeut.

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Was steckt hinter digitaler Eifersucht?

Eifersucht ist kein seltenes Thema in Beziehungen. Ob übertrieben oder gerechtfertigt, beides kann eine Partnerschaft in die Brüche gehen lassen. Doch die Gründe für Eifersucht scheinen im digitalen Zeitalter zuzunehmen: War früher ein Flirt außerhalb der Beziehung oder ein kurzer Blick auf das andere Geschlecht Grund für einen öffentlichen Gefühlsausbruch, reichen heute ein paar Klicks am Bildschirm.

Therapeuten sprechen deshalb immer häufiger von „digitaler Eifersucht“. Der Impuls- und Gestalttherapeut Chris Bloom versteht unter digitaler Eifersucht „Eifersucht, die durch Online-Aktivitäten, insbesondere in sozialen Medien, ausgelöst wird“. Der Hauptgrund liegt laut dem Experten in der Sichtbarkeit der Interaktionen des Partners im Netz, etwa durch Nachrichten, „Likes“ oder Kommentare. Zudem würden digitale Plattformen wie Instagram Vergleiche mit idealisierten Darstellungen fördern, was ebenfalls zu Unsicherheit und Misstrauen führen könne.

Beziehung: Darum führt Instagram zu Eifersucht

Das Eifersuchtspotenzial von sozialen Medien belegt auch eine Studie der kanadischen Psychologin Amy Muise. Sie befragte rund 300 Studierende und kam zu dem Ergebnis, dass selbst Menschen, die im realen Leben nicht eifersüchtig sind, in sozialen Netzwerken eifersüchtig werden, wenn sie in einer Beziehung sind. Muise erklärt ihr Forschungsergebnis damit, dass man in sozialen Netzwerken wie Facebook zweideutigen Informationen über den Partner ausgesetzt ist, zu denen man sonst keinen Zugang hätte. Diese Informationen würden zu weiteren Nachforschungen anregen, die schließlich zu Eifersucht führen.

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Digitale Eifersucht: Wer ist besonders betroffen?

Eine weitere Studie der Hochschule Fresenius in Düsseldorf beschäftigte sich ebenfalls mit der digitalen Eifersucht. Für ihre Arbeit befragte die Absolventin Olivia Montenegro Kamper 273 Personen zu Persönlichkeits- und Beziehungsmerkmalen sowie zum Erleben von Eifersucht. Dabei zeigte sich, dass Frauen stärker von digitaler Eifersucht betroffen sind als Männer. Laut Kamper könnte dies an der Nutzungsdauer sozialer Netzwerke liegen. Die befragten Frauen verbrachten durchschnittlich fast zweieinhalb Stunden pro Tag auf Instagram, Facebook und ähnlichen Plattformen – im Vergleich zu etwas mehr als zwei Stunden pro Tag, die die teilnehmenden Männer in sozialen Netzwerken verbrachten.

Neben der Nutzungsdauer wird das Erleben von digitaler Eifersucht von weiteren Faktoren beeinflusst, wie Kamper in ihrer Arbeit feststellt: So sind auch das Vertrauen in die Beziehung, die Dauer der Beziehung, das eigene Selbstwertgefühl und die Abhängigkeit von der Beziehung relevant. Auch der Impuls-Therapeut Chris Bloom meint: „Diese Art von Eifersucht kann durch Unsicherheit, Vertrauensprobleme oder Verlustängste verstärkt werden.

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Micro-Fremdgehen auf Instagram

Ein weiterer Faktor, der das Vertrauen in Beziehungen im digitalen Zeitalter schwinden lässt, ist das „Micro Cheating“. Dieses Phänomen ist nicht neu, hat aber durch soziale Medien und Dating-Apps eine neue Dimension erreicht. Der Begriff „Micro Cheating“ wurde ursprünglich von der australischen Beziehungsexpertin Melanie Schilling geprägt. Sie versteht unter Micro Cheating die Interaktion zwischen zwei Personen, die potenziell eine intime Beziehung eingehen könnten, dies aber nicht tun – weil mindestens einer der beiden bereits vergeben ist. Dabei bewegen sich die Beteiligten in einer Grauzone zwischen Freundschaft und ernsthaftem Flirt.

Micro Cheating: Ab wann ist es Untreue?

Laut dem Impuls- und Gestalttherapeuten Chris Bloom umfasst Micro Cheating kleinere Handlungen, die als untreu empfunden werden können, wie Flirten oder das Teilen von Gefühlen mit jemandem außerhalb der Beziehung. „Wenn solche Handlungen die Grenzen und Vereinbarungen einer Beziehung überschreiten und das Vertrauen zwischen den Partnern untergraben, spricht man von Untreue“, so Bloom. Der Experte betont jedoch, dass dies von Beziehung zu Beziehung unterschiedlich sein kann. So sei für manche Paare bereits ein intensiver Austausch mit einer anderen Person ein Zeichen für Untreue, während andere erst beim Küssen die Grenze ziehen.

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Was können Paare gegen die digitale Eifersucht tun?

Grundsätzlich ist gegen ein paar Likes und Kommentare nichts einzuwenden. Zwar könne man als Paar klare Grenzen für die Nutzung sozialer Medien setzen, so Bloom, dennoch sei es wichtig, realistische Erwartungen an Online-Interaktionen zu haben. „Paare sollten einen „Realit-Check“ machen und sich bewusst sein, dass sie eine reale, physische Beziehung haben, anstatt digital abzurutschen.“ Hilfreich seien auch Selbstreflexion und das Verstehen der eigenen Emotionen, so der Therapeut.