Erfurt. Am 31. Mai ist Weltnichtrauchertag. Hier berichtet ein ehemaliger Raucher von seinem Weg aus der Sucht.

„Jeden Tag eine Schachtel.“ So viel rauchte Heinz Müller damals. Der 82-Jährige begann mit 18 Jahren damit, sich regelmäßig Zigaretten anzuzünden. Er habe sich anfangs den anderen einfach angeschlossen. „Es ist eine Sucht“, sagt der aus Triptis stammende Rentner heute. Aber eine, der er erfolgreich den Rücken kehrte. „Nikolaustag, 1991“, das war der Stichtag. Seitdem rührte er keine Zigarette mehr an. Der 31. Mai ist der Weltnichtrauchertag und gilt vor allem Menschen wie ihm.

Gerade die ersten Tage seien die schwersten gewesen, erzählt er heute. Wenn die Lokführerkollegen unter sich waren, war der ganze Raum verqualmt. „Ich ging dann raus, an die frische Luft“, erinnert er sich zurück.

Gesundheitliche Beschwerden brachten ihn dazu, mit dem Rauchen aufzuhören. Kreislaufprobleme, Schwitzen, Appetitlosigkeit waren dabei nur die geringsten. „Ich habe mich nicht mehr gut gefühlt“, begründet er. Obwohl zuvor mehrere Versuche scheiterten, die Menge wenigstens zu reduzieren, blieb der ehemalige Lokführer diesmal stark. „Keiner dachte, dass ich das schaffe“, sagt er mit einem lächelnden Blick zu seiner Frau, die ergänzt: „Von dem, was du bis dahin geraucht hast, hätten wir uns drei Autos kaufen können. Und was für welche“, sagt er lachend.

Dabei wirkt er noch immer stolz darauf, dass er es geschafft hat, der Sucht zu entkommen. „Salem“ war die erste Marke, die er rauchte. Dann gab es „f6“-Zigaretten und zuletzt rauchte er „Club“.

Den Dunst nimmt er heute sensibel wahr. „Wenn draußen die jungen Leute, fast noch Kinder, rauchend vorbei laufen und der Geruch hereinzieht, rieche ich das gleich und denke: Mensch, wie blöd warst du nur.“

Kaugummis halfen ihm dabei, die Sucht zu überwinden. Sie seien ein guter Ersatz gewesen, eine Ablenkung, die ihn davon abhielt, nachzugeben. Die Kaufmännische Krankenkasse KKH teilt mit, dass zwar die Zahl der Alltagsraucher sinke, aber es steige gleichzeitig die Zahl der exzessiven Raucher. Thüringen habe dabei mit das größte Plus.

Fast drei Viertel aller Thüringer gelten dem Landesamt für Statistik zufolge als Nichtraucher. Dabei sei jeder fünfte Nichtraucher ein ehemaliger Raucher. Das durchschnittliche Einstiegsalter in den Tabakkonsum liege nach Angaben der Thüringer Fachstelle für Suchtprävention bei 15,6 Jahren. 31 Prozent der Thüringer rauchen durchschnittlich elf Zigaretten am Tag, erklärt Anja Zimmermann, Leiterin der Fachstelle.

Gibt es Alternativen? Gesundheitliche Risiken werden auch beim Wasserpfeife rauchen unterschätzt, erklärt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer, anlässlich des Weltnichtrauchertages. „Entgegen der weit verbreiteten Annahme ist das Rauchen einer Shisha keineswegs unbedenklich. Im Gegenteil, das Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, ist dabei fast doppelt so hoch wie beim Rauchen von Zigaretten.“ Shisha werde demnach oft über einen längeren Zeitraum genutzt und tiefer inhaliert, wodurch Organe noch mehr geschädigt werden. Sowohl Shisha als auch Zigaretten enthalten Nikotin und machen abhängig. Der Hinweis „Enthält null Prozent Teer“ auf Tabak-Verpackungen nennt Dziuk irreführend, denn Teer entstehe beim Verschwelen des Tabaks und gelange so in die Lunge.

Auch die elektronischen Zigaretten gelten nach Angaben der Krebsgesellschaft als nicht ungefährlich. Neben Nikotin können die Zusatzstoffe verunreinigt sein, die in den verwendeten Flüssigkeiten enthalten sind. E-Zigaretten können Krebs verursachen. Die Schäden finden sich nicht im Blut, sondern direkt in den Zellen, wie die Amerikanischen Akademie der Wissenschaften jetzt nachgewiesen hat.

Heinz Müller kann den Weltnichtrauchertag guten Gewissens begehen. „Ich hab noch vier Schachteln im Schrank“, sagt er gelassen lächelnd – so, als ob er von einer Antiquität spricht und nicht von einem Konsumgut, das verbraucht werden kann. Obwohl die Versuchung einst durch Kollegen und auch Freunde groß war, hat er widerstanden.Die Zigaretten interessieren ihn schon lange nicht mehr. Die unberührten Schachteln liegen dort wie ein Pokal für mentale Stärke.