Berlin. Im ersten Quartal 2023 ist die Zahl der Förderanträge für Wärmepumpen stark gesunken. Brancheninsider sehen das Problem in der Politik.

Das Jahr 2022 war für die Wärmepumpen-Industrie ein Rekordjahr – der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) berichtet von 53 Prozent mehr verkauften Wärmepumpen als im Vorjahr. In absoluten Zahlen wurden im Jahr 2022 in Deutschland 236.000 Wärmepumpen in Verkehr gebracht. BDH-Präsident Jan Brockmann: "Die deutschen Hersteller investieren massiv in den Ausbau der Produktionskapazitäten." Doch zumindest im ersten Quartal 2023 hat das Geschäft mit der Wärmepumpe einen Dämpfer bekommen.

Zahl der Förderanträge für Wärmepumpen sinkt rapide ab: Über 20.000 Anträge weniger als noch 2022

Das berichten das Nachrichtenportal "The Pioneer" und das "manager magazin" mit Blick auf die Zahl der Förderanträge. Diese seien von Januar bis April dieses Jahres um 20.000 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken – "The Pioneer" beruft sich dabei auf Zahlen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Die Behörde ist für die Bearbeitung der Anträge zuständig. Von Januar bis April 2022 wurden 52.941 Förderanträge für eine Wärmepumpe gestellt. Im gleichen Zeitraum 2023 sollen es nur noch 32.921 Anträge gewesen sein.

Damit ergibt sich 2023 eine Differenz von 20.020 Förderanträgen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2022. In Prozent ausgedrückt ist es ein Rückgang von rund 38 Prozent. Der Abfall der Förderanträge spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen wider. Berichten der Nachrichtenagentur AFP zufolge klagt man in der Wärmepumpen-Industrie über einen Umsatzeinbruch und tief verunsicherte Verbraucherinnen und Verbraucher. Im Bundesverband Wärmepumpe (BWP) sieht man die Schuld daran in der Politik.

Hier war die Welt noch in Ordnung: Im Vergleich zu 2021 war 2022 ein großer Ansteig der Nachfrage zu verzeichnen.
Hier war die Welt noch in Ordnung: Im Vergleich zu 2021 war 2022 ein großer Ansteig der Nachfrage zu verzeichnen. © Bundesverband Wärmepumpe e. V.

Wärmepumpen-Absatz knickt ein: Branchenverband findet deutliche Worte

BWP-Vorstandsvorsitzender Paul Waning findet gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" deutliche Worte: "Die Klopperei in der Politik rund um das neue Gebäudeenergiegesetz war eine Katastrophe." Die Nachfrage nach Öl- und Gasheizungen gehe nach oben und der Absatz an Wärmepumpen knicke ein – für die Hersteller sei das ärgerlich. Diese hätten laut Waning rund fünf Milliarden Euro investiert, um – wie zunächst geplant – ab 2024 rund 500.000 neue Wärmepumpen pro Jahr liefern und installieren zu können.

Die 500.000 neuen Wärmepumpen pro Jahr hatte sich die Ampel-Koalition ab 2024 in deutschen Haushalten zum Ziel gesetzt. "Die Zielmarke von 500.000 Geräten ist ehrgeizig – aber erreichbar", sagte Waning im Januar dieses Jahres. Dieser Prozess werde jetzt verlangsamt. Der jüngst gefundene Kompromiss der Bundesregierung für das Heizungsgesetz biete keinen verlässlichen Rahmen für die Branche. Laut Waning sei das "höchst ärgerlich" – allen voran die von der Ampel-Koalition beschlossene kommunale Wärmeplanung bis 2028.

Wärmepumpen-Industrie alarmiert: Verbraucher könnten sich für Gas- oder Ölheizung entscheiden

Im Kern geht es bei der Wärmeplanung um eine Prüfung. Ist kommunal der Anschluss an ein Fernwärmenetz möglich? Wenn ja, dann ist die Wärmepumpe für die Verbraucher kein Thema. Die kommunale Wärmeplanung soll die Bürger damit vor unnötig hohen Kosten bewahren – für die Heizungsindustrie ist sie eine schwer kalkulierbare Variable. Bis 2028 herrsche "Orientierungslosigkeit", beklagt Waning. Verstärkt wird die undurchsichtige Situation durch die schwer einschätzbare Entwicklung der Energiepreise in Deutschland.

In der Wärmepumpen-Industrie zeigt man sich besorgt: Die Preise für Heizöl und Gas sinken – Strom wird dagegen teurer. Viele Eigentümer könnten sich in dieser Situation für eine Gas- oder Ölheizung und gegen eine Wärmepumpe entscheiden, warnt Waning. Hier seien politische Entscheidungen nötig. Für eine wirkliche Förderung der Wärmepumpe dürfe das Preisverhältnis nicht viel größer als der Faktor 2,5 sein. Das heißt: Die Wärmepumpe muss günstiger oder über ein Förderprogramm vom Staat stärker bezuschusst werden.

HeizungKosten in EUR
Ölheizungab ca. 8.000
Gasheizungab ca. 7.000
Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
Wasserstoffheizungab ca. 30.000
Solarthermieab ca. 10.000
Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

Preise für Wärmepumpen könnten sinken: Ökonom gibt deutliche Prognose – und nennt Gründe

Zur Wahrheit gehört aber auch: Schon jetzt bezuschusst der Staat eine neue Wärmepumpe mit bis zu 40 Prozent Förderung pro Anlage – damit gibt es für Wärmepumpen mit den höchsten Fördersatz in Deutschland. Ökonomen sind allerdings zuversichtlich und gehen in den kommenden Jahren von sinkenden Preisen für Wärmepumpen aus. "Die Preise werden in den kommenden Jahren deutlich sinken", sagte Jens Suedekum, Professor of International Economics von der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf, im April gegenüber unserer Redaktion.

Bezeichnung der FörderungZuschuss in Prozent
Grundförderung ("Basis-Zuschuss")30
Geschwindigkeitsbonus20 (ab 2024 – sinkt über die Jahre)
Bonus für WP mit natürlichem Kältemittel5
Bonus für Haushalte mit Einkommen unter 40.000 Euro30

In Summe sind theoretisch 85 Prozent Förderung möglich. Der Gesetzgeber hat die maximal Fördersumme aber auf 70 Prozent gedeckelt. Die maximale Fördersumme liegt bei 30.000 Euro. Bei 70 Prozent Deckelung ist somit maximal ein Zuschuss von 21.000 Euro möglich.

Der Viessmann-Deal mit den USA für den Wärmepumpen-Sektor sieht der Experte daher als ein deutliches Zeichen für sinkende Preise. "Die Aussicht auf Marktgröße zieht neue Wettbewerber an." Das wiederum setze deutsche Anbieter unter Druck. Die Investition in eine Wärmepumpe könnte für viele Bürger in Zukunft daher interessant werden – unabhängig von den Förderungen. Ab 2024 plant die Politik dennoch ein neues Förderkonzept – mehrere Klimaboni und einheitliche Förderungen sollen das System übersichtlicher machen.

Förderkonzept ab 2024Summe der Förderung
GrundförderungEinheitlicher Fördersatz von 30 Prozent
Klimabonus (KB)Je nach KB zwischen 10 und 20 Prozent
KreditförderungZuschüsse werden in Tilgungszuschuss integriert
In der Steuer geltend machen20 Prozent von der Steuerlast abziehen

Absatz von Wärmepumpen geht stark zurück: Verbraucher fahren neue Strategie – eine Einordnung

Unsere Einordnung: Die stark sinkende Zahl an Förderanträgen für Wärmepumpen kommt mit Blick auf die politische Entwicklung und die Entwicklung der Energiepreise nicht völlig überraschend. Viele Verbraucher verfolgen zudem die aktuelle Marktentwicklung und hoffen auf sinkende Preise. Zumal mit der von der Bundesregierung eingebrachten kommunalen Wärmeplanung ein Zeitfenster geschaffen wurde. Bestehende Heizungen müssen zudem nicht sofort vom Hausbesitzer getauscht werden.

Auch von der Austauschpflicht für über 30 Jahre alte Heizungen gibt es Ausnahmen – etwa für Geräte mit Niedrigtemperatur- oder Brennwertkessel. Damit ergibt sich für viele Eigentümer ein großzügiger Zeitrahmen. Viel wird damit von der politischen und der weiteren Entwicklung am Markt bestimmt werden. Neben der Wärmepumpe gibt es zudem noch weitere Alternativen. Dazu zählen etwa die Pelletheizung oder auch die Nutzung einer Gasheizung über Wasserstoff (H2). Für Eigentümer in dicht besiedelten Gebieten könnte zudem die Fernwärme interessant werden.

FAQ zum neuen Heizungsgesetz

1. Was sind die grundlegenden Änderungen?

Neue Heizungen sollen künftig zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden – hier ändert sich nichts. Allerdings wurde am Zeitplan deutlich entschärft und neben der Wärmepumpe sind andere Heizungstechniken gleichberechtigt – etwa Biomasse-Heizungen. Neu im Gesetz ist auch die kommunale Wärmeplanung. Mehr dazu in Punkt fünf.

2. Ab wann soll das Heizungsgesetz gelten?

Das Gesetz soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Es wird jedoch eine Übergangsphase geben – in dieser soll eine kommunale Wärmeplanung erstellt werden. Erst im Anschluss sollen die Vorgaben im neuen Heizungsgesetz greifen.

3. Welche Systeme erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe?

Neu ist: Heizungen, die mit Holz und Pellets betrieben werden, erfüllen die 65-Prozent-Vorgabe ausnahmslos. Auch Gasheizungen – zu 65 Prozent mit Biomasse oder Wasserstoff betrieben – sollen unter bestimmten Umständen weiter eingebaut werden können. Rein regenerative Alternativen wie die Wärmepumpe erfüllen die 65 Prozent ohnehin.

4. Ist eine Gasheizung nach 2024 noch zulässig?

Ab Januar 2024 sollen Gasheizungen eingebaut werden können – die Voraussetzung: Die neue Heizung muss auf Wasserstoff umrüstbar sein oder über Biogas betrieben werden. Diese Regelung greift auch für Neubauten außerhalb von Neubaugebieten.

5. Wie wirkt sich die kommunale Wärmeplanung auf das Gesetz aus?

Die kommunale Wärmeplanung soll vorliegen, bevor Hauseigentümer aufgrund des Gesetzes zum Heizungsaustausch verpflichtet werden. Das bedeutet, dass in Gebieten – in denen keine kommunale Wärmeplanung vorliegt – die Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) noch nicht gelten.

6. Was ist die kommunale Wärmeplanung?

Die kommunale Wärmeplanung ist letztlich ein strategischer Prozess. Gemeinden und Städte sollen ihre Wärmeversorgung planen und steuern – um ihre Energieeffizienz zu verbessern, den Einsatz erneuerbarer Energien zu erhöhen und CO2-Emissionen zu reduzieren. Dieser Prozess beinhaltet die Erstellung eines Wärmeatlasses, die Analyse der bestehenden Infrastruktur und die Bewertung von Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz und Nutzung erneuerbarer Energien.

Die Wärmeplanung berücksichtigt sowohl technische als auch wirtschaftliche Aspekte und beinhaltet die Beteiligung der Öffentlichkeit, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse und Bedenken der Gemeindemitglieder berücksichtigt werden. Insgesamt dient die kommunale Wärmeplanung dazu, die komplette Wärmeversorgung nachhaltiger, effizienter und kosteneffektiver zu gestalten und die Ziele des Klimaschutzes zu unterstützen.

7. Wie wird die Umrüstung auf erneuerbare Heizungen bei Bestandsgebäuden geregelt?

Bestandsgebäude werden zur Umrüstung auf erneuerbare Heizungen verpflichtet, sobald die kommunale Wärmeplanung vorliegt. Dies könnte in einigen Regionen erst ab 2028 der Fall sein.

8. Was ist das geplante "Heiz-Kataster" im neuen Gesetz?

Das geplante Heiz-Kataster verpflichtet Kommunen, den Energieverbrauch der Gebäude in einer Region genau zu erfassen. Dies soll mehr Planungssicherheit bei der Wärmewende bieten.

9. Wie wirkt sich das neue Heizungsgesetz auf die Austauschpflicht aus?

Das neue Heizungsgesetz hat keinen erheblichen Einfluss auf die Austauschpflicht von bestehenden Heizungssystemen – die bisherigen Vorgaben für den Heizungstausch haben weiter Bestand. Aufgrund der Neuerungen im Heizungsgesetz haben Betroffene aber mehr Alternativen zur klassischen Gas- oder Ölheizung. Neben Wärmepumpe und Co. sollen zusätzlich unter bestimmten Bedingungen weiterhin Gasheizungen zulässig sein, die mit Biomasse oder H2-Wasserstoff betrieben werden.

Dennoch hängt die spezifische Auswirkung des neuen Gesetzes auf die Austauschpflicht von der jeweiligen kommunalen Wärmeplanung ab – bis diese vorliegt, sind die Bestimmungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) für den Austausch von Heizungen nicht anwendbar. Daher kann es sein, dass in einigen Regionen die konkreten Auswirkungen des neuen Heizungsgesetzes auf die Austauschpflicht erst in einigen Jahren vollständig spürbar sein werden.

10. Welche neuen Förderungen soll es für den Wechsel zu erneuerbaren Heizungen geben?

Die bestehenden Förderungen für neue Heizungen (2023) sollen weiter optimiert werden, um unterschiedliche soziale Härten zu adressieren und breitere Teile der Gesellschaft zu erreichen. Im Förderkonzept ab 2024 sind daher Klimaboni vorgesehen, die auf verschiedene Verbrauchergruppen abzielen.