Berlin. Statt einer Wärmepumpe wollen viele Eigentümer noch eine normale Heizung. Ein Brancheninsider berichtet von einer verkehrten Welt.

Das Thema Heizung war innerhalb der Ampel-Koalition über viele Wochen ein Dauerstreitthema. Vor allem zwischen den Grünen und der FDP waren die Fronten verhärtet. Am Ende konnte sich die Bundesregierung doch noch auf eine gemeinsame Fassung für das Heizungsgesetz verständigen – jetzt soll der Bundestag das Gesetz vor der Sommerpause absegnen. Im Unterschied zur ursprünglichen Fassung von Wirtschaftsminister Robert Habeck hat sich im Entwurf einiges geändert, viele Passagen wurden entschärft.

Neue Heizung: Brancheninsider berichtet von Ansturm – aber nicht auf die Wärmepumpe

Einer der Hauptstreitpunkte war die Wärmepumpe: Am Ende konnte sich die FDP durchsetzen und die Pelletheizung und die Gasheizung im Biogas- oder H2-Betrieb im Heizungsgesetz verankern. Doch das ständige Argumentieren für und gegen die Wärmepumpe hat deren Image geschadet, viele Eigentümer sind weiter verunsichert. "Die Menschen wissen nicht, ob eine Wärmepumpe für sie möglich ist, wie hoch die Kosten und wie lange die Lieferzeiten sind", sagt Andreas Schuhmann im Norddeutschen Rundfunk (NDR).

Schuhmann ist Geschäftsführer der Heizungsbau-Firma Arnold Rückert GmbH in Hamburg-Wilhelmsburg und sieht die Verunsicherung der Menschen. Jetzt noch schnell eine klassische Gas- oder Ölheizung einbauen, ehe das ab 2024 nicht mehr möglich ist – bei der Firma Arnold Rückert zeugen davon die vollen Auftragsbücher.

Schon seit zwei Monaten sei das Unternehmen bis Ende des Jahres ausgebucht. "Das gab es noch nie." Ein Grund seien für viele Bürger die geringeren Investitionskosten im Vergleich zu einer Wärmepumpe, erklärt Schuhmann.

HeizungKosten in EUR
Ölheizungab ca. 8.000
Gasheizungab ca. 7.000
Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
Wasserstoffheizungab ca. 30.000
Solarthermieab ca. 10.000
Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

Heizung ab 2024: Energieberater warnt vor CO2-Preis für – "fünfstellige Summe" droht

Dabei raten viele Experten von der Investition in eine klassische Öl- oder Gasheizung ohne regenerativen Anteil ab. Benjamin Weismann – Geschäftsführer im Energieberaterverband GIH – warnte gegenüber unserer Redaktion vor den finanziellen Folgen. Die Investition sei allein aufgrund der CO2-Bepreisung langfristig keine sinnvolle Option.

"Steigt der CO2-Preis – wie von vielen Experten erwartet – auf über 100 Euro pro Tonne CO2 in den nächsten Jahren, kann man über die Laufzeit einer neuen fossilen Heizung von 20 bis 25 Jahren dafür zusammengerechnet eine fünfstellige Summe bezahlen."

Auch den Gedanken – Gasheizungen in Zukunft über Wasserstoff weiterhin zu nutzen – sehen Experten kritisch. Das Heizen mit Wasserstoff (H2) sei eine Sackgasse, erklärte der Energieexperte Jan Rosenow, der am Environmental Change Institute an der britischen Universität Oxford forscht. Gegenüber "Focus online Earth" warnt Rosenow: "Um ein Haus mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr mit Wasserstoff zu beheizen, müsste man in Deutschland 5000 Euro im Jahr bezahlen."

Videografik: Grüner Wasserstoff - Energiequelle der Zukunft

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    Heizungsbauer macht deutlich: "Keiner interessiert sich mehr richtig für Wärmepumpen"

    Doch trotz CO2-Preis und einer unklaren Perspektive setzen offenbar viele Hausbesitzer weiter auf eine klassische Gas- oder Ölheizung – und damit auf den Bestandsschutz, welcher bis 2045 gelten soll. Schuhmann: "Aktuell interessiert sich keiner mehr so richtig für Wärmepumpen, obwohl das eigentlich ja so sein müsste. Stattdessen möchten alle noch schnell eine Öl- oder Gasheizung haben – und zwar im alten Stil, ohne zusätzlich erneuerbare Energien einzubauen, weil das dieses Jahr noch möglich ist."

    Die Überzeugungsarbeit für eine Wärmepumpe gestaltet sich schwierig. "Ich erkläre den Kunden, dass das – was sie jetzt beim Einbau sparen – durch die steigenden Preise für Öl und Gas in den nächsten Jahren mit Sicherheit aufgefressen wird", erklärte Schuhmann im NDR. Ob das das Image der Wärmepumpe in Deutschland bei vielen noch Unschlüssigen verbessern kann? Ein großes Thema ist für viele Verbraucher weiter der Anschaffungspreis – und zumindest hier bahnt sich mittelfristig eine Entspannung an.

    Wärmepumpe oder Gasheizung? Faktencheck zeigt die Unterschiede

     WärmepumpeGasheizung
    EnergiequelleLuft, Erde oder WasserErdgas, Flüssiggas, Biomethan (Biogas), Wasserstoff (H2-ready)
    UmweltfreundlichkeitHoch – nutzt ausschließlich erneuerbare EnergienNiedrig – erzeugt CO2
    AnschaffungskostenHochNiedrig
    BetriebskostenNiedriger – gekoppelt an StrompreisHöher – gekoppelt an Brennstoffpreise
    WirkungsgradHoch – bis zu 300 bis 400 Prozent unter optimalen BedingungenNiedriger – zwischen 90 bis 95 Prozent bei modernen Anlagen
    LebensdauerLänger – bis zu 20 JahreKürzer – rund 10 bis 15 Jahre
    InstallationKomplexer – insbesondere bei Erd- und GrundwasserbohrungEinfacher – keine zusätzliche Infrastruktur nötig
    WartungGeringerHöher
    PlatzbedarfKann höher sein – primär bei ErdwärmepumpenMeist niedriger
    FörderungHoch – es gibt eine staatliche Förderung für Wärmepumpen von bis zu 40 Prozent der GesamtkostenKeine Förderung für klassische Gastherme – unter Umständen wird aber der erneuerbare Anteil (H2-ready) gefördert
    CO2-Preisspielt keine RolleSoll in den kommenden Jahren ansteigen – die Folge: Fossile Brennstoffe werden teurer

    Kosten für eine neue Heizung: Experten machen Hoffnung – Preise sollen bald sinken

    Der Viessmann-Deal mit den USA sei ein deutliches Zeichen für sinkende Wärmepumpen-Preise, erklärte der Ökonom Jens Suedekum von der Heinrich-Heine Universität in Düsseldorf im April gegenüber unserer Redaktion. "Die Aussicht auf Marktgröße zieht neue Wettbewerber an." Und das setze wiederum deutsche Anbieter unter Druck. Auch im Bundesverband Wärmepumpe (BWP) zeigt man sich optimistisch. "Die Produktionskapazitäten werden gerade massiv ausgebaut." Auch der Verband rechnet daher mit sinkenden Anschaffungs- und Installationskosten.

    Nur an der aktuellen Situation wird das wohl wenig ändern. Anfang 2023 hatte die Heizungsbranche in Deutschland nach eigenen Angaben noch deutlich mehr Wärmepumpen verkauft als im Vorjahr. Das Rekordjahr 2022 für Wärmepumpen setzte sich zunächst fort. Doch für das weitere Jahr sieht die Prognose eher düster für die Wärmepumpe aus. Mehr als die Hälfte der zwischen Januar und März verkauften Anlagen laufen mit Gas, berichtet der NDR. Vom Negativ-Trend der Wärmepumpe zeugt auch die Zahl der Förderanträge.

    Umsatzzahlen für Wärmepumpen brechen ein: Branche sieht Schuld auch in der Politik

    Im ersten Quartal ist die Zahl der Förderanträge für eine Wärmepumpe rapide gesunken. Diese sind von Januar bis April dieses Jahres um 20.000 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurcükgegangen, wie aus Daten des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) hervorgeht. Von Januar bis April 2022 wurden 52.941 Förderanträge für eine Wärmepumpe gestellt. Im gleichen Zeitraum 2023 sollen es nur noch 32.921 Anträge gewesen sein.

    BWP-Vorstandsvorsitzender Paul Waning findet gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" deutliche Worte: "Die Klopperei in der Politik rund um das neue Gebäudeenergiegesetz war eine Katastrophe. Die Nachfrage nach Öl- und Gasheizungen gehe nach oben und der Absatz an Wärmepumpen knicke ein – für die Hersteller sei das ärgerlich."

    Der Betrieb von Schuhmann in Hamburg ist kein Einzelfall. Berichten der Nachrichtenagentur AFP zufolge klagt man in der gesamten Wärmepumpen-Industrie über den Umsatzeinbruch und tief verunsicherte Verbraucherinnen und Verbraucher. Zumindest mit Blick auf diese Zahlen scheint es, als ob die Politik mit ihren Debatten genau das Gegenteil bewirkt.