Berlin. In Zeiten hoher Energie-Preise sollen Spartipps helfen, die Geldbörse zu schonen. Aber schaden sie auch der Gesundheit? Ein Überblick.

Die Heiz- und Wasserkosten steigen rasant und der Winter steht vor der Tür. Da liegt es nahe, in den eigenen vier Wänden beim Sparen anzufangen. Vor allem im Internet stößt man auf viele gut gemeinte Spartipps, wie etwa, die Temperatur im Heizkessel zu senken oder gar ganz aufs Heizen zu verzichten.

Doch was bringen die heimischen Energie-Sparmaßnahmen wirklich? Und: Können sie möglicherweise sogar krank machen? Experten äußern sich und berichten, ab wann das Sparen an die Gesundheit geht.

Schimmelbildung wird in kalten Räumen gefördert

„Aus Angst vor zu hohen Nebenkosten würden manche Menschen gern ganz aufs Heizen verzichten“, berichtet Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt. Er rät allerdings dringend davon ab: „Ein Mindestmaß an Heizen und Lüften muss sein“, so der Experte für Innenraumlufthygiene.

Denn: „Beim Kochen, Duschen, Wäschetrocknen oder auch nur beim Atmen produzieren wir Feuchtigkeit – und kalte Luft kann diese schlechter aufnehmen als warme Luft.“ Daher steige das Risiko für Schimmelbildung an Wänden in genutzten Wohnräumen schon bei 16 bis 18 Grad Celsius massiv. „Schimmel kann bestehende Allergien verstärken und neue Allergien auslösen“, so Moriske.

Mit stundenlangem Lüften könne man zwar die Luftfeuchtigkeit verringern, doch im Winter sei das auch keine Option. Er empfiehlt für Wohnzimmer 19 bis 20 Grad, Schlafzimmer 18 Grad und Büros 19 Grad. Bei diesen Temperaturen steige das Schimmelrisiko nicht nennenswert.

Legionellen in Heizkessel und Warmwasserspeicher

Auch Heizkessel für warmes Wasser verschlingen viel Energie. Darf man hier einfach die Temperatur senken? „Zu empfehlen sind 55 Grad“, sagt Heinz-Jörn Moriske vom Umweltbundesamt (UBA). Das sei die Vorlauftemperatur, bei der Legionellen abgetötet werden. Lesen Sie auch: Was kostet eigentlich einmal duschen?

Die Bakterien befinden sich generell im Leitungswasser, vermehren sich aber besonders gut bei Temperaturen zwischen 20 und 45 Grad. Legionellen können über Duschaerosole eingeatmet werden und eine Lungenentzündung auslösen. „Die Legionellen-Pneumonie ist keine harmlose Erkrankung“, so Moriske.

In einem Haus mit zentraler Wassererwärmung und zentralem Warmwasser-Speicher sollte die Regler-Temperatur am Trinkwasser-Erwärmer auf mindestens 60 Grad eingestellt sein, damit die Wassertemperaturen im Leitungssystem an keiner Stelle auf Temperaturen unter 55 Grad sinken, empfiehlt das UBA.

Raumtemperatur: Vorsicht vor dem Auskühlen

Raumtemperaturen von 18 bis 19 Grad waren noch vor wenigen Jahrzehnten völlig normal“, sagt Martin Exner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Ein Absenken auf diese Temperaturen sehe er deshalb nicht kritisch.

„Kritisch wird es erst dann, wenn man dauerhaft auskühlt. Bei sitzenden Tätigkeiten muss man neben warmer Kleidung vielleicht auch eine Wolldecke für das persönliche Wohlbefinden berücksichtigen“, so Exner. Auch Bewegung zwischendurch helfe. Durch körperliche Aktivität erzeuge der Körper Wärme. „Wer allerdings krank ist, sollte sich besonders schützen“.

Duschen: Waschlappen gut für den Haut-Schutzfilm

Im Sommer hatte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit dem Vorschlag, zum Waschlappen zu greifen, statt „dauernd“ zu duschen, für Schlagzeilen gesorgt. „Tägliches Duschen, vor allem langes Duschen führt zum Austrocknen und zur Verringerung des Schutzfilms auf der Haut“, sagt der Dermatologe Norbert Brockmeyer von der Ruhr-Universität Bochum.

Das tägliche Duschen sei daher eher kritisch zu sehen. Bei Menschen, die nicht gerade Schwerstarbeiter seien, genüge auch das Waschen unter den Achseln und im Intimbereich mit einem Lappen, sofern dieser täglich gewechselt werde. Eine gute Möglichkeit sei auch ein Bidet, was jedoch nur in den wenigsten Haushalten vorhanden sei. Auch interessant:Ukraine-Krieg: kein Grund, deshalb kalt zu duschen

Kaltes Wasser fürs Händewaschen

In vielen öffentlichen Gebäuden müssen Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspeicher den neuen Energiesparvorgaben zufolge ausgeschaltet werden, wenn das Wasser überwiegend dem Händewaschen dient.

Aus Sicht der Hygienexpertin Maral Miller ist kaltes Wasser dafür unbedenklich: „Es geht zunächst einmal darum, wie wir uns die Hände waschen, also die Handinnenflächen und auch die Fingerzwischenräume und dass wir dazu Seife verwenden. Keiner wäscht sich mit so heißem Wasser, dass Erreger abgetötet werden – sonst besteht Verbrühungsgefahr“, so die Direktorin des Berliner Vivantes Instituts für Hygiene und Umweltmedizin.

Warmer Hausschuh, der trotzdem atmen kann

Kuschelige Hausschuhe dürften in diesem Winter sicherlich zu den Rennern gehören. Doch erhöhen warme Hausschuhe möglicherweise das Risiko für Fußpilz? „Für gesunde Füße ist die Pflege der Füße entscheidend. Wer lange Zeit Hausschuhe trägt, schwitzt nicht zwingend, auch wenn dies die Gefahr für Fußpilz begünstigen könnte“, erklärt Vivantes-Hygienexpertin Maral Miller.

„Wichtig sind atmungsaktive Schuhe, da gibt es hervorragende Varianten zum Beispiel aus Schurwolle“, ergänzt Dermatologe Norbert Brockmeyer. „Wenn Schweiß nicht entweichen kann, bildet sich eine feuchte Kammer – hier können Pilze hervorragend gedeihen“, so Brockmeyer.

Kälteres Hallenbad: Kinder sollten Badezeit verkürzen

Als Energie-Sparmaßnahme wird in vielen Schwimmhallen die Wassertemperatur gesenkt. In Berlin soll das Wasser in den Hallen der Bäder-Betriebe beispielsweise nur noch höchstens 26 Grad warm sein. „Eine absolute Wohlfühltemperatur“, sagt Martin Exner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Eine Gefahr für mehr Erkältungen sieht er nicht, schließlich bewegten sich Schwimmer im Wasser und kühlten nicht aus.

Anders sei es bei kleinen Kindern, die erst noch schwimmen lernen und frierend aus dem Wasser kommen. „Man muss sie sofort gut abtrocknen und in einen warmen Bademantel stecken“, so Exner. Außerdem lasse sich mit kürzeren Badezeiten gegensteuern. (dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst morgenpost.de