Berlin. Kalte Temperaturen helfen beim Abnehmen. Wie sehr ist aber umstritten. Wie es klappt und was Sie beachten sollten, erfahren Sie hier.

Sie wollen abnehmen? Dann sollten Sie sich ihre Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten anschauen. Wer Gesundes isst und Sport in den Alltag aufnimmt, profitiert davon in den meisten Fällen. Beides trägt dazu bei, ein Kaloriendefizit aufzubauen, das für die Gewichtsreduktion unerlässlich ist. Faustregel: Wer täglich zwischen 300 und 500 Kalorien spart, bei dem beginnen die Pfunde zu purzeln.

Dieses Defizit lässt sich im Winter etwas schneller aufbauen, denn im Winter ist es kälter – und Kälte kann den Kalorienverbrauch steigern. Der Grund dafür ist simpel: Der Körper ist stets bemüht, eine Kerntemperatur zwischen 36,5 und 37,4 aufrecht zu erhalten. Je kälter die Umgebung, desto mehr Energie braucht er dafür, sprich, desto mehr Kalorien verbrennt er. Dieser Effekt lässt sich mit Training bei niedrigen Temperaturen bis zu einem gewissen Grad steigern.

Abnehmen mit Kälte: Warum Vorsicht geboten ist

Wer jetzt aber denkt, prima, ab in den Eisschrank, der begeht einen Fehler. Denn wird es dem Körper zu kalt, wird die Durchblutung der ihm weniger wichtigen Körperteile zurückgefahren. "Das betrifft insbesondere Füße, Hände, Ohren und Nase – alles was weit außen liegt, weit entfernt vom Körperkern", erklärt André Klußmann, Professor im Department Gesundheitswissenschaften an der HAW Hamburg.

Es drohen Erfrierungen, die im schlimmsten Fall zum Verlust von Extremitäten führen können. Die Erklärung ist logisch: Ohne Ohr oder Finger können wir durchaus überleben, ohne ein intaktes Herz-Kreislauf-System nicht.

„Der nächste Schritt ist Zittern“, so Klußmann. Dadurch versucht der Körper, Energie und somit auch Wärme zu produzieren. Das bestätigt auch so Hanns-Christian Gunga, Professor für Physiologie in Extremen Umwelten an der Charité Berlin. Dort forscht er unter anderem zu den Auswirkungen von Kälte auf den menschlichen Organismus. Das Aufwärmen kostet den Körper laut der Experten enorm Kraft. Die dafür benötigte Energie zieht er auch aus dem sogenannten Fettzell-Speicher.

Das mag in gewissem Maße zum Abnehmen beitragen, hat aber laut der Experten auch noch ganz andere Folgen: Unsere Muskelkraft verringert sich, Ausdauer, Geschicklichkeit und Konzentration nehmen deutlich ab. Gleiches gelte für die sogenannte Oberflächenwahrnehmung – lokale Erfrierungen bekämen wir deshalb teils gar nicht mit. "Sehr lange in der Kälte ist unterwegs zu sein, sollte man daher unbedingt vermeiden", so Klußmann.

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Thermogener Lebenstil regt Stoffwechsel an

Kälte über den Tag verteilt zu fühlen regt dagegen den Stoffwechsel an und hilft so ein bisschen beim Abnehmen, wie der Münchner Biomediziner Alexander Bartelt der Deutschen Presse-Agentur sagte. Grund ist das sogenannte braune Fettgewebe - zugrunde liegt ein Mechanismus, bei dem ohne Bewegung und Muskelaktivität Kalorien in Wärme umgewandelt werden.

Mit 100 bis 150 Gramm habe ein Erwachsener allerdings relativ wenig braunes Fett, und mit dem Alter nehme dessen Aktivität auch noch ab, sagte Bartelt. Es befindet sich dort, wo es schnell das Blut wärmen kann, beispielsweise um größere Blutgefäße herum. Ist es aktiv, schmilzt auch das weiße Fettgewebe ab, das sich beispielsweise in Pölsterchen um die Hüften befindet. «Wenn man sein braunes Fett bei Laune hält, kann der normale Mensch ungefähr ein Kilo pro Jahr abnehmen», sagte der Professor.

Anregen könne man das braune Fett mit einem sogenannten thermogenen Lebensstil, der sich günstig auf den Stoffwechsel auswirke. Dazu baue man Kältereize in den Tag ein, indem man beispielsweise anstelle der dicken Daunenjacke vielleicht nur eine Daunenweste anziehe, so dass Teile des Körpers Kälte fühlen und der Körper den Stoffwechsel und damit das braune Fett aktivieren muss.

Auch kalte Duschen und Kneipp-Kuren mit kaltem Wasser tragen dazu bei: "So lange man nicht friert, aber die Kälte spürt, ist das ok", sagte Bartelt. Eisbaden dagegen sei ein extremer Reiz und sollte höchstens von sehr gesunden Menschen absolviert werden. Übertreiben solle man mit den Kältereizen nicht, das gelte auch bei Bürotätigkeiten. "Wenn man die Heizung ein paar Grad herunterdreht auf 18 oder 19 Grad und so lange sich das kühl anfühlt, aber noch aushaltbar ist, gibt es nichts, was dagegen spricht", sagte Bartelt.

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Im Zweifelsfall ärztlichen Rat einholen

Dabei ist aber zu beachten: Nicht jeder Körper kann Kältebelastung gleich gut verkraften und gerade bei Vorerkrankungen ist Vorsicht geboten. "Wichtig ist, dass die Muskulatur der Blutgefäße gut funktioniert und der Körper mit dem Zustand verengter Gefäße und dem durch Kälte steigenden Blutdruck gut umgehen kann", erklärt Physiologe Gunga. Dies lasse sich beispielsweise mit Wechselduschen trainieren. "Immer vorausgesetzt, der Hausarzt gibt dafür grünes Licht", so Gunga.

Gleiches gilt natürlich auch, möchte man im Winter leicht bekleidet nach draußen. Auch hier sollte man vorher unbedingt mit seinem Arzt sprechen. Zudem sollte die Dauer im Freien möglichst gering gehalten werden, um den eigenen Körper nicht unnötig zu belasten. Denn: Neben dem Risiko für Herzkreislaufprobleme erhöht sich durch Kälte auch die Infektanfälligkeit. (mit dpa)