Rom. Eine Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Italiens Meeresbewohner zu retten. Ihr Leiter erklärt, was die “Delfin-Engel“ antreibt.

In Riccione sind sie als "Engel der Delfine" bekannt: Ein kleines Team aus Biologen, Veterinären und ehrenamtlichen Helfern, das jedes Mal zur Hilfe gerufen wird, wenn Delfine, Wale, oder Meeresschildkröten in der Gegend in Schwierigkeiten sind. Die Organisation "Fondazione Cetacea" (Stiftung für Wale) betreibt die Station in der norditalienischen Adria-Badeortschaft, die sich auf die Rettung der Meeresbewohner spezialisiert hat.

An Italiens Küsten stranden jährlich Dutzende Delfine. Einige von ihnen sind krank, andere verletzt. Meist melden Fischer oder Urlauber den Tierrettern von Riccione, dass ein Tümmler in Not ist. "Erst vor kurzem war ein Delfin auf einer sandigen Bucht nicht weit von hier gestrandet", erzählt Sauro Pari, Präsident der Wal-Stiftung. Acht Stunden lang hätten er und sein Team hart gearbeitet, um das 250 Kilo schwere Säugetier auf eine Art von Trage zu hieven und es in tieferes Wasser zu bringen. "Das war nicht einfach, denn wir mussten unbedingt eine Verletzung der Flossen vermeiden."

Delfine in Gefahr: Tierretter berichtet von Einsätzen an Italiens Küsten

Der Einsatz hat sich gelohnt: "Als wir schließlich den Delfin wieder ins tiefere Wasser bringen konnten, hat er sich bei uns mit zwei hohen Sprüngen bedankt, sich verabschiedet und ist dann verschwunden. Er hat sich wirklich dankbar gezeigt", so Pari. Der 74-Jährige hatte vor 20 Jahren als Journalist begonnen, für eine Zeitschrift der Stiftung zu schreiben. Seitdem sind Delfine ein großer Teil seines Lebens. Seit seiner Pensionierung vor sechs Jahren widmet sich Pari ganz der Tierrettung.

Sauro Pari leitet die Stiftung für Wale, die im italienischen Riccione Delfine und Meeresschildkröte rettet.
Sauro Pari leitet die Stiftung für Wale, die im italienischen Riccione Delfine und Meeresschildkröte rettet. © Andrea Liguori | Andrea Liguori

Wer an Italiens Küste unterwegs ist, kann dort beinahe täglich Delfine beobachten. "Sie sind oft in Gruppen unterwegs, weil es für sie so einfacher ist, Fische zu fangen. Jeder Delfin verschlingt bis zu 30 Kilo Fisch pro Tag." Manchmal geschehe es, dass ein Mitglied von der Familie ausgegrenzt wird. "Es wird dann für ihn wesentlich schwieriger, sich Nahrung zu beschaffen. Oft geraten diese Tiere in Not." Die Hitze der vergangenen Tage, wegen der auch die Meerestemperatur gestiegen ist, belastet die Delfine kaum, weil sie durch dicke Haut in der Lage sind, eine stabile Körpertemperatur zu bewahren.

Gefährlicher sind für die Tümmler die Geräusche von Schiffen und Motorbooten. "Delfine sind mit einem sehr empfindlichen Sonar-System ausgestattet, um miteinander zu kommunizieren und Fische zu jagen", so der Experte. "Lärm und Motorengeräusche belasten sie sehr. Sie suchen sofort andere Meeresbereiche, wenn die Konzentration von Schiffen zu hoch ist." Ein Problem sind für die Säugetiere auch Schwermetalle und Biotoxine. Die Meeresverschmutzung schwächt ihre Abwehrkräfte. Einige Delfine weisen Viruserkrankungen auf, bei anderen wurden Bakterien festgestellt.

Tierschützer arbeiten mit Fischern zusammen – "einige sind unsere Freunde"

In der Station in Rimini kümmern sich Pari und sein Team auch um andere Meerestiere. Die Stiftung Cetaeca in Riccione rettet misshandelte und verletzte Schildkröten, päppelt sie auf und lässt sie zurück ins Meer. Sie ist eines der wichtigsten und aktivsten Auffangzentren für Meeresschildkröten an der Adria. Oft verheddern sich die Schildkröten in Fischernetzen. Verschluckt ein Exemplar einen Angelhaken, oder kommt es einer Schiffsschraube zu nahe, wird ihm in der Klinik in Riccione geholfen. "Oft bleiben die geretteten Meeresschildkröten mehrere Monate bei uns, bis wir sie wieder frei lassen können." Gebracht würden sie oft von Fischern, die die verletzten Schildkröten in ihren Netzen finden.

In der Auffangstation der Stiftung in Riccione werden vor allem Meeresschildkröten wieder aufgepäppelt.
In der Auffangstation der Stiftung in Riccione werden vor allem Meeresschildkröten wieder aufgepäppelt. © Fondazione Cetacea

Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Fischern ist für die Station sehr wichtig: "Wir bemühen uns, sie für Tierschutz zu sensibilisieren. Einige von ihnen sind inzwischen zu unseren Freunden geworden. Sie melden uns, wenn sie Tiere in Not sehen", erzählt Pari. Gern begleitet er Besucher bei der Besichtigung der Schildkröten-Station. Jedes Tier hat dort einen eigenen, abgetrennten Bereich. Trotz ihres kräftigen Panzers sind Meeresschildkröten ziemlich empfindlich. Viele werden mit Unterkühlung eingeliefert, wenn ihnen im Herbst oder Frühjahr das Meerwasser zu kalt wird. In einem beheizten Bassin werden sie dann aufgepäppelt.

Mittlerweile widmen sich die drei fest angestellten und rund 15 freiwilligen Mitarbeiter der Station fast ausschließlich den Schildkröten. 300 Kilometer Küste – von Ferrara bis nach San Benedetto del Tronto – werden von ihnen betreut. Es ist ein Gebiet mit besonders vielen Exemplaren. An Arbeit mangelt es dem Team nicht – dagegen aber an Geld. Das 800 Quadratmeter große Domizil am Meer stellt die Gemeinde Riccione zur Verfügung. Alle weiteren Kosten muss die Stiftung tragen. Eine wichtigere Aufgabe als den Schutz der Meeresbewohner könnte Sauro Pari sich kaum vorstellen: "Das Leben begreift man wirklich nur, wenn man die Bedeutung der Natur versteht – eine Welt, die der Mensch zu zerstören sucht."