Berlin. Die Erderwärmung wird den Urlaub am Mittelmeer verändern. Fast 300 Strände könnten in den nächsten Jahrzehnten überflutet werden.

„Little Venice“ – also Klein-Venedig – gehört zu den romantischsten Orten auf der griechischen InselMykonos. Die weiß getünchten Häuser mit ihren bunten Fensterläden scheinen im Meer zu stehen. In den Bars und Cafés am Wasser können Gäste dabei zusehen, wie die Sonne im Meer versinkt. Doch in einigen Jahrzehnten wird es diesen wunderbaren Ort vielleicht nicht mehr geben.

Denn der steigende Meeresspiegel nagt an den Fundamenten und Mauern der Häuser von Klein-Venedig. Auch an den Stränden des Tourismus-Hotspots Mykonos wird sich der Anstieg des Meeres in Zukunft bemerkbar machen. Denn für Griechenland erheben Forscher besonders besorgniserregende Prognosen.

Besonders von den Folgen des Klimawandels bedroht: die griechische Insel Mykonos.
Besonders von den Folgen des Klimawandels bedroht: die griechische Insel Mykonos. © NurPhoto via Getty Images | NurPhoto

Mit fast 15.000 Kilometern hat Griechenland, auch aufgrund der über 3000 Inseln, die längste Küstenlinie aller Mittelmeerländer. Zu den berühmtesten Stränden gehören Navagio auf Zakynthos, Elafonisi, Balos und Vai auf Kreta, Myrtos auf Kefalonia und Agios Prokopios auf Naxos. Wegen seiner langen Küstenlinie ist Griechenland dem Anstieg des Meeresspiegels als Folge der Erderwärmung besonders ausgesetzt, viele Strände sind in Gefahr.

Urlaub in Griechenland: Diese 293 Strände sind gefährdet

Niki Evelpidou, Professorin für Geografie und Klimawissenschaften an der Universität Athen, hat 293 griechische Strände identifiziert, die in den nächsten Jahren infolge des Klimawandels vermutlich verschwinden werden. Besonders gefährdet seien die sogenannten Tomboli-Strände, erläuterte die Wissenschaftlerin der Zeitung Kathimerini.

Als Tomboli bezeichnet man Dünenstreifen oder Sandbänke, die eine Insel mit dem Festland oder zwei Inseln miteinander verbinden. Diese malerischen Strände entstehen durch Sandablagerungen an Flussmündungen oder durch Küstenströmungen.

Berühmte Tomboli in Griechenland sind Balos auf Kreta, Prasonisi auf Rhodos, Oikonomou auf Paros, Kolona auf Kythnos und Panagia auf Naxos. Diese flachen Strände sind durch den Anstieg des Meeresspiegels dem Untergang geweiht.

Urlaub am Mittelmeer: Darum steigt der Meeresspiegel

Durch die vom Menschen verursachte Freisetzung von immer mehr Treibhausgasen erwärmt sich das Klima auf der Erde. Die Eismassen der Pole und der Gebirgsgletscher tauen ab. Als Folge ist der Meeresspiegel seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert bereits um 20 Zentimeter angestiegen.

Experten schlagen Alarm: Griechenlands Strände, wie hier südlich von Athen, könnten in einigen Jahren verschwinden.
Experten schlagen Alarm: Griechenlands Strände, wie hier südlich von Athen, könnten in einigen Jahren verschwinden. © Xinhua | Lefteris Partsalis

Der jährliche Anstieg hat sich von 1,4 Millimetern zu Anfang des 19. Jahrhunderts auf 3,7 Millimetern im vergangenen Jahrzehnt deutlich beschleunigt. Das erscheint wenig, bedeutet aber einen Anstieg um rund 28 Zentimeter bis zum Jahr 2100, wenn sich der Trend fortsetzt. Und es gibt Hinweise darauf, dass sich der Anstieg weiter beschleunigt.

Griechenland trifft es laut Prognosen besonders hart

„Jüngste Prognosen besagen, dass der Meeresspiegel im Mittelmeer bis 2100 um etwa einen Meter ansteigen könnte“, sagt Costas Synolakis, Professor für Umweltingenieurwissenschaften an der University of Southern California und Vorsitzender des nationalen griechischen Wissenschaftsrates zum Klimawandel.

„Griechenland hat infolge menschlicher Eingriffe und mangelnder Planung der Küstenanlagen bereits jetzt ein erhebliches Problem mit der Küstenerosion“, so Synolakis. Die von den Urlaubern bevorzugten Strände mit feinem Sand und sanftem Gefälle seien besonders gefährdet, sagt der Geowissenschaftler.

Als Maßnahme zur Erhaltung der Strände empfiehlt Synolakis umweltfreundliche Strandaufspülungen statt harter Eingriffe wie den Bau von Buhnen – Dämme aus Stein oder Holz, die vom Strand aus ins Meer hinein gebaut werden – oder Wellenbrechern. „Solche Anlagen können die Erosion sogar noch beschleunigen“, warnt Synolakis.

Studie: Urlaub am Mittelmeer möglicherweise bald vorbei

Die Bewirtschaftung vieler Strände, der Bau von Strandrestaurants und Beach Bars, das Anlegen von Wegen und die Zerstörung von Wasserläufen verschärfen das Problem, weil dadurch das natürliche Hinterland der Strände mit Dünen, Gewächsen und Ablagerungen gestört wird. Maßnahmen wie Aufspülungen können die Erosion der Strände zwar verzögern, aber letztlich nicht verhindern.

Möglicherweise ist der Strandurlaub am Mittelmeer aber ohnehin ein Auslaufmodell. Eine Studie des australischen Reiseunternehmens Intrepid Travel in Zusammenarbeit mit der Denkfabrik Foresight Laboratory kommt zu der Vorhersage, dass Urlauber sich in Zukunft kühleren Destinationen in Nordeuropa zuwenden. Ziele wie Griechenland und Mallorca würden infolge des Klimawandels während der Sommermonate zu heiß werden.