Berlin. Eine neue Studie über die „Hand von Irulegi“ liefert überraschende Erkenntnisse zur baskischen Sprache und ihren unbekannten Vorfahren.

Es war ein Meilenstein der Archäologie: Im November 2021 fanden Forscher in der Stadt Irulegi im Norden Spaniens eine ungefähr 2000 Jahre alte Bronzehand mit einer schwer zu entziffernden Inschrift. Jetzt hat ein Zusammenschluss mehrerer spanischer Wissenschaftler nach langwierigen Analysen Ergebnisse dazu vorgelegt, was die fremden Symbole bedeuten könnten.

So legt die Studie nahe, dass die Inschrift mit paläospanischen Sprachen, also altertümlichen Sprachen der Region, verwandt ist. Demnach könnte sie ein Grundstock für die heutige baskische Sprache sein, die in Teilen Spaniens und Frankreichs gesprochen wird. Da die baskische Sprache mit keiner anderen europäischen Sprache verwandt ist, könnte die Hand neue Erkenntnisse über ihre Herkunft liefern.

Archäologie: Neuer Fund zeigt überraschende Erkenntnisse über die Vorfahren der Basken

Im Gebiet rund um den Fundort hat zu der Zeit, als die Hand entstanden sein könnte, der Vaskonen-Stamm gelebt. Diese Bevölkerungsgruppe gilt als Vorfahr der heutigen Basken, was sich vor allem in der Namensvererbung zeigt. Von den Vaskonen wurden bisher allerdings kaum Schriftproben gefunden, was zu der Annahme führte, dass sie die Schrift noch nicht beherrschten. Die Erkenntnisse über das 2021 gefundene Relikt widerlegen diese These nun allerdings eindeutig.

Die Forscher konnten auf der Hand einige Wörter identifizieren, die auf ein „eigenständiges Subsystem“ der Sprache schließen lassen. Es ist demnach nicht möglich, den ganzen Text zu übersetzen – doch es lassen sich einige Parallelen zum heutigen Baskisch erschließen.

Vaskonen: Die rechte Hand könnte ein Symbol mit kultureller Bedeutung sein

So lautet das erste Wort auf der Hand „sorioneku“, was sich mit dem Begriff „zorioneko“ im heutigen Baskisch verbinden lässt. Die deutsche Übersetzung dafür wäre „Glück“ oder „Freude“. Die Forscher schließen daraus und aus ihren weiteren Erkenntnissen, dass die Inschrift die Funktion hatte, als eine Art apotropäischer, also Unheil abweisender Text, um Glück zu bitten.

Die Präsentation der „Hand von Irulegi“ war im November 2022 ein großes Medienereignis im Gongora Palast in Pamplona. Hier im Bild ist Maria Chivite, Präsidentin der autonomen Region Navarra.
Die Präsentation der „Hand von Irulegi“ war im November 2022 ein großes Medienereignis im Gongora Palast in Pamplona. Hier im Bild ist Maria Chivite, Präsidentin der autonomen Region Navarra. © picture alliance / abaca | ABACA

Laut den Forschern ist es möglich, dass die Hand als Symbol eine gewisse kulturelle Bedeutung innehat. So gibt es noch einige weitere Relikte aus der Eisenzeit und dieser Region des heutigen Spaniens, die ebenfalls eine geöffnete rechte Hand darstellen. Auch im Jemen wurde schon einmal so ein Fund gemacht.

Vaskonen gingen wohl eher ungeplant bei Beschriftung vor

Bei der detaillierten Analyse der Inschrift des aktuellen Funds entdeckte das Forscher-Team Variationen in der Größe der Buchstaben und weitere kleine Unstimmigkeiten in der Art und Weise der Beschriftung, die auf ein eher ungeplantes Vorgehen der Vaskonen hindeuten.

Anhand der Ausrichtung der Schrift, einem kleinen Loch innerhalb der Hand und dem Fundort selbst konnten die Wissenschaftler die Vermutung aufstellen, dass die Hand am Eingang eines Gebäudes hing. Die Forscher konnten nicht final ermitteln, mit welchem Werkzeug die Schrift auf die Hand kam, sie gehen von scharfen Gegenständen wie einem Stichel aus.

Die Sgraffito-Technik ist noch heute bekannt

Als sicher gilt hingegen, dass zur Beschriftung die Sgraffito-Technik verwendet wurde. Das ist ein Verfahren, das noch heute zum Verzieren von Keramik oder ähnlichem dienen kann. Im Kern geht es darum, eine obere Farbschicht abzukratzen, um die darunterliegende Schicht zum Vorschein zu bringen und mit den daraus resultierenden Farbkontrasten eine Art Schrift oder Muster zu erschaffen.

Die Forscher wollen die Hand weiter untersuchen und ziehen ein zufriedenes erstes Fazit: „Die hier vorgestellte neue Inschrift untermauert das wachsende Bewusstsein, dass die alten Vaskoner zumindest bis zu einem gewissen Grad die Schrift kannten und nutzten.“