Planegg. Das Unternehmen Formycon aus Bayern hat die Entwicklung eines Arzneimittels verkündet, das vor Corona schützen soll, sogar vorbeugend.
- Ein Pharmaunternehmen in Bayern hat ein Medikament entwickelt, mit dem Covid-19-Erkrankte behandelt werden können
- Gleichzeitig könnte das Mittel laut den Forschern aber auch rund 14 Tage vor einer Corona-Infektion schützen
- So wirkt das Corona-Medikament
Das Pharmaunternehmen Formycon aus Planegg in Bayern hat die Entwicklung eines Arzneimittels verkündet, das die Ausbreitung des Coronavirus im Körper stoppen kann. Damit könnten nach seiner Zulassung schwer an Covid-19 Erkrankte behandelt werden. Gleichzeitig könne es aber auch für rund 14 Tage einen vorbeugenden Schutz gegen eine Infektion bieten, sagt Formycon-CFO Dr. Nicolas Combé.
Formycons SARS-CoV-2-Blocker heißt FYB207 und ist ein Fusionsprotein aus ACE2-Molekülen und menschlichen Antikörpern. ACE2-Moleküle fungieren als Rezeptoren auf menschlichen Zellen. „SARS-CoV-2 und andere Corona-Viren nutzen ACE2 auf der Oberfläche menschlicher Zellen als Eintrittspforte“, erklärt Combé. FYB207 soll diese Eintrittspforte vollständig verschließen und damit eine Ausbreitung des Coronavirus im Körper verhindern.
„ACE2 ist ein körpereigenes Molekül. Dass der Ansatz funktioniert, ist bereits klinisch erwiesen. Durch die Fusion des ACE2-Teils mit dem konstanten Teil menschlicher Antikörper verlängert sich die Halbwertszeit im Körper, so dass das Virus außerhalb der Zelle bekämpft werden kann“, sagt Combé. Im Labor habe sich gezeigt, dass das Molekül das Virus zu 100 Prozent neutralisiere. Die als Preprint veröffentlichten Studienergebnisse sind noch nicht von unabhängigen Wissenschaftlern untersucht worden.
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Corona-Mittel aus Bayern soll auch präventiv einsetzbar sein
„Perspektivisch wäre auch eine präventive Gabe des Produktes denkbar, beispielsweise bei einem Ausbruch in einem Altenheim. Der Ansatz wäre im Prinzip eine passive Immunisierung, weil im Vorfeld verhindert würde, dass das Virus überhaupt in die Zelle eindringt“, sagt Combé. Das Fusionsmolekül könnte sich rund 14 Tage oder möglicherweise auch länger im Körper halten und daher auch über diesen Zeitraum einen Schutz bieten.
Zusätzlich zum Schutz vor einer Infektion besitzt FYB207 angeblich auch heilende Eigenschaften für vom Coronavirus befallene Organe. „Unser Fusionsprotein hat auch einen enzymatischen Effekt. Das ist ein potentieller Schutz für Lungen-, Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen bei symptomatischen Patienten“ sagt Combé. Forscher gehen davon aus, dass das Coronavirus für eine generelle Entzündung bestimmter Zellschichten sorgt, was wiederum zu Organversagen führen kann. Dann ist von einem schweren Krankheitsverlauf die Rede. Die entzündungshemmende Wirkung von FYB207 könne das verhindern, so Combé.
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Mutationen des Coronavirus sollen Wirksamkeit nicht beeinflussen
Im Gegensatz zu reinen Antikörper-Mitteln biete das Formycon-Mittel auch wirksamen Schutz bei einer möglichen Mutation des Virus. Denn klassische Antikörper-Therapien greifen das Virus in der Zelle an, um dessen Vermehrung zu verhindern. Verändert sich jedoch das Virus, muss es auch der Antikörper tun, um wirksam zu bleiben. FYB207 schließe die Eingangspforte in die Zelle potenziell für alle Coronaviren, wie zum Beispiel das ursprüngliche SARS-Virus aus dem Jahr 2003, sagt Combé
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Die Eigenschaften von FYB207 sind laut Formycon bisher nur durch In-vitro-Studien in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München (TU) erforscht. Bei In-vitro-Studien werden biologische und medizinische Versuche außerhalb eines lebenden Organismus, also beispielsweise in einer Petrischale durchgeführt.
Formycon hat für die Entwicklung von FYB207 mit der TU München in Person von Professorin Ulrike Protzer, Lehrstuhl für Virologie, und Professor Johannes Buchner, Lehrstuhl für Biotechnologie kooperiert. „Dadurch konnten wir unser Fusionsprotein direkt am Virus testen, da es an der TU München zur Verfügung stand“, sagt Combé.
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Formycon rechnet nicht mit Zulassung vor 2022
Formycon möchte schnellstmöglich vorankommen. Es gehe darum, nun weitere präklinische Daten zu generieren und parallel die Produktion aufzusetzen, um das Medikament so schnell wie möglich an Patienten testen zu können. Hierzu wünsche man sich die entsprechende Unterstützung der Politik – auch finanzieller Natur – sowie die Unterstützung der Zulassungsbehörden, mit denen schnellstmöglich die weiteren Schritte zur Zulassung besprochen werden sollen. Ende 2021 könnte der Virus-Blocker bereits für den Notfall zur Verfügung stehen“, erklärt Combé.
In Anbetracht der Tatsache, dass mehrere Corona-Impfstoffe bereits Zulassungen erhalten haben oder kurz davor stehen, stellt sich die Frage ob FYB207 in der Zukunft überhaupt noch notwendig sein wird. „Bis alle Menschen auf der Welt flächendeckend geimpft wurden, werden Jahre vergehen“, gibt Combé zu bedenken. Außerdem gebe es Menschen, die durch eine Impfung keine Immunität entwickeln würden oder die lieber ein Medikament nehmen, als sich überhaupt impfen zu lassen.
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Für die Beschleunigung des Entwicklungsprozesses sucht Formycom neben der finanziellen auch strategische Unterstützung. Das Projekt werde in der Entwicklung mehrere Millionen Euro kosten, so Combé. „Zum Aufbau der Lieferkette und Sicherstellung der Marktvorsorge wäre eine Verpartnerung mit einem größeren Pharmaunternehmen, wie es zwischen Biontech und Pfizer vorgekommen ist, das ideale Szenario.“
An der Börse haben die Anleger die Ankündigung von Formycon zu FYB207 jedenfalls schon zur Kenntnis genommen. Seit dem vergangenen Dienstag steigerte sich der Wert der Formycon-Aktie um mehr als das Doppelte.