Berlin. Ein britisches Forschungsteam hat die Viruslast bei geimpften Infizierten untersucht. Das Ergebnis zeigt, wie wichtig der Booster ist.

  • Die Corona-Impfung soll vor schweren Verläufen schützen - und im Idealfall vor einer Infektion
  • Doch wie ansteckend sind eigentlich infizierte Geimpfte?
  • Die Studie wurde in Großbritannien durchgeführt - hat aber auch einige Schwächen

Die Corona-Zahlen in Deutschland schnellen in die Höhe. Mit einer Corona-Impfung kann man sich vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen, denn der Piekser verringert nachweislich das Risiko, durch Covid-19 auf der Intensivstation zu landen, beatmet werden zu müssen oder gar an den Folgen der Erkrankung zu sterben. Weitergeben können Geimpfte das Virus jedoch trotzdem. Wie unterscheiden sie sich in dieser Hinsicht von Ungeimpften?

In einem aktuellen Strategiepapier einer Corona-Expertengruppe, zu der unter anderen die Virologinnen Sandra Ciesek und Ulrike Protzer, die Physikerin Viola Priesemann, der Infektiologe Leif Erik Sander, der Epidemiologe André Karch und der Modellierer Kai Nagel zählen, wird auf das Thema Bezug genommen: Weil die Delta-Variante wesentlich ansteckender sei als die Ursprungsvariante, können demnach auch Geimpfte und Genesene das Virus weitergeben - "wenn auch seltener". Durch den Booster werde das Risiko der Weitergabe wesentlich verringert.

Corona-Studie vergleicht Viruslast von Geimpften und Ungeimpften

Eine britische Studie gibt detaillierten Aufschluss über die Infektiosität infizierter Geimpfter - und zeigt ebenfalls, wieso die Booster-Impfung so wichtig ist. Vollständig Geimpfte, bei denen es zu einem Impfdurchbruch kommt, weisen eine ähnlich hohe Viruslast auf wie Ungeimpfte, heißt es in der im Fachblatt "The Lancet Infectious Disease" erschienene Studie. Demnach können auch Geimpfte das Virus übertragen - auch auf weitere geimpfte Kontaktpersonen.

Für die Kohortenstudie untersuchten die Forscherinnen und Forscher 602 Kontaktpersonen von 471 Covid-19-Erkrankten im Vereinigten Königreich. Dafür wurden im Zeitraum vom 13. September 2020 bis zum 15. September 2021 mehr als 8000 Proben der oberen Atemwege analysiert. Die Viruslast von Geimpften, die sich mit der Delta-Variante infiziert hatten, wurde mit der von Ungeimpften verglichen, die an einer Delta-, Alpha- oder Präalpha-Infektion litten.

Bei der Studie zeigte sich: Vollständig Geimpfte haben immer noch ein gewisses Risiko, sich mit der Delta-Variante anzustecken und auch andere Mitglieder ihres Haushalts zu infizieren. Die nachgewiesene Viruslast fiel zeitweise genauso hoch aus wie bei Ungeimpften. Die Viruslast (englisch: "viral load") bezieht sich auf die Menge der Viruspartikel in einer Probe: Je höher sie ist, desto ansteckender ist eine infizierte Person.

Von den 38 vollständigen geimpften Personen mit Impfdurchbruch, die im Rahmen der Studie untersucht wurden, waren 14 mit dem mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft und 23 mit dem Vektorimpfstoff von AstraZeneca. Eine Person war mit dem chinesischen Vakzin Sinovac geimpft.

Forschungsteam rät angesichts der Ergebnisse zu Booster-Impfung

Die Autorinnen und Autoren der Studie sehen anhand der Ergebnisse eine Erklärung dafür, warum die hochansteckende Delta-Variante auch in Ländern mit hohen Impfquoten wie etwa Großbritannien für hohe Infektionszahlen sorgen kann. Zudem habe sich im Laufe der Studie gezeigt, dass die Immunität von Geimpften nach einigen Monaten abnimmt. Deshalb rät das Forschungsteam, Angebote zur dritten Impfung unbedingt wahrzunehmen - und weiter auf Hygieneregeln zu achten.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Impfungen allein nicht genug sind, um Menschen davor zu schützen, sich mit der Delta-Variante anzustecken und sie in ihren Haushalten weiter zu verbreiten", schrieb einer der Hauptautoren, Ajit Lalvani vom Imperial College London. "Kontinuierliche Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung wie das Tragen von Masken, Abstand halten und Tests bleiben wichtig, auch bei geimpften Menschen", schrieb Co-Autorin Anika Singanayagam.

Auf einen Schwachpunkt der Untersuchung machten die Forscherinnen und Forscher allerdings auch aufmerksam: Die untersuchten Ausgangsfälle seien jeweils Menschen mit Covid-19-Symptomen gewesen, die deshalb durch das britische Testsystem identifiziert wurden. Es sei nicht auszuschließen, dass in ihren Haushalten zuvor bereits unentdeckte, asymptomatische Infektionen vorgekommen sind.

(raer/mit dpa)