Berlin. Vor der Debatte im Bundestag nehmen die Pläne zur Impfpflicht Form an. Eine Initiative will bloß Bürger über 50 in die Pflicht nehmen

  • Seit Monaten wird über eine allgemeine Corona-Impfpflicht diskutiert
  • Vor einer Orientierungsdebatte am Mittwoch im Bundestag zeichnen sich drei Initiativen ab, allesamt aus dem Regierungslager
  • Die Union fordert ein Impfregister, um Ungeimpfte zu erfassen und anzusprechen. Zur Impfpflicht legte sie sich bislang nicht fest

In der Debatte über eine allgemeine Impfpflicht zeichnet sich im Bundestag eine neue, eine dritte Initiative ab. Eine Gruppe von Abgeordneten um den FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann will ein Vakzin gegen Covid-19 nur Menschen ab 50 Jahren vorschreiben. Auch eine Impfberatung wäre verpflichtend.

Vor der so genannten Orientierungsdebatte am Mittwoch im Parlament hatten sich mehrere Abgeordnete für eine Impfpflicht ab 18 Jahren ausgesprochen. Eine Gruppe um Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) lehnt derweil das gesamte Vorhaben rundweg ab.

Allen drei Gruppen ist gemein, dass sie aus den Reihen der "Ampel"-Parteien SPD, FDP und Grünen kommen, kurzum: aus dem Regierungslager. Noch zeichnet sich keine Mehrheit ab. Die finalen Abstimmungen sind für März geplant.

Unionsparteien mahnen ein Impfregister an

Wie sich CDU und CSU verhalten werden, ist offen. Die Union forderte am Montag vorerst ein Impfregister. Das wäre die Voraussetzung, um genau zu erfassen, wer (nicht) geimpt ist und diesen Personenkreis gezielt anzusprechen.

Die Impfpflicht ab 18 sollte nach den Worten von SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese "nicht für immer gelten“, sondern auf ein bis zwei Jahre befristet sein. Als geimpft gilt den Plänen zufolge, wer drei Impfungen gegen das Coronavirus erhalten hat.

Impfpflicht: Ärztegewerkschaft fordert Übergangsregeln

Die Vorschläge decken sich mit den Vorstellungen der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. „Als geimpft im Sinne einer solchen Nachweispflicht kann nur gelten, wer auch eine Drittimpfung bekommen hat“, sagte deren Vorsitzende, Susanne Johna, dieser Redaktion.

„Wir wissen inzwischen, dass eine Impfung erst dann als vollständig gelten kann, wenn drei Impfungen stattgefunden haben“, erläuterte sie. Es sollte allerdings Übergangsregeln geben, um den Menschen Zeit zu geben, sich mit den üblichen Abständen vollständig impfen zu lassen, so Johna. "Vor Ablauf der zwei Jahre sollte die Lage dann neu bewertet werden – etwa mit Blick auf neue Virusvarianten und möglicherweise neuen Impfempfehlungen.“

Dahmen: Impfpflicht könnte im Sommer in Kraft treten

Über die allgemeine Impfpflicht sollen die Bundestagsabgeordneten frei von ihrer Fraktionszugehörigkeit entscheiden. Die Bundesregierung legt deshalb auch keinen eigenen Gesetzentwurf vor – allerdings wäre eine eigene Mehrheit der Ampel-Koalition auch fraglich gewesen, da viele FDP-Abgeordnete eine Impfpflicht ablehnen.

Unsicher ist, ab wann die Impfpflicht in Kraft treten könnte. Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, der ebenfalls zu der Abgeordnetengruppe um SPD-Fraktionsvize Wiese gehört, hält die Einführung bis August für möglich. Das zweite Quartal 2022 werde gebraucht, um sehr intensiv zu impfen. „Dann kann die Impfpflicht im Juli oder August in Kraft sein“, sagte Dahmen.

Verweigerern könnte Bußgeld im dreistelligen Bereich drohen

Wer sich trotz Impfpflicht nicht impfen lässt, soll dem Vorschlag zufolge mit einem Bußgeld rechnen müssen. Dahmen schlug ein Bußgeld „im mittleren dreistelligen Bereich“ vor.

„Bevor das fällig wird, sollte den ungeimpften Personen allerdings eine Frist von etwa sechs Wochen eingeräumt werden, um die Impfung nachzuholen“, sagte der Grünen-Politiker. Haftstrafen für hartnäckige Impfverweigerer lehnte er ab.

„Bei Nichtzahlung könnte man auch ein individuelles Zwangsgeld in Betracht ziehen“, schlug der SPD-Politiker Wiese vor. „So könnte man bei der Höhe dann auch die persönlichen Lebensverhältnisse berücksichtigen.“ Die Obergrenze für ein Zwangsgeld liegt nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz bei 25.000 Euro.

Mit Blick auf die Kontrolle der Impfpflicht plädierte Johna für einen pragmatischen Weg: „Der Impfnachweis sollte wie bisher schon die 2G- und 3G-Regeln beim Eintritt oder bei der Nutzung von Geschäften, Verkehrsmitteln oder Einrichtungen geprüft werden“, sagte die Chefin der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Wer keinen Impfnachweis vorlegen könne, werde mit erheblichen Einschränkungen bei der Teilnahme am öffentlichen Leben und beim Zugang zur Arbeitsstelle rechnen müssen.

Umfrage: Zustimmung zu allgemeiner Impfpflicht gesunken

Derweil ist die Zustimmung in der Bevölkerung zu einer Ausweitung der Impfpflicht gegen das Coronavirus in Deutschland gesunken – es ist aber immer noch eine Mehrheit dafür. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur befürworten 60 Prozent eine allgemeine Impfpflicht, 32 Prozent sind dagegen, 8 Prozent machten keine Angaben. Anfang Dezember waren noch 63 Prozent dafür und 30 Prozent dagegen.