Berlin. Drei Millionen Dosen Corona-Impfstoff droht demnächst die Vernichtung. Grund ist geringe Nachfrage. Die Haltbarkeit der Vakzine läuft ab.

Lange Zeit hat Deutschland viel Geld und Anstrengung darauf verwendet, sich möglichst große Mengen an Corona-Impfstoff zu sichern. Millionen Dosen wurden geordert, um den heimischen Bedarf zu decken und vielen Menschen ein Impfangebot zu machen. Das Ziel: Mit einer hohen Impfquote sollte die Pandemie in Deutschland ein Ende finden.

Doch die Nachfrage nach der Spritze gegen Covid-19 hat inzwischen erheblich nachgelassen. Laut dem Impfdashboard des Bundesgesundheitsministeriums wurden etwa am vergangenen Montag gerade noch 20.000 Impfungen in ganz Deutschland verabreicht. Im Dezember letzten Jahres waren es an manchen Tagen dagegen bis zu einer Million. Der Impffortschritt stagniert.

Zugleich ist eine allgemeine Impfpflicht, die die Zahlen erneut hätte nach oben treiben können, in der vergangenen Woche im Bundestag gescheitert. Viele Dosen des Vakzins, die im Fall einer Impfpflicht wohl verabreicht worden wären, werden nun nicht mehr nachgefragt. Der Impfstoff wird zum Ladenhüter. Bei einem Teil der Vorräte läuft demnächst die Haltbarkeitszeit ab. Den Dosen droht somit die Vernichtung.

129.000 Impfstoffdosen verschiedener Hersteller wurden bereits vernichtet

Zehntausende wurden bereits verworfen. Wie das Bundesgesundheitsministeriums vor wenigen Tagen in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion schrieb, wurden allein zwischen Dezember und Februar mindestens 129.000 Dosen Anti-Corona-Impfstoff verschiedener Hersteller entsorgt.

Der ganz überwiegende Teil war demnach im Bestand des pharmazeutischen Großhandels und von Apotheken. 1200 befanden sich laut Angaben im zentralen Lager des Bundes. Bei 100.000 und damit der übergroßen Mehrzahl der vernichteten Dosen handelte es sich nach Ministeriumsangaben um das Vakzin des Herstellers Moderna.

Ferner wurden 17.300 Dosen des angepassten Biontech-Impfstoffs für Kinder ab 12 Jahren sowie weitere 6.500 für Kinder zwischen 5 und 12 Jahren vernichtet. 3600 der entsorgten Dosen stammten vom Hersteller Johnson&Johnson.

Drei Millionen Impfstoffdosen laufen Ende Juni ab, danach werden sie vernichtet

Deutlich größer könnte hingegen die Impfstoffmenge in Deutschland ausfallen, die in den kommenden Wochen ungenutzt im Müll landet. So drohe bis Ende Juni die Vernichtung von rund drei Millionen Dosen des Anti-Covid-Vakzins, wie ein Sprecher des Ministeriums sagte.

Er sprach dennoch von einer guten Nachricht - man sei nämlich ursprünglich von einer Größenordnung von 10 Millionen Dosen ausgegangen, denen Ende Juni der Verfall droht. Es habe sich aber herausgestellt, dass der Impfstoff von Biontech länger gelagert werden könne als zunächst angenommen. Entsprechend verringere sich die Zahl der Dosen, die verworfen werden müssten.

Der Sprecher erläuterte, derzeit sei mehr Impfstoff vorhanden, „als genutzt wird und als wir auch spenden können“. Die internationale Impfstoffinitiative Covax nehme keine Spenden mehr an. Grund sei, dass die Vakzine schwierig im Transport und in der Handhabung seien. Deswegen würden Länder auch unterstützt, die entsprechende Logistik aufzubauen.

Geringe Impfstoff-Nachfrage führt zu großen Restbeständen

Allerdings müsse die Nachfrage nach diesen Impfstoffen da sein, „und die ist dann doch deutlich geringer als es gut wäre“. Über den Gesamtwert der Dosen, die vernichtet werden könnten, machte das Ministerium keine Angaben. Das ließe Rückschlüsse auf Preise zu, die man nicht bekannt gebe.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums hatte Deutschland zum Stand 4. April 77 Millionen Dosen Corona-Impfstoff auf Lager. Für den Zeitraum zwischen 2021 und 2023 gab und gibt es Bestellungen über insgesamt 677 Millionen Dosen.

Die Opposition warf der Ampel-Regierung eine verfehlte Impfstoffplanung vor. „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat zum Jahreswechsel ohne begründeten Anlass Impfstoff gehortet, von denen jetzt große Mengen zu verfallen drohen“, sagte Georg Kippels (CDU), Obmann der Union im Gesundheitsausschuss des Bundestags, unserer Redaktion.

Opposition wirft der Ampel-Regierung verfehlte Impfstoffplanung vor

Dieses Vorgehen widerspreche der internationalen Verantwortung Deutschlands, „auch für den globalen Süden gesundheitliche Versorgung zu ermöglichen“. Der Vorbildcharakter von Deutschland in der globalen Gesundheit sei damit massiv beschädigt worden, kritisierte Kippels.

Deutschland hat nach Angaben des Auswärtigen Amts von vergangener Woche bislang rund 104 Millionen Corona-Impfstoffdosen gespendet, hauptsächlich über die Initiative Covax. An einige Staaten wurden auch bilateral Dosen weitergegeben.

Eine am Freitag von Deutschland, Indonesien, Ghana und dem Senegal ausgerichtete Geberkonferenz hatte Zusagen in Höhe von 4,8 Milliarden US-Dollar (4,43 Milliarden Euro) für Covax eingebracht. Deutschland stellte nach Angaben des Entwicklungsministeriums 400 Millionen Euro bereit.

Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.