Berlin. Der Arzt Sucharit Bhakdi ist bei Querdenkern und Corona-Kritikern beliebt. Nun ist er auch mit antisemitischen Aussagen aufgefallen.

  • Der Mediziner Sucharit Bhakdi verbreitet Unwahrheiten oder nicht belegbare Theorien über Corona, Todeszahlen und die Impfung
  • Bei Querdenkern ist der Bundestagskandidat sehr beliebt
  • Nun ist er auch mit antisemitischen Äußerungen aufgefallen – seine Partei sieht kein Problem

Der Arzt und Corona-Kritiker Sucharit Bhakdi hat mit antisemitischen Aussagen in einem Video-Interview für einen Skandal gesorgt. Als Antwort auf die bereits absurde Frage, ob es sich bei der Impfkampagne der Bundesregierung um kalkulierten Mord handele, verbreitete Sucharit Falschaussagen über einen angeblichen Impfzwang in Israel. "Sie haben ihr eigenes Land in etwas verwandelt, das noch schlimmer ist als Deutschland (während der nationalsozialistischen Diktatur Anm.d.Red.) war", sagte Bhakdi. Das Schlimme an den Juden sei, dass sie sehr gut lernen würden. "Aber sie haben das Böse jetzt gelernt", so Bhakdi weiter.

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter wurde der entsprechende Ausschnitt des Interviews geteilt und hunderttausendfach angesehen. Der Sturm der Entrüstung ist groß. Der Antisemitismus-Beauftragte der jüdischen Gemeinde zu Berlin, Sigmount Königsberg, hat Strafanzeige gegen Bhakdi wegen Volksverhetzung gestellt. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat den Erhalt der Anzeige bestätigt. Es werde derzeit überprüft, ob aufgrund der Aussagen Bhaktis Ermittlungen eingeleitet werden müssen. "Dass ein ehemals führender, intelligenter und sogar ausgezeichneter Mediziner so etwas von sich gibt, erschreckt mich", sagte Königsberg unserer Redaktion. "Es zeigt aber auch, dass Antisemitismus bei höher gebildeten Menschen durchaus gang und gäbe ist."

Bhakdi ist ein Star in der "Querdenker"-Szene

Bhakdi ist Facharzt für medizinische Mikrobiologie und war bis zu seinem Ruhestand als Professor an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz tätig. Do leitete er bis 2012 das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist Bhakdi mehrfach als Kritiker der Corona-Maßnahmen in Erscheinung getreten. Zudem verharmloste er in Interviews und Videos die Gefährlichkeit des Coronavirus, verbreitete nicht belegbare oder falsche Thesen und wurde zum Impfgegner. Schnell erlangte er mit seinen Aussagen Berühmtheit und Beachtung in der "Querdenker"-Szene.

Laut dem Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, Michael Blume, soll Bhakdi auch bereits mit antisemitischen Äußerungen aufgefallen sein. Er habe einer deutschen Ministerin jüdischer Herkunft wegen der Maskenpflicht die Vergiftung von Kindern durch CO2 vorgeworfen, schrieb Blume in einem Gastbeitrag für die "Zeit" im April dieses Jahres.

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Auch andere "Querdenker" fallen mit antisemitischen Aussagen auf

Das nun aufgetauchte Video-Interview mit den antisemitischen Aussagen wurde laut Angabe der Produzenten ebenfalls im April dieses Jahres aufgenommen. Der ehemalige Sportfotograf Kai Stuht hat das Interview geführt und jetzt auf seiner Website veröffentlicht. Stuht gehört seit längerem zur "Querdenker"-Bewegung und nahm an mehreren Corona-Demonstrationen teil. Auf seiner Website finden sich auch Interviews mit dem "Querdenken"-Gründer Michael Ballweg, dem Verschwörungstheoretiker Ken Jebsen sowie dem "Querdenker" und Arzt Bodo Schiffmann. Gegen Schiffmann ermittelt die Heidelberger Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung.

Königsberg sieht eine enge Verbindung zwischen der "Querdenker"-Bewegung und antisemitischen Aussagen in deren Umfeld. Die Organisatoren hinter den "Querdenken"-Protesten hätten nie dafür gesorgt, dass Reichsbürger und Rechtsextreme von den Demos verbannt wurden, so Königsberg. "Bereits bei sogenannten Hygiene-Demos im April 2020 wurden der gelbe Stern getragen und so der Holocaust bagatellisiert."

Durch die Tolerierung habe man der Verbreitung von antisemitischen Ansichten und Unwahrheiten Tür und Tor geöffnet. Kritik oder Widerspruch habe innerhalb der Bewegung nicht stattgefunden. "Die Aussagen von Herrn Bhakdi sind jetzt eines der Ergebnisse davon", sagt Königsberg.

Dr. Karin Reiss und Dr. Sucharit Bhakdi, eingeblendet auf einer Videoleinwand während einer Kundgebung auf dem Domplatz in Magdeburg.
Dr. Karin Reiss und Dr. Sucharit Bhakdi, eingeblendet auf einer Videoleinwand während einer Kundgebung auf dem Domplatz in Magdeburg. © imago images | Schreyer

"Die Basis" weist Vorwürfe gegen Mitglied Bhakdi zurück

Bhakdi kandidiert für die Partei "Die Basis" als Bundestagskandidat. Die Partei ist im Zuge der "Querdenken"-Proteste als Nachfolger der Bewegung Widerstand2020 entstanden. Die Verbindung zu den teils vom Verfassungsschutz beobachteten "Querdenker"-Szene gilt als eng. "Die Basis" selbst sieht in den Aussagen Bhakdis keinen Antisemitismus, wie sie auf Twitter mitteilte. Dabei handele es sich um eine "absurde Unterstellung".

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Neben Bhakdi kandidieren bei der Bundestagswahl 2021 auch andere "Querdenker"-Ikonen wie der Arzt Wolfgang Wodarg oder der Rechtsanwalt Reiner Fuellmilch für "Die Basis". Fuellmilch nahm als Redner an "Querdenken"-Protesten teil und verglich die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung mit dem Holocaust.

Verlag beendet Zusammenarbeit mit Bhakdi

Neben seiner Tätigkeit für "Die Basis" ist Bhakdi zusammen mit seiner Ehefrau Karina Reiß auch als Autor tätig. In ihren Büchern, die teilweise Bestseller waren, verbreitete das Paar ebenfalls mindestens strittige Thesen zur Corona-Pandemie.

Aufgrund seiner antisemitischen Aussagen hat der Verlag Goldegg nun aber die Zusammenarbeit mit Bhakdi und Reiß beendet, wie die Deutsche Presse-Agentur mitteilt.

(jas mit dpa)