Berlin. Viele Experten gehen davon aus, dass nur ein Vakzin gegen alle Varianten die Pandemie beenden kann. Einige Beispiele aus der Forschung.

Die Corona-Inzidenz hat in den vergangenen Wochen in Deutschland nie dagewesene Rekordwerte erreicht - und trotzdem scheint die Pandemie in den Köpfen vieler Menschen längst vorbei zu sein. Eine gleichgültige Haltung hat sich selbst bei denjenigen manifestiert, die noch vor wenigen Monaten pflichtbewusst Kontakte reduziert haben - schließlich gibt es ja eine Impfung, die vor schweren Verläufen schützen kann, so der Gedanke. Doch ob dies auch für zukünftige Varianten des SARS-CoV-2-Virus gilt, ist unklar.

Vergleichsweise milde Verläufe der hochansteckenden Omikron-Variante befeuern die neue Sorglosigkeit und lassen auf eine endemische Phase hoffen. Doch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mahnen, dass auch andere Szenarien denkbar seien: So könnte etwa Delta im Herbst zurückkommen und immensen Schaden anrichten. Während für die einen die Normalität in greifbarer Nähe zu sein scheint, arbeiten zahlreiche Forschungsteams an Vakzinen, die gegen alle Varianten wirken.

Corona-Pandemie: Universal-Impfstoffe werden erprobt

Häufig orientierte sich die Impfstoffentwicklung in den vergangenen Monaten augenscheinlich an der Anpassung der Vakzine an neue Mutanten. So verkündeten kurze Zeit nach dem Auftauchen der Omikron-Variante Pharmaunternehmen wie Biontech/Pfizer und Moderna, bereits an einem modifizierten Impfstoff zu arbeiten.

David R. Martinez, Immunologe an der University of North Carolina at Chapel Hill, verglich dieses Vorgehen gegenüber der "Washington Post" mit dem Spiel "Whac-A-Mole", bei dem Spieler stets neu auftauchende Maulwurffiguren zurück in ihre Löcher schlagen müssen: "Das könnte für immer so weitergehen", warnte er. Es gebe keine Garantie, dass die derzeitigen Vakzine gegen die nächsten Varianten helfen würden.

Um das Virus wirklich zu stoppen sei ein Impfstoff gegen sämtliche Mutationen notwendig. Martinez arbeitet an einem Vakzin, das dem Immunsystem "chimärische Spikes" zeigt: Genau wie die Chimära aus der griechischen Mythologie weisen die Spikes Fragmente verschiedener Virusvarianten auf. Dadurch soll es auch vor zukünftigen Mutanten schützen.

Auch ein Team um Barton Haynes, Immunologe an der Duke University School of Medicine in North Carolina, konzentriert sich auf einen Universalimpfstoff. Dieser hat in Tierversuchen bereits eine breite Schutzwirkung gegen Corona-Varianten, das Original-SARS-Virus und Fledermaus-Coronaviren hervorgerufen. Das Mittel könnte vielleicht noch in diesem Jahr an Menschen erprobt werden, so Haynes gegenüber "Washington Post". Ziel sei ein mit dem Tetanus-Vakzin vergleichbarer Impfstoff, der alle zehn Jahre verabreicht werden muss.

SpFN-Impfung wird bereits am Menschen erprobt

Als ein Hoffnungsträger gilt eine derzeit erforschte Impfung vom Walter Reed Army Institute of Research in Maryland, einem Forschungsinstituts des US-Militärs. Für das Mittel werden bald weitere Ergebnisse der Erprobung an menschlichen Probandinnen und Probanden erwartet. Frühere Studien deuteten laut "Washington Post" darauf hin, dass das sogenannte Spike-Ferritin-Nanopartikel-Vakzin (SpFN) einen breiteren Schutz bieten würden als die zugelassenen Corona-Impfungen der ersten Generation.

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Der Epidemiologe und Gesundheitsökonom Eric Feigl-Ding, der bereits im Januar 2020 auf Twitter vor den schwerwiegenden Folgen des Coronavirus-Ausbruchs in Wuhan warnte und dafür zunächst von einigen Seiten als Alarmist beschuldigt wurde, äußerte im vergangenen Dezember vorsichtigen Optimismus bezüglich SpFN: "Ich bin hoffnungsvoll, aber die Studie hat erst Phase eins abgeschlossen." Für eine Bewertung seien noch weitere Studien aus den Phasen zwei und drei erforderlich.

Dieser Artikel ist zuerst auf www.morgenpost.de erschienen

(raer)