Berlin. Bund und Länder wollen Kinder zwischen fünf und elf Jahren in die Impfkampagne einbeziehen. Die wichtigsten Infos zu den Impfungen.

Die Schutzimpfung gegen Corona für Kinder ab fünf Jahren rückt näher: Die EU-Arzneimittelbehörde Ema gab am Donnerstag grünes Licht für die europaweit erste Zulassung eines Impfstoffs auch in der Altersgruppe fünf bis elf Jahre. Bis das Kinder-Vakzin in Deutschland zur Verfügung steht, dauert es aber noch – und vorher sind wichtige Fragen zu klären, von Experten und von den Eltern.

Was hat die Ema entschieden?

Ein Expertenausschuss der Ema in Amsterdam empfahl am Donnerstag nach einer zweimonatigen Prüfung die Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer auch für Kinder von fünf bis elf Jahren. Bislang ist er in der EU erst ab zwölf Jahren freigegeben.

Eine gleichlautende Empfehlung für das Vakzin von Moderna wird in den nächsten Wochen erwartet. Die Ema bescheinigt dem Biontech-Impfstoff eine Wirksamkeit bei Kindern von 90,7 Prozent, also etwa so wie bei Erwachsenen.

Doch bis auch Kinder ab fünf nach einer Ema-Zulassung gegen Corona geimpft werden können, wird es Wochen dauern. Ein Grund ist, dass die Wirkstoffkonzentration in Dosen, die Älteren gespritzt werden, zu hoch ist für Kinder unter 12. Daher müssen erst Ampullen mit geringerem Impfstoffgehalt produziert werden. Nach Worten des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) werden alle EU-Staaten um den 20. Dezember die ersten Chargen bekommen. Deutschland werde in der Erstlieferung gut zwei Millionen Dosen erhalten. Damit lasse sich bei rund 4,5 Millionen Kindern in der Altersklasse die Erstnachfrage decken.

Kinderimpfung: Stiko-Empfehlung könnte dauern

Bis hingegen die Ständigen Impfkommission (Stiko) eine Empfehlung für eine Covid-Impfung ab fünf Jahren ausspricht, dürfte es deutlich länger dauern. Die Erfahrung lehrt, dass sich das Expertengremium von der Politik nicht drängen lässt. Von der Ema-Zulassung des Biontech-Impfstoffs für alle ab 12 Jahren Ende Mai bis zur Stiko-Empfehlung Mitte August vergingen zweieinhalb Monate.

Vermutlich wird die Stiko zunächst eine Empfehlung für Kinder mit schweren Vorerkrankungen aussprechen. Spahn will dagegen angesichts einer Verschärfung der Corona-Lage Tempo machen: Ab dem Moment der Zulassung sollen Kinder nach ärztlicher Beratung den Pieks erhalten können. Wenn eine Stiko-Empfehlung dazukomme, sei es „umso besser“, sagte Spahn. Voraussetzung ist es also nicht. Lesen Sie hier den Kommentar: Trotz steigender Infektionszahlen - Kein Impfdruck auf Kinder

Covid bei Kindern: „keine hohe Krankheitslast, kaum schwere Verläufe oder Todesfälle“

Mediziner sehen das anders. „Eine Stiko-Empfehlung heißt, dass der Nutzen der Impfung größer ist als das Risiko. Das wollen wir als Ärzte auch den Eltern sagen können“, sagte der Bundessprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, unserer Redaktion. Dies sei im Moment nicht gegeben. Aus medizinischer Sicht gebe es ohnehin keinen großen Druck, Kinder ab 5 Jahren gegen Covid-19 zu impfen. Es gebe keine hohe Krankheitslast und kaum schwere Verläufe oder Todesfälle, insofern gebe es keinen Grund, „hier Tempo zu machen“.

Maske betonte: „Wir sollten auch bei hohen Inzidenzen in dieser Altersgruppe ganz gelassen bleiben.“ Notwendig sei es vielmehr, die tatsächlich gefährdeten Gruppen zu impfen: die Älteren, die mit Impfdurchbrüchen, die Ungeimpften. Das gilt es nach Maskes Worten auch in Debatten über mögliche Schulschließungen und den daraus resultierenden psychosozialen Folgen für die Kinder zu beachten. „Bevor man eine Schule schließt, müssen erst alle anderen Mittel angewandt werden. Das heißt Impfung und zur Not auch Impfpflicht“, fordert der Kinderarzt. Eine Impfpflicht sei die weniger eingreifende Maßnahme verglichen mit Schulschließungen, „sie bringt weniger Schaden für Kinder und Jugendliche wie für Erwachsene“.

Schülervertreter hoffen indes, dass baldige Impfungen der Jüngeren einen geregelten Schulalltag ermöglichen. „Wir sprechen uns definitiv dafür aus, dass sich auch Kinder ab fünf Jahren so bald wie möglich gegen Covid-19 impfen lassen können“, sagte die Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, Katharina Swinka, unserer Redaktion. Gerade im Grundschulalter seien die Infektionszahlen sehr hoch. „Daraus folgt, dass viele Kontaktpersonen der ungeimpften Kinder in Quarantäne müssen. Das betrifft Mitschüler und Eltern.“ Impfungen würden allen mehr Sicherheit geben, „damit ein halbwegs geregelter Unterricht in der Klasse weiter stattfinden kann“.

Zugleich forderte Swinka Lehrerinnen und Lehrer auf, sich impfen zu lassen. „Lehrkräfte haben genauso eine Verantwortung gegenüber ihrem Umfeld und besonders gegenüber den Schülerinnen und Schülern, denen sie in der Klasse begegnen.“ Sie könne nicht verstehen, sie sich Lehrer „gegen eine Impfung entscheiden, gerade wenn sie in höherem Alter sind. Das ist für mich nicht nachvollziehbar“.

Biontech für Kinder: Erfahrungen in Israel und USA

In den USA hat der Impfstoff schon im Oktober eine Notfallzulassung erhalten. Jüngere Kinder bekommen dabei eine geringe Dosierung. Sie erhalten nur ein Drittel der Dosis, die Erwachsenen verabreicht wird, demzufolge zehn statt 30 Mikrogramm. Die Schutzwirkung beträgt laut Firma allerdings auch bei der jungen Zielgruppe 90,7 Prozent.

Am 15. November wurde das Vakzin auch in Israel für Kinder ab fünf Jahren zugelassen. In Österreich werden Kinder bereits vor der EMA-Zulassung mit Biontech-Pfizer geimpft. Im November hat auch Moderna die EU-Zulassung seines Impfstoffs in halber Dosierung für Sechs- bis Elfjährige beantragt. (mit ck)