Berlin. Einen Fahrplan für die Zeit der Pandemie liefern und die Infektionen besser erfassen – das ist Aufgabe der Regierung, meint Jan Dörner.

Zu Beginn des neuen Jahres herrscht in unserem Leben mit dem Coronavirus in seiner Omi­kron-Variante vor allem eins: Ungewissheit. Nach den Feiertagen steigen die Infektionszahlen aktuell wieder an. Dennoch weiß derzeit niemand genau, wie bedrohlich die Lage wirklich einzuschätzen ist.

Die neue Mutante bringt allerlei Ungewissheiten mit sich. Entdecken die gängigen Schnelltests die Variante noch einigermaßen zuverlässig? Wie viele Impfungen bieten Schutz gegen Omikron? Und ist bei leichterer Ansteckung immerhin mit meist milderen Verläufen als bisher zu rechnen? All diesen Fragen zu der erst vor wenigen Wochen entdeckten Virusvariante versuchen Wissenschaftler derzeit auf den Grund zu gehen.

Jan Dörner, Politik-Korrespondent.
Jan Dörner, Politik-Korrespondent. © Privat | Privat

Feiertage bringen Corona-Management durcheinander

Umso ärgerlicher ist es, dass in dieser Situation mit vielen Unklarheiten altbekannte Probleme den Kampf gegen das Virus zusätzlich erschweren. Zwei Jahre nach Beginn der Pandemie haben alles andere als überraschend im Kalender aufgetauchte Feiertage das Corona-Management durcheinander­gebracht – wieder einmal.

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Da rund um Weihnachten und Silvester weniger getestet worden ist und viele Gesundheitsämter die über die Feiertage entdeckten positiven Fälle nur schleppend weitergemeldet haben, gleicht die aktuelle Datenlage der Eisdecke auf einem frisch überfrorenen See: Sie ist brüchig und wenig verlässlich. Wie gefährlich es unter der sichtbaren Oberfläche ist, lässt sich nur erahnen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach geht sogar davon aus, dass die tatsächliche Zahl der Neuinfektionen aktuell bis zu dreimal höher sein könnte als die täglich gemeldeten offiziellen Fälle. Während man sich dem See aber fernhalten kann, um nicht in Gefahr zu geraten, ist dies in der aktuellen Phase der Pandemie keine Option. Das gilt besonders, wenn sich die Vorhersagen über eine explosionsartige Ausbreitung der Omikron-Variante bewahrheiten.

Erster Corona-Gipfel des neuen Jahres

Es sind schließlich Entscheidungen erforderlich, politische und persönliche. Eltern fragen sich etwa, ob sie ihren Nachwuchs nach dem Ende der Ferien guten Gewissens in Kindergärten und Schulen, zum Fußballtraining oder in den Schwimmkurs schicken können, ohne leichtfertig eine Ansteckung vor allem der ungeimpften Kinder zu riskieren.

Bund und Länder wollen am Freitag beim ersten Corona-Gipfel des neuen Jahres entscheiden, ob die Ausbreitung der Omikron-Variante eine Verschärfung der geltenden Corona-Regeln erforderlich macht. Die politisch Verantwortlichen hoffen, bis dann wieder einen verlässlichen Überblick über das Infektionsgeschehen im Land zu haben.

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Diskussion über Quarantänedauer nach einer Infektion

Auf der Tagesordnung der Beratungen steht ein heikler Punkt: Wird die Quarantänedauer nach einer Infektion mit dem Coronavirus offiziell auf nur noch wenige Tage verkürzt? Hintergrund ist die Sorge um einen Zusammenbruch unserer Infrastruktur, wenn Tausende Beschäftigte aus kritischen Bereichen zeitgleich erkrankt oder in häuslicher Quarantäne sein sollten. Eine Entscheidung darüber sollte nicht auf Grundlage löchriger Statistiken fallen.

Die Ampel-Regierung und die Verantwortlichen in den Bundesländern stehen somit vor zwei Herausforderungen. Erstens braucht es einen Fahrplan für die kommenden Monate der Pandemie, bis mit dem beginnenden Frühling hoffentlich die Infektionszahlen wieder sinken. Das schließt einheitliche Konzepte für den Schulbetrieb, den Handel oder die Gastronomie ein.

Zweitens muss mittelfristig die Infrastruktur zur Erfassung und Weitergabe von Infektionen verbessert werden. Denn eins ist sicher: Feiertage wird es auch in diesem Jahr wieder geben. Und – auch wenn es keiner mehr hören mag – das Coronavirus dürfte uns auch im kommenden Winter noch beschäftigen.