Berlin. Gesundheitsminister Lauterbach will die Quarantäne für Infizierte auf fünf Tage verkürzen. Die Isolation soll keine Pflicht mehr sein.

Keine Maskenpflicht beim Shopping, keine Impfnachweise im Restaurant – und bald auch keine zehntägige Quarantäne mehr für Infizierte? Der jüngste Vorschlag des Bundesgesundheitsministers reiht sich ein in die Beschlüsse der letzten Tage.

Deutschland verabschiedet sich in großen Schritten vom strengen Pandemieschutz. Der bislang so vorsichtige Karl Lauterbach verkündet jede Menge Lockerungen. Was sich jetzt ändern soll.

Corona: Kürzere Quarantäne für Infizierte

Wer sich infiziert hat, muss für mindestens zehn Tage in Isolation und kann sich frühestens am siebten Tag freitesten. Das gilt bislang. Lauterbach will nun die Dauer der Isolation generell auf fünf Tage verkürzen. Der Minister hat den zusammen mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) entwickelten Vorschlag jetzt an die Länder verschickt. Die Vorgaben zu Absonderungen seien in der aktuellen Welle nicht wirklich praktikabel, erklärte Lauterbach zur Begründung.

Dahinter steht unter anderem das Ziel, angesichts vieler Infektionen Personalausfälle vor allem in wichtigen Versorgungsbereichen zu vermeiden. Ähnlich hatte auch der Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, argumentiert: "Überall, auch in den Praxen, fallen gerade viele Mitarbeiter wegen einer Corona-Infektion aus." Obwohl sehr viele symptomfrei seien, fehlten sie mindestens zehn Tage im Betrieb.

Die Isolationsphase für Infizierte wird nicht nur verkürzt, sondern soll künftig auch nicht mehr verpflichtend sein: Vorgesehen ist stattdessen die Empfehlung, freiwillig Kontakte zu reduzieren und ab dem fünften Tag wiederholt Schnelltests zu machen. Eine formelle Anordnung des Gesundheitsamtes, die häufig jetzt schon nicht mehr erfolgt, soll entfallen.

Corona: Für wen gilt strenge Isolationspflicht?

Für Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Pflege dagegen soll die Fünf-Tage-Frist weiterhin formal angeordnet werden. Hier müssen Mitarbeiter, die die Isolation beenden wollen, dem Vorschlag nach vorher zudem 48 Stunden ohne Symptome sein und einen negativen Test vorlegen, der frühestens am fünften Tag abgenommen werden kann.

Auch die Quarantäne für Kontaktpersonen von Infizierten soll dem Vorschlag zufolge künftig nur noch fünf Tage dauern und muss nicht mehr eine "strenge Quarantäne" sein. Empfohlen werden soll, auch hier freiwillig Kontakte zu reduzieren und sich täglich zu testen.

Das Angebot kostenloser Schnelltests wird gleichzeitig bis in den Frühsommer verlängert. Die ursprünglich bis 30. März geltende Testverordnung, die auch diese "Bürgertests" regelt, bleibt vorerst bis einschließlich 29. Juni in Kraft.

Lauterbach fordert Quarantäne-Verkürzung: Ärztepräsident stimmt zu

Ärztepräsident Klaus Reinhardt begrüßte am Donnerstag Lauterbachs Vorschlag: "Trotz der aktuell hohen Infektionszahlen ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um die Isolations- und Quarantäneregeln zu lockern", sagte Reinhardt unserer Redaktion. Die Verkürzung auf fünf Tage sei ein pragmatischer Schritt, um die Personalsituation gerade in Gesundheits- und Pflegeberufen etwas zu entspannen.

Er setze allerdings voraus, dass die Betroffenen verantwortungsvoll handelten, ihre Kontakte reduzierten und sich den Vorgaben gemäß testen oder testen ließen. Eine Verkürzung erscheint auch aus wissenschaftlich-medizinischer Sicht vertretbar: Der Großteil der Infektionen unter Omikron verlaufe milder als unter der Vorgängervariante Delta.

Hinzu komme, dass die meisten Menschen aus den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen dreifach geimpft seien, manche sogar vierfach.

Infektionsschutzgesetz: In 14 von 16 Ländern nur noch Basisschutzmaßnahmen

Das Ende der strengen Corona-Schutzmaßnahmen an diesem Wochenende bedeutet dagegen für Lauterbach ein doppeltes Scheitern: Erst musste er sich den massiven Lockerungsforderungen der FDP beugen, dann gelang es ihm nicht, die Länder zu weitreichenden Hotspot-Beschlüssen zu überreden. Das Ergebnis ist bitter für den Epidemiologen: Nur zwei von 16 Bundesländern, die beiden SPD-regierten Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, haben die Option genutzt und bleiben unter anderem bei der Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen.

Andere Länder hatten moniert, dass die Anwendung der Hotspot-Regel wegen zu unsicherer rechtlicher Vorgaben im Infektionsschutzgesetz nicht möglich sei.

Grundsätzlich sieht das von der Ampelkoalition geänderte Gesetz ab diesem Sonntag nur noch wenige allgemeine Schutzvorgaben vor – etwa Masken in Kliniken, Pflegeheimen, Bussen und Bahnen. Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen rechnet mit einer erneut stärkeren Ausbreitung des Coronavirus.

Die höhere Mobilität in den Osterferien in Kombination mit dem verminderten Schutz durch Masken könne bedeuten, "dass wir damit diese Welle noch mal etwas verlängern, etwas mehr verschleppen", warnte Dahmen. Zu erwarten seien deswegen mehr Krankenhauseinweisungen und auch vermehrte Sterbefälle. "Der Preis ist also auch bei einer milderen Variante nach wie vor viel zu hoch."