Berlin. Der Chef der Kassenärzte fordert ein Ende der zehntägigen Corona-Isolation. Mediziner will Symptomfreie wieder zurück zur Arbeit holen.

Das politische Vorgehen in den Bundesländern nach dem Auslaufen der bisherigen Corona-Regeln ab 2. April ist weiter strittig: Vor allem die Möglichkeit der Länder, Hotspots zu definieren, in denen auch künftig strengere Pandemieauflagen gelten dürfen, sorgt für Diskussionen sowie für widersprüchliche Signale aus der Ampel.

So warnte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) die Bundesländer am Dienstag davor, sich allzu leichtfertig zu Corona-Hotspots zu erklären, um die Schutzmaßnahmen weiterführen zu können. Denn bei vorschneller Anwendung drohten ihnen Niederlagen im Falle einer gerichtlichen Anfechtung.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hingegen hatte den Ländern zuvor geraten, ausgiebig von der Hotspot-Regelung Gebrauch zu machen und dabei auch ganze Bundesländer zum Hotspot zu erklären. Eine Voraussetzung für strengere Regeln ist eine drohende Überlastung des Gesundheitswesens durch viele Corona-Fälle.

Corona-Infektion: Kassenärzte-Chef Gassen fordert Ende der zehntägigen Isolation

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, äußerte Zweifel, dass sich die Länder in Gänze rechtssicher zu Hotspots erklären könnten. Die Lage in den meisten Kliniken sei derzeit stabil, die Intensivstationen seien nicht pauschal überlastet, sagte er unserer Redaktion.

Es müsse regional konkret eine Überlastung des Gesundheitssystems drohen, die auch durch Nutzung der Ressourcen in benachbarten Regionen nicht abgewandt werden könne. Um die Personalsituation auch im Gesundheitsbereich zu entschärfen, fordert Gassen zugleich das Ende der Isolationspflicht für symptomfrei infizierte Personen.

Bars, Restaurants, Clubs und andere Betriebe des Gastro-Gewerbes waren durch die Corona-Pandemie lange Zeit geschlossen. Langsam geht es wieder los. Wie ist die Lage der Gastronomen? Und wo darf jetzt wieder gefeiert und geschlemmt werden? Alle Texte unseres Gastronomie-Schwerpunkts finden Sie hier.

Es sei „nicht mehr sinnvoll“, diese Menschen „in eine zehntägige Isolation zu schicken“, sagte der Mediziner und betonte: „Überall, auch in den Praxen, fallen gerade viele Mitarbeiter wegen einer Corona-Infektion aus.“ Obwohl sehr viele symptomfrei seien, fehlten sie mindestens zehn Tage im Betrieb. „Das ist aber eher Folge des geltenden Regelwerks als der Krankheitslast“, kritisierte Gassen.

Mediziner: Symptomfrei Infizierte sollen arbeiten dürfen

Die aktuellen Regeln ergäben keinen Sinn mehr bei einer Erkrankung, die in den allermeisten Fällen milde, also mit typischen Erkältungssymptomen verlaufe. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler, rief Gastwirte mit Blick auf den Wegfall der Maskenpflicht in Betrieben dazu auf, die Infektionsgefahr für ihre Beschäftigten so gering wie möglich zu halten.

„Schon aus eigenem Interesse sind die Arbeitgeber dringend aufgefordert, weiterhin alles zum Schutz ihrer Beschäftigten und Gäste zu tun“, sagte Zeitler unserer Redaktion. Bei einer korrekten Gefährdungsbeurteilung komme man angesichts der aktuellen Situation „nicht an Masken und Abstandsregelungen vorbei“. Zudem forderte er eine Beibehaltung der kostenlosen Corona-Tests in Betrieben.

Corona und Einzelhandel: "Schutz der Beschäftigten und Kunden am wichtigsten"

Mit Blick auf den Handel sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger dieser Redaktion: „Der Schutz der Beschäftigten sowie der Kundinnen und Kunden ist jetzt am Wichtigsten.“ Die Aufhebung der Maskenpflicht mache bei den hohen Infektionszahlen wenig Sinn. Wenn nun einzelne Unternehmen über die Maskenpflicht in ihren Geschäften entschieden, sei das unübersichtlich für die Kundschaft „und verstärkt den Eindruck von Planlosigkeit“.

Nutzenberger betonte: „Es wäre wünschenswert, wenn man sich bundesweit auf Regelungen einigen könnte, die die Beschäftigten sowie die Kundinnen und Kunden gleichermaßen schützen." Viele Beschäftigten machten sich derzeit große Sorgen. „Sie haben jetzt zwei Jahre lang in der Pandemie den Laden buchstäblich am Laufen gehalten und haben das Recht geschützt zu werden und gut und gesund durch die Pandemie zu kommen“, sagte Nutzenberger.