Berlin. Der Gesundheitsminister verweist auf die Daten aus Großbritannien. Geimpfte stecken sich dort öfter an. Was es damit auf sich hat.

Seit Ende November grassiert in Südafrika, aber auch zunehmend in Europa die Omikron-Variante und die Infektionszahlen steigen rasant. Der britische Premierminister Boris Johnson warnt bereits vor einer „Omikron-Flutwelle“. Die Variante breitet sich in Großbritannien mit „phänomenaler Geschwindigkeit aus, wie wir es noch nicht erlebt haben“, sagte Gesundheitsminister Sajid Javid dem Sender Sky News. Die Zahl der Neuinfektionen verdoppelt sich derzeit alle zwei bis drei Tage. Mindestens ein mit Omikron infizierter Patient sei gestorben, sagte Premier Johnson am Montag.

Diese Zahlen lassen auch den neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach aufhorchen. Der SPD-Politiker verweist im Kurznachrichtendienst Twitter auf den Tweet der britischen Professorin Christina Pagel von der University College London.

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Die Wissenschaftlerin und Mathematikerin erklärt, dass die Übertragungsrate von Omikron derzeit dreimal so hoch wie bei Delta sei. Grund dafür sei, dass sich sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte infizieren. Gegen eine Ansteckung seien Geimpfte bei der Delta-Variante besser geschützt gewesen als nun bei Omikron. Von den bisher erfassten Fällen in Großbritannien seien vielfach Geimpfte oder Genesene betroffen gewesen – also Menschen, bei denen bereits ein gewisser Immunschutz bestand.

Impfschutz nach der zweiten Dosis sinkt deutlich

Zumindest aber seien Geimpfte und vor allem Menschen mit einer Booster-Impfung bei Omikron nach den bisherigen Hinweisen wohl weiter vor einem schweren Covid-Verlauf geschützt.

Die UK-Daten zeigen jedoch, dass der Impfschutz nach der zweiten Dosis signifikant sinkt und so auch Omikron ein leichtes Spiel ermöglicht. Zu diesem Fazit kommt auch Karl Lauterbach in seinem Tweet: „Vier Monate nach der 2. Impfung dürften 2/3 des Impfschutzes vor symptomatischer Infektion weg sein.“

Lauterbach hält wegen Omikron eine sehr hohe Impfquote für erforderlich. Der Gesundheitsminister sieht zwar eine allmähliche Stabilisierung der Lage, da die Fallzahlen aber weiterhin viel zu hoch seien, „muss die Boosterkampagne verstärkt werden“, so Lauterbach am Montag auf Twitter.

Omikron in wenigen Wochen in ganz Europa dominant

Experten gehen davon aus, dass die Omikron-Variante europaweit in zwei bis drei Wochen dominant sein wird. „Im Moment ist Omikron in Europa noch selten“, sagte Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel (Schweiz), in einem am Montag auf der Webseite der Universität veröffentlichten Interview. „Aber wenn die Entwicklung so weitergeht, wird Omikron in etwa zwei bis vier Wochen in Europa vorherrschend sein.“ Auch Daten aus Dänemark legten nahe, dass sich die Zahl der Omikron-Ansteckungen alle drei bis vier Tage verdoppele.

Die Impfstoffhersteller Biontech und Pfizer haben bereits Studienergebnisse veröffentlicht, wonach ihr Impfstoff nach der Boosterimpfung effektiv gegen die Omikron-Variante wirkt. Nur zwei Dosen weisen aber deutlich geringere sogenannte Neutralisierungstiter gegen Omikron auf. Biontech-Chef Uğur Şahin plädiert deswegen für frühere Boosterimpfungen, womöglich schon nach drei Monaten.

Nach Erkenntnissen der Weltgesundheitsorganisation WHO tritt Omikron inzwischen in fast 60 Ländern auf. (aju/dpa)