Berlin. Die Niederlande und Dänemark beschließen scharfe Maßnahmen wegen der Omikron-Variante. Kommen Kontaktbeschränkungen auch in Deutschland?

Während in Deutschland mancherorts die Weihnachtsmärkte weiter geöffnet sind und ein Teil der Spiele in der 1. und 2. Fußball-Bundesliga am Wochenende vor Zuschauern ausgetragen wurde, fahren Nachbarstaaten wie Dänemark das öffentliche Leben wieder drastisch herunter.

Die Niederlande haben einen strengen Lockdown verhängt, um die Ausbreitung der ansteckenderen Omikron-Variante des Coronavirus zu stoppen. Die Bundesregierung erklärte Großbritannien zum Virusvariantengebiet, da Omikron sich dort bereits rasend schnell verbreitet hat. In London hat sich die neue Variante in den vergangenen vierzehn Tagen explosionsartig ausgebreitet. Lesen Sie dazu: Sorge vor Omikron - Wo die Regeln in Europa verschärft werden

Damit gelten auch für Geimpfte und Genesene strenge Einreiseregeln nach der Rückkehr aus Großbritannien – einschließlich einer zweiwöchigen Quarantäne, die nicht durch einen negativen Test verkürzt werden kann. „Die Einreise sicherer zu machen hilft, damit sich die Omikron-Variante nicht so schnell ausbreitet“, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Verhindern können wir die Verbreitung nicht, nur verzögern.“

Corona: Experte rät von Reisen über die Feiertage ab

Wie Reisen die Verbreitung des Virus möglicherweise begünstigen kann, zeigt der Fall eines Kreuzfahrtschiffes, das wegen mehrerer Corona-Fälle an Bord seine Fahrt am Sonntag vorzeitig auf Gran Canaria beendete. Betroffen waren 300 Passagiere, wie das Unternehmen Tui Cruises mitteilte. Für etwa 1300 weitere Passagiere war die Reise ohnehin planmäßig beendet.

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen rief dazu auf, Reisen über die Feiertage zu vermeiden. „Wir alle wissen, dass viele persönliche Kontakte und eine hohe Mobilität gerade beim Aufkommen neuer Virusvarianten die Lage verschlimmern können“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag unserer Redaktion. „Insofern ist gerade jeder Mensch in Europa aufgerufen, auch in eigener Verantwortung Kontakte zu reduzieren und sich bei allen Reisen zu fragen, ob diese unbedingt erforderlich sind.“

Das Kreuzfahrtschiff
Das Kreuzfahrtschiff "Mein Schiff 4". Aufgrund mehrerer Corona-Fälle während einer aktuellen Reise müssen alle Passagiere das Schiff verlassen. (Archivbild) © Carsten Rehder/dpa

Weihnachten: Kommen Kontaktbeschränkungen wegen Corona?

Die strengen Maßnahmen in den Niederlanden und in Dänemark gegen die Ausbreitung der Omikron-Variante haben eine Debatte ausgelöst, ob auch in Deutschland noch vor Weihnachten strengere Maßnahmen nötig sind, um die Ausbreitung der Virusvariante zu bremsen. „Nach allen Berechnungen wird Omikron spätestens Ende Januar die vorherrschende Variante sein“, sagte der Vizevorsitzende der Unionsfraktion, Sepp Müller (CDU), unserer Redaktion. „Im schlimmsten Fall werden wir bis zu 700.000 Neuinfektionen pro Tag haben.“ Deswegen dürfe es nun „keine Denkverbote“ geben.

Der Grünen-Politiker Dahmen wies darauf hin, dass die strengen niederländischen Regeln für die Personenanzahl bei privaten Treffen auch in Deutschland rechtlich möglich seien, würden hierzulande bisher aber nur auf lokaler Ebene umgesetzt. In den Niederlanden darf nach den neuen Regeln jeder Haushalt nur noch zwei Gäste empfangen. Nur über Weihnachten und zum Jahreswechsel sind bis zu vier Besucher erlaubt. Der Lockdown soll zunächst bis zum 14. Januar gelten.

Omikron: Expertenrat empfiehlt Kontaktbeschränkungen

Denkbar sind ähnliche Maßnahmen noch vor Weihnachten auch in Deutschland. Am Sonntagabend verabschiedete der neue wissenschaftliche Corona-Expertenrat eine Stellungnahme: Es bestehe „Handlungsbedarf bereits für die kommenden Tage“, heißt es in dem Dokument, das unserer Redaktion vorlag. „Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten“, raten die Experten, „insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen.“ Lesen Sie dazu: Diese Corona-Regeln gelten an Weihnachten und Silvester

Die aktuellen Maßnahmen müssten „noch stringenter“ fortgeführt und die Impfkampagne „erheblich intensiviert“ werden: „Die Boosterimpfungen, wie auch die Erst- und Zweitimpfungen, müssen auch über die kommenden Feiertage mit allen verfügbaren Mitteln fortgesetzt und weiter beschleunigt werden.“

Corona: Experten raten zu Vorsicht an Weihnachten

Vor den Feiertagen mahnen die Experten zudem die Bürger zu großer Vorsicht: „Neben den notwendigen politischen Entscheidungen muss die Bevölkerung intensiv zur aktiven Infektionskontrolle aufgefordert werden.“ Dazu gehöre die Vermeidung größerer Zusammenkünfte, das Tragen von FFP2-Masken besonders in Räumen sowie „der verstärkte Einsatz von Schnelltests bei Zusammenkünften vor und während der Festtage“.

Bund und Länder hatten sich Anfang Dezember darauf verständigt, das neue wissenschaftliche Expertengremium im Kanzleramt einzurichten. Die Runde trifft keine Entscheidungen, sondern gibt Empfehlungen. Dem Rat gehören der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, der Leiter des Virologischen Instituts der Uniklinik Bonn, Hendrik Streeck, und der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, an.

Lauterbach versicherte in der ARD: „Einen Lockdown wie in den Niederlanden vor Weihnachten, den werden wir hier nicht haben.“ Die fünfte Infektionswelle werde aber kommen. „Der müssen wir begegnen.“ Bund und Länder beraten am Dienstag über die Corona-Lage. Das vereinbarten Kanzler Olaf Scholz (SPD) und der Chef der Ministerpräsidentenkonferenz, NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), am Sonntagabend.