Euskirchen. Die Steinbachtalsperre ist gesichert. Das ist vor allem einem Baggerfahrer zu verdanken, der über seinen gefährlichen Einsatz berichtet.

  • Das Hochwasser bedrohte die Steinbachtalsperre in Nordrhein-Westfalen
  • Dass sie den Wassermassen standhielt, lag auch am beherzten Eingreifen eines Baggerfahrers
  • Ein Abfluss an der Steinbachtalsperre verstopfte - 18 Meter unter dem Wasserspiegel. Der Mann riskierte sein Leben

Einige Tage nach der Flutkatastrophe in Teilen Deutschlands gibt es immerhin einen Grund zum Aufatmen: Die tagelang vom Hochwasser bedrohte Steinbachtalsperre in der Nähe von Euskirchen scheint zu halten. Ein Dammbruch ist nicht mehr zu befürchten, teilten die Behörden mit. Bewohnerinnen und Bewohner umliegender Orte konnten zurück in ihre Häuser.

Der 68-jährige Hubert Schilles riskierte im Hochwasser sein Leben, um an der Steinbachtalsperre zu helfen.
Der 68-jährige Hubert Schilles riskierte im Hochwasser sein Leben, um an der Steinbachtalsperre zu helfen. © Privat | Privat

Das ist vor allem mutigen Menschen wie Hubert Schilles zu verdanken. Er hat mit seinem Bagger den Abfluss der Steinbachtalsperre freigeräumt und brachte sich dabei selbst in Lebensgefahr. „Man hat mich angerufen, mit der Frage, ob es eine Möglichkeit gibt, dort reinzufahren. Mit dem Hinweis, dass ich wissen muss, was auf mich zukommt. Weil das lebensgefährlich ist“, berichtet der 68-Jährige in einem Interview mit der „FAZ“.

Schilles ist Geschäftsführer eines Tiefbauunternehmens aus der Region. Für ihn sei klar gewesen, dass er den Auftrag an der Steinbachtalsperre selbst ausführt. „Ich kann dieses Risiko doch keinem zumuten, da reinzufahren. Mir war bewusst, was ich mache.“ Angst habe der 68-Jährige nicht gehabt, sagt er, sein Glaube an Gott habe ihm Kraft gegeben.

Unwetter in Deutschland: Zerstörte Häuser, reißende Flüsse

Die Flut hat die Front eines Wohnhauses in Altenahr (Rheinland-Pfalz) komplett fortgerissen. Zahlreiche Häuser in dem Ort wurden komplett zerstört oder stark beschädigt.
Die Flut hat die Front eines Wohnhauses in Altenahr (Rheinland-Pfalz) komplett fortgerissen. Zahlreiche Häuser in dem Ort wurden komplett zerstört oder stark beschädigt. © Boris Roessler/dpa | Boris Roessler/dpa
Die Flut hat die Front eines Wohnhauses in Dernau (Rheinland-Pfalz) komplett fortgerissen. Zahlreiche Häuser in dem Ort wurden komplett zerstört oder stark beschädigt.
Die Flut hat die Front eines Wohnhauses in Dernau (Rheinland-Pfalz) komplett fortgerissen. Zahlreiche Häuser in dem Ort wurden komplett zerstört oder stark beschädigt. © Boris Roessler/dpa | Boris Roessler/dpa
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) besucht den schwer betroffenen Ort Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) besucht den schwer betroffenen Ort Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz. © Thomas Frey/dpa | Thomas Frey/dpa
Spur der Verwüstung nach dem Hochwasser: Ein beschädigtes Wohnhaus in Marienthal im Landkreis Ahrweiler.
Spur der Verwüstung nach dem Hochwasser: Ein beschädigtes Wohnhaus in Marienthal im Landkreis Ahrweiler. © imago images/Hannes P. Albert
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verschafft sich ein Bild vom Ausmaß der Flutkatastrophe in Schuld im Ahrtal, hier an der Seite von Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz (SPD).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verschafft sich ein Bild vom Ausmaß der Flutkatastrophe in Schuld im Ahrtal, hier an der Seite von Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz (SPD). © imago images/Eibner
In Bad Neuenahr-Ahrweiler herrscht nach dem Hochwasser Chaos.
In Bad Neuenahr-Ahrweiler herrscht nach dem Hochwasser Chaos. © imago images/Hannes P. Albert
Ein Mann sitzt in Insul, Rheinland-Pfalz auf einem umgestürzten Betstock. Im Bundesland kamen neun Bewohnende einer Behinderteneinrichtung ums Leben – sie konnten nicht schnell genug gerettet werden.
Ein Mann sitzt in Insul, Rheinland-Pfalz auf einem umgestürzten Betstock. Im Bundesland kamen neun Bewohnende einer Behinderteneinrichtung ums Leben – sie konnten nicht schnell genug gerettet werden. © dpa | Boris Roessler
Rheinland-Pfalz, Altenahr: Wohnwagen hängen an der Ahrbrücke in Altenahr. Starkregen führte zu extremen Überschwemmungen. Wohnwagen hängen an der Ahrbrücke in Altenahr.
Rheinland-Pfalz, Altenahr: Wohnwagen hängen an der Ahrbrücke in Altenahr. Starkregen führte zu extremen Überschwemmungen. Wohnwagen hängen an der Ahrbrücke in Altenahr. © dpa | Thomas Frey
Schweres Gerät der Bundeswehr bei einem Räumeinsatz in Aachen.
Schweres Gerät der Bundeswehr bei einem Räumeinsatz in Aachen. © dpa | Dagmar Roeger
Ein Regionalzug steht im Bahnhof von Kordel, Rheinland-Pfalz, im Wasser. Bereits am Mittwoch war der Strom ausgefallen, die Bahn blieb liegen.
Ein Regionalzug steht im Bahnhof von Kordel, Rheinland-Pfalz, im Wasser. Bereits am Mittwoch war der Strom ausgefallen, die Bahn blieb liegen. © dpa | Sebastian Schmitt
Aufräumarbeiten in Biersdorf am See, nahe Bitburg.
Aufräumarbeiten in Biersdorf am See, nahe Bitburg. © AFP | Sebastian Bozon
Olaf Scholz ( l-r), Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat, Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Innenminister Roger Lewentz (alle SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz, informieren sich über die Folgen der Überflutungskatastrophe.
Olaf Scholz ( l-r), Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat, Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Innenminister Roger Lewentz (alle SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz, informieren sich über die Folgen der Überflutungskatastrophe. © dpa | Thomas Frey
Trier: Das Klinikum Mutterhaus Ehrang steht unter Wasser und wurde komplett notevakuiert.
Trier: Das Klinikum Mutterhaus Ehrang steht unter Wasser und wurde komplett notevakuiert. © dpa | Sebastian Schmitt
Nordrhein-Westfalen, Swisttal: Straßen im Ortsteil Heimerzheim sind überflutet.
Nordrhein-Westfalen, Swisttal: Straßen im Ortsteil Heimerzheim sind überflutet. © dpa | Marius Becker
Zerstörung im Ort Schuld, Kreis Ahrweiler:
Zerstörung im Ort Schuld, Kreis Ahrweiler: "Sieht aus wie im Krieg". © AFP | Bernd Lauter
 Personen werden mit einem Bagger und einem Boot aus einem überfluteten Teil der Stadt Trier gerettet.
Personen werden mit einem Bagger und einem Boot aus einem überfluteten Teil der Stadt Trier gerettet. © dpa | Sebastian Schmitt
Die Wupper tritt in Wuppertal aus ihrem Flussbett. Teile der Innenstadt sind überflutet. 

Eine Katastrophe konnte laut der Feuerwehr im Oberbergischen Kreis abgewendet werden: Kurzzeitig drohte die Wuppertalsperre unkontrolliert überzulaufen, was zu noch höheren Pegelständen geführt hätte. Gegen vier Uhr morgens am Donnerstag meldete die Polizei laut Radio Wuppertal eine
Die Wupper tritt in Wuppertal aus ihrem Flussbett. Teile der Innenstadt sind überflutet. Eine Katastrophe konnte laut der Feuerwehr im Oberbergischen Kreis abgewendet werden: Kurzzeitig drohte die Wuppertalsperre unkontrolliert überzulaufen, was zu noch höheren Pegelständen geführt hätte. Gegen vier Uhr morgens am Donnerstag meldete die Polizei laut Radio Wuppertal eine "leichte Entwarnung" für die Flutgefahr in der Stadt. © Fabian Strauch/dpa
Im nordrhein-westfälischen Altena starb ein Feuerwehrmann bei der Rettung eines Mannes. Der Ort ist an noch an vielen Stellen überflutet.
Im nordrhein-westfälischen Altena starb ein Feuerwehrmann bei der Rettung eines Mannes. Der Ort ist an noch an vielen Stellen überflutet. © Marc Gruber/7aktuell.de /dpa
Ein Anwohner betrachtet in Hagen die Schäden, die die Überflutung der Nahma angerichtet hat.
Ein Anwohner betrachtet in Hagen die Schäden, die die Überflutung der Nahma angerichtet hat. © Roberto Pfeil/dpa
In Esch, einem kleinen Ohr im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz, haben sich die Straßen des Ortes in reißende Ströme verwandelt.
In Esch, einem kleinen Ohr im Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz, haben sich die Straßen des Ortes in reißende Ströme verwandelt. © Thomas Frey/dpa
Im Ahrtal, nahe dem Ort Mayschoss, errichteten Feuerwehrleute eine Sperrwand aus Holz. Sie soll verhindern, dass das Hochwasser in den Ort läuft.
Im Ahrtal, nahe dem Ort Mayschoss, errichteten Feuerwehrleute eine Sperrwand aus Holz. Sie soll verhindern, dass das Hochwasser in den Ort läuft. © Thomas Frey/dpa
In Hagen sorgte der Starkregen für chaotische Zustände. Helferinnen und Helfer mussten im Ortsteil Hohenlimburg ein Altenheim evakuieren.
In Hagen sorgte der Starkregen für chaotische Zustände. Helferinnen und Helfer mussten im Ortsteil Hohenlimburg ein Altenheim evakuieren. © Dieter Menne/dpa
Im Ort Beller (Kreis Ahrweiler) sichern Helfer des THW die Stützmauer einer Brücke der Autobahn 61. Die Stützmauer wurde von den Regenmassen unterspült und stürzte ein.
Im Ort Beller (Kreis Ahrweiler) sichern Helfer des THW die Stützmauer einer Brücke der Autobahn 61. Die Stützmauer wurde von den Regenmassen unterspült und stürzte ein. © Thomas Frey/dpa
Mit einem Bergepanzer versucht die Bundeswehr, die Schäden nach der Überflutung Hagens zu beseitigen. Das Flüsschen Nahma war am Mittwochabend über die Ufer getreten und hatte Teile der Stadt verwüstet.
Mit einem Bergepanzer versucht die Bundeswehr, die Schäden nach der Überflutung Hagens zu beseitigen. Das Flüsschen Nahma war am Mittwochabend über die Ufer getreten und hatte Teile der Stadt verwüstet. © Roberto Pfeil/dpa
In Köln erreichte der Rhein Pegelstände von über fünf Metern - und das Wasser könnte noch weiter steigen. Viele Keller sind vollgelaufen, viele Straßen überflutet.
In Köln erreichte der Rhein Pegelstände von über fünf Metern - und das Wasser könnte noch weiter steigen. Viele Keller sind vollgelaufen, viele Straßen überflutet. © Marius Becker/dpa
Hochwassereinsatz in Aachen
Hochwassereinsatz in Aachen © dmp Press/dpa | Ralf Roeger
1/26

Steinbachtalsperre: Baggerfahrer in Lebensgefahr

Die Wand an der Talsperre ist laut Schilles 18 Meter hoch. Aufgrund des Unwetters verstopfte ein Ausfluss an der Bodenseite, sodass das Wasser nicht mehr ablaufen konnte. „Deshalb stand ich unten am Auslaufrohr, 18 Meter unter dem Wasserspiegel, und habe das Rohr freigemacht“, berichtet der Baggerfahrer. Wäre der Damm gebrochen, hätte es keine Überlebenschance für ihn gegeben.

Doch die Mission glückte. Am Donnerstag, den 15. Juli um 18:31 Uhr, floss wieder Wasser aus dem Rohr. Durch den Abfluss konnten dann 6000 Liter pro Sekunde abfließen – dennoch blieb die Lage noch tagelang angespannt. Inzwischen besteht laut Behörden allerdings keine akute Gefahr mehr an der Steinbachtalsperre.

Schilles und seine Mitarbeiter helfen derzeit mit ihren Bau-Fahrzeugen im Katastrophengebiet und transportieren Müll zur Deponie. „Kostenlos natürlich“, so der Geschäftsführer. Das sei für ihn Ehrensache. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet lobte Schilles bei seinem Besuch an der Steinbachtalsperre. Zivilcourage im Moment der Not habe geholfen, dass es nicht zu einer weiteren Katastrophe gekommen sei.

Lesen Sie hier, wie Sie jetzt für Betroffene des Hochwassers spenden können.

(amw)

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von einem externen Anbieter, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung