Berlin. RKI-Chef Wieler und Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) erwarten eine neue Corona-Welle. Weshalb Omikron zur Herausforderung wird.

Die Corona-Fallzahlen in Deutschland sinken langsam, doch von einer Entspannung kann keine Rede sein: Expertinnen und Experten rechnen damit, dass die Omikron-Variante schon in kurzer Zeit für einen rapiden Anstieg sorgen wird – und damit die fünfte Welle bereits vor der Tür steht. Nun hat Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), in einem "Spiegel"-Interview vor der nächsten Welle gewarnt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat ebenfalls den Ernst der Lage betont.

Lauterbach warnt: "Massive fünfte Welle"

"Ich gehe von einer massiven fünften Welle aus", erklärte Lauterbach am Freitag in Hannover. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Omikron-Welle, vor der wir stehen, die wir aus meiner Sicht nicht verhindern können, eine massive Herausforderung wird für unsere Krankenhäuser, für unsere Intensivstationen, aber auch für die Gesellschaft in der Gänze."

Lauterbach sagte weiter: "Wir müssen uns hier auf eine Herausforderung einstellen, die wir in dieser Form noch nicht gehabt haben." Was in Großbritannien derzeit beobachtet werde, übertreffe alles, was in der Pandemie bisher beobachtet worden sei, sagte Lauterbach unter Berufung auf Gespräche mit britischen Expertinnen und Experten. Deshalb seien Auffrischungsimpfungen nun besonders wichtig.

Wieler: Fünfte Corona-Welle flach halten

Wieler betonte im Interview mit "Spiegel", dass es im Moment vorrangig sei, die vierte Welle zu brechen. Aber er warnte zugleich: "Die fünfte Welle wird kommen." Ziel sei es, diese Omikron-Welle, "so flach wie möglich" zu halten – und zwar einerseits durch "impfen, impfen, impfen", aber auch durch Reduktion von Kontakten, die Absage von Großveranstaltungen, das Schließen von Clubs und konsequente 2G-Regeln in Restaurants. Besonders hoher Schutz sei in Alten- und Pflegeheimen nötig. Eine Lockerung der Corona-Regeln angesichts der aktuell sinkenden Zahlen wäre "falsch".

Auch das Thema Impfpflicht wurde im Interview angeschnitten: Diese würde nicht schnell genug dabei helfen, die fünfte Welle zu brechen, erklärte Wieler. Zudem solle eine entsprechende Pflicht "das letzte Mittel sein, wenn alle anderen ausgeschöpft sind": "Ich glaube, dass es immer noch der bessere Weg ist, die Menschen davon zu überzeugen, sich impfen zu lassen", betonte der RKI-Chef.

Er habe den Eindruck, dass man viele Verunsicherte noch erreichen könne. Letztendlich seien "Leben und Gesundheit von Millionen Menschen" allerdings "ein höheres Gut als der Schutz Einzelner vor einer Injektion".

Corona: Immunität der Bevölkerung ist Ziel

Auf die Frage, wann die Pandemie besiegt sein könnte, antwortete der RKI-Chef: "Wenn jeder mit dem Virus in Kontakt gekommen ist und eine Immunität hat, entweder durch Impfung oder Infektion." Dann gebe es einen Übergang in einen endemischen Zustand. "Das Virus wird zwar nach wie vor zirkulieren, aber die Krankheitsverläufe und die Wellen werden nicht mehr so groß sein." Der Anteil der Erkrankten und die Zahl der Todesfälle werde dann deutlich geringer ausfallen.

Wieler betonte in diesem Zusammenhang, dass es besser sei, die Immunität durch die Corona-Impfung zu erzielen als durch eine Infektion. Komplikationen wie Long Covid würden häufig vergessen. "Die Immunität der Bevölkerung, das ist das Ziel. Auch für die ganze Welt, das müssen wir uns vor Augen halten", erklärte er.

Auch regelmäßiges Boostern könne dann nur noch für bestimmte Menschen nötig sein: "Nach meiner Vorstellung wird es irgendwann ausreichen, dass nur noch bestimmte Risikogruppen geimpft werden", sagte Wieler. Dazu zählten etwa Menschen in hohem Alter, Vorerkrankte oder Schwangere. "Aber wann das so weit sein wird, vermag noch niemand zu sagen." (raer)