Santa Cruz de Tenerife. Ein deutscher Auswanderer soll in einer Höhle seinen Sohn und seine Frau zu Tode geprügelt haben. Ihm droht eine lebenslange Haft.

Das Drama bewegte tagelang Spanien und Deutschland: Der deutsche Auswanderer Thomas H. soll 2019 seine Frau Silvia (39) und seinen 10-jährigen Sohn Jakob in einer Höhle auf Teneriffa zu Tode geprügelt haben. Ein weiterer Sohn, der damals sieben Jahre alt war, konnte fliehen und die Polizei alarmieren.

Nun begann auf der spanischen Kanareninsel der Prozess gegen den Deutschen, der aus dem Bundesland Sachsen-Anhalt stammt. Der Staatsanwalt fordert für ihn lebenslänglich.

Der Angeklagte erschien im schwarzen Jackett und mit kahl geschorenem Kopf vor dem Strafgericht in der Inselhauptstadt Santa Cruz de Tenerife. Er wirkte ruhig, versteckte sich nicht und schaute selbstbewusst in die Kameras der Medienvertreter.

Anwalt will auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren

Gleich zu Beginn überraschte sein Anwalt Alberto Suárez mit der Ankündigung, dass Thomas H. während der Verhandlung sein langes Schweigen brechen werde. Der heute 46-Jährige Angeklagte wolle dem Richter und den neun Geschworenen erzählen, „was wirklich geschah”.

Seit seiner Festnahme am 23. April 2019 hatte sich H. gegenüber den Ermittlern geweigert, Angaben zur Tat zu machen.

Wenig später schilderte H. seine Version der Dinge. Und diese lautet so: Er habe sich am Tag der Tat in einem Zustand geistiger Verwirrung befunden, was er mit starken Schmerzmedikamenten in Verbindung brachte, die er wegen eines Rückenleidens genommen habe. „Ich war mir der Dinge, die geschahen, nicht bewusst“, sagte er. „Ich dachte, dies sei ein Albtraum.“ Er habe niemanden töten wollen.

Die Vorwürfe gegen H. wiegen schwer. Der Staatsanwalt sieht den Tatbestand des doppelten Mordes und – im Falle des überlebenden Sohnes – des Mordversuchs als erfüllt an.

Thomas H. lockte Familie unter Vorwand in Höhle

Thomas H. soll am Ostermontag des Jahres 2019 seine deutsche Frau und seine beiden Kinder bewusst in eine Höhle in den Bergen Teneriffas gelockt haben, um sie dort zu töten, heißt es in der Anklageschrift.

Dabei habe H. seine Familie unter dem Vorwand in die Höhle geführt, dass er dort Ostergeschenke versteckt habe. Das Ganze sei ein „genauestens geplanter Akt” gewesen, um seine Frau und seine Kinder umzubringen.

H.‘s Ehefrau Silvia lebte zu dieser Zeit bereits mehrere Jahre getrennt von ihrem Mann. Sie wohnte mit den Kindern im sachsen-anhaltischen Halle. Er wohnte seit 2017 im südlichen Teneriffa-Ferienort Adeje.

Einen Tag vor dem Verbrechen waren Frau und Kinder mit dem Flugzeug auf die Insel gekommen, um H., der gebürtig aus der ostdeutschen Stadt Wittenberg stammt, zu besuchen – so wie sie es auch schon zuvor mehrere Male gemacht hatten.

Siebenjähriger Sohn konnte vor Vater fliehen

Die weiteren Details, welche die Ermittlungsrichterin Sofía Román über die Tat in der Höhle zusammentrug, gleichen einem Horrorbericht: „Er griff überraschend seine Frau an, verpasste ihr viele und heftige Schläge.“

Als sie zu Boden gegangen sei, hab er ihr mit einem Stein auf den Kopf geschlagen. „Der 10-jährige Sohn hat vergeblich versucht, seine Mutter zu verteidigen.“ H. habe dann auch auf ihn eingeprügelt und ihm ebenfalls den Schädel mit einem Stein eingeschlagen. Nur der damals sieben Jahre alte Sohn, den der Vater ebenfalls habe töten wollen, konnte sein Leben retten.

„Renn schnell weg”, soll ihm sein älterer Bruder noch zugerufen haben. So berichtete es eine spanische Anwohnerin, die den verängstigten Kleinen auf einer Landstraße vier Kilometer von der Höhle entfernt fand. Sie und eine weitere Nachbarin, eine Holländerin, kümmerten sich um den Kleinen und alarmierten die Polizei.

Dank der Angaben des Jungen konnten die Beamten den Vater schon wenige Stunden später in seiner Wohnung in Adeje ausfindig machen. Im Ermittlungsbericht heißt es dazu: „Nachdem er sich seiner blutbefleckten Kleidung entledigt, gewaschen und umgezogen hatte, legte er sich schlafen – bis ihn dann, gegen 19 Uhr, die Polizei aus dem Bett holte.“

Gericht verlangt 500.000 Euro Entschädigung für Sohn und Eltern

Da sich H. „weigerte, mit den Behörden zusammenzuarbeiten“ und zu enthüllen, wo sich seine Frau und der ältere Sohn befanden, lief eine aufwendige Suchaktion an. Hubschrauber, Hundestaffeln und eine Hundertschaft von Helfern durchkämmten das Berggelände, das in der Nähe der unter Ausflüglern beliebten Höllenschlucht liegt.

Einen Tag nach der Bluttat wurden dann von einem Einheimischen die beiden Leichen in der Höhle entdeckt.

Sollte das Gericht dem Strafantrag des Staatsanwaltes folgen, droht H. eine jahrzehntelange Haftstrafe, die frühestens nach 25 Jahren hinsichtlich haftmildernder Gründe überprüft werden kann. Zudem fordert der Ankläger, dass H. den überlebenden Sohn und die Eltern der getöteten Mutter mit insgesamt 500.000 Euro entschädigt.