Berlin. Die Bundestagsabgeordnete ist unzufrieden mit dem Kurs der AfD. Jetzt zieht Cotar Konsequenzen – das ist der Grund für den Austritt.

Die hessische AfD-Bundestagsabgeordente Joana Cotar ist aus der Partei und der Bundestagsfraktion ausgetreten. Dieser Schritt sei ihr "nach fast zehn Jahren nicht leichtgefallen", erklärte Cotar am Montag. "Schließlich habe ich die Partei in Hessen mit aufgebaut."

Auf ihrer Website veröffentlichte Cotar, die zur gemäßigten Strömung in der Partei zählt und zwischenzeitlich Mitglied im Bundesvorstand war, eine längere Erklärung zu ihrem Austritt. Darin rechnet die 49-Jährige vor allem mit dem außenpolitischen Kurs der selbsternannten Alternative für Deutschland ab.

Die AfD habe in der Vergangenheit "mehrfach rote Linien" überschritten, schrieb Cotar. Dazu zählte sie die "Anbiederung an die diktatorischen und menschenverachtenden Regime in Russland, China und jetzt auch den Iran", den "Opportunismus und das Dauermobbing im Kampf um Posten und Mandate" sowie "den Aufbau korrupter Netzwerke in der Partei". Die Alternative sei zu einer "Altpartei geworden". Mehr zum Thema: Tiktok-Panne: Verrät die AfD hier, was sie wirklich denkt?

AfD kuschelt mit Russland

Außerdemkritisierte Cotar "die große Nähe führender AfD-Funktionäre zum Präsidenten der Russischen Föderation", Wladimir Putin. Dies wolle und werde sie nicht mehr mittragen.

Der Russland-Kurs der AfD war seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs auch innerparteilich immer wieder in die Kritik geraten. Parteichef Tino Chrupalla hatte etwa von "berechtigten Sicherheitsinteressen Russland" gesprochen. Lieferungen schwerer Waffen an Kiew bezeichnete er als "wirklich schweren Fehler".

Dazu schreibt Cotar, sie stehe für eine Politik, die anderen Staaten ihre Souveränität nicht aberkenne, "wenn sie sich gegen den Überfall durch ein verbrecherisches Regime wehren." Lesen Sie auch: Niedersachsen-Wahl: AfD nutzt Inflationsangst für Comeback

Cotar: Rechtsaußen-Rand "nicht das Problem"

Den zunehmenden Rechtsruck in der Partei sieht Cotar weniger problematisch. Der extreme Rechtsaußen-Rand der AfD sei nicht das Problem, "der war immer in der Minderheit". Wie sie zu dieser Einschätzung kommt, sagte Cotar nicht. Zwar hat die Partei mit dem brandenburgischen Abgeordneten Andreas Kalbitz einen ihrer lautesten Rechtsaußen inzwischen vom Hof gejagt.

An seine Stelle trat dafür aber der jüngst wieder zum thüringischen AfD-Chef gewählte Björn Höcke. Die Landespartei ist vom Verfassungsschutz als gesichert extremistische Bestrebung eingestuft. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, bezeichnete Höcke als Rechtsextremisten. Dem ZDF sagte Haldenwang im Sommer zudem, Höckes Machtposition sei "nochmals gewachsen".

Höcke, gegen den derzeit wegen Volksverhetzung ermittelt wird, will 2024 in Thüringen als Spitzenkandidat für die Landtagswahl antreten. Dass er sich damit begnügen wird, steht nicht zu erwarten. Vielmehr dürfte Höcke nach der Macht in der Bundespartei greifen.

AfD-Fraktion schrumpft immer weiter

Trotz ihres Austritts wird Cotar weiterhin im Bundestag bleiben. "Ich stand und stehe für eine konstruktive, freiheitlich-konservative Politik auf Basis des Grundgesetzes", erklärte Cotar weiter. Dazu zählte sie "das Prinzip der Eigenverantwortung, die Anerkennung von Leistung, ein schlanker Staat, Meinungsfreiheit ohne Zensur oder Überwachung und echter Patriotismus".

Cotar war 2021 gemeinsam mit Joachim Wundrak angetreten, um die AfD als Spitzenduo in den Bundestagswahlkampf zu führen. Bei einer Mitgliederbefragung unterlagen die beiden. Das Rennen machten Tino Chrupalla und Alice Weidel. Ihr Austritt ist der fünfte in der laufenden Legislaturperiode. Seit der Wahl ist die Bundestagsfraktion von 83 auf 78 Mitglieder geschrumpft.

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Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir geschrieben, die Staatsanwaltschaft Hannover befinde sich in laufenden Ermittlungen gegen das Umfeld der AfD-Niedersachsen. Dies ist falsch, das Verfahren wurde 28. Oktober von der mittlerweile zuständigen Staatsanwaltschaft Osnabrück eingestellt. Die fragliche Passage wurde entfernt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.