Berlin. Tausende Bilder kursieren von der Hochwasser-Katastrophe im Netz. Eines wird in rechten Foren geteilt - ist aber besonders irreführend.

Die Hochwasser-Katastrophe in Deutschland hat schon jetzt Tausende Bilder produziert. Manche bewegen, etwa das von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) beim Besuch des Katastrophengebietes an der Hand hält und stützt. Andere lassen verzweifeln, angesichts der gigantischen Schäden und des Leids. Und wieder andere führen in die Irre – und werden von rechten Gruppierungen verbreitet.

So geschieht das derzeit in den sozialen Netzwerken, bei Twitter und Facebook etwa, wo ein historischer Wasserstandsanzeiger geteilt wird. Auf dem Bild zu sehen sind Markierungen, die Hochwasserstände in bestimmten Jahren zeigen. Die höchste Markierung stammt dabei aus dem Jahr 1852.

Hochwasser: Die Bilder der Katastrophe

In Erftstadt-Blessem hat es massive Überschwemmungen gegeben, mehrere Häuser stürzten ein.
In Erftstadt-Blessem hat es massive Überschwemmungen gegeben, mehrere Häuser stürzten ein. © SEBASTIEN BOZON / AFP
Pure Zerstörung: Die Fluten haben mehrere Häuser in Erftstadt-Blessem vollständig niedergerissen.
Pure Zerstörung: Die Fluten haben mehrere Häuser in Erftstadt-Blessem vollständig niedergerissen. © SEBASTIEN BOZON / AFP
Bilder aus Erftstadt: Feuerwehrleute blicken von einer Brücke auf die überflutete Bundesstraße 265. Die Wassermassen haben die Straße überflutet, mehrere Lkw sind ineinander verkeilt.
Bilder aus Erftstadt: Feuerwehrleute blicken von einer Brücke auf die überflutete Bundesstraße 265. Die Wassermassen haben die Straße überflutet, mehrere Lkw sind ineinander verkeilt. © Marius Becker/dpa
Unzählige Autos liegen noch auf der B265 bei Erfstadt in NRW.
Unzählige Autos liegen noch auf der B265 bei Erfstadt in NRW. © SEBASTIEN BOZON / AFP | SEBASTIEN BOZON / AFP
Auf der B265 bei Erfstadt suchen Solodaten der Bundeswehr in überfluteten Autos nach Opfern.
Auf der B265 bei Erfstadt suchen Solodaten der Bundeswehr in überfluteten Autos nach Opfern. © SEBASTIEN BOZON / AFP | SEBASTIEN BOZON / AFP
In der Nähe von Erftstadt stürzten Teile der A1 in die Erft.
In der Nähe von Erftstadt stürzten Teile der A1 in die Erft. © David Young/dpa | David Young/dpa
Das Dorf Schuld in der Eifel traf es beim Hochwasser besonders hart. Häuser stürzten ein, immer noch werden viele Menschen vermisst. Aufnahmen mit einer Drohne zeigen das Ausmaß der Zerstörung.
Das Dorf Schuld in der Eifel traf es beim Hochwasser besonders hart. Häuser stürzten ein, immer noch werden viele Menschen vermisst. Aufnahmen mit einer Drohne zeigen das Ausmaß der Zerstörung. © IMAGO / Reichwein
Schuld in Rheinland-Pfalz: Das Hochwasser hat den Ort verwüstet.
Schuld in Rheinland-Pfalz: Das Hochwasser hat den Ort verwüstet. © CHRISTOF STACHE / AFP | CHRISTOF STACHE / AFP
Die Brücke in Schuld im Kreis Ahrweiler ist nach dem Unwetter mit Hochwasser unpassierbar geworden.
Die Brücke in Schuld im Kreis Ahrweiler ist nach dem Unwetter mit Hochwasser unpassierbar geworden. © Boris Roessler/dpa | Boris Roessler/dpa
Hochwasser in der Eifel: Die Straße zwischen Dernau und Walporzheim wurde auf einem Abschnitt einfach von den Fluten mitgerissen.
Hochwasser in der Eifel: Die Straße zwischen Dernau und Walporzheim wurde auf einem Abschnitt einfach von den Fluten mitgerissen. © IMAGO / Future Image
Der Ort Dernau (Landkreis Ahrweiler) wurde beinahe komplett von den Wassermassen geflutet.
Der Ort Dernau (Landkreis Ahrweiler) wurde beinahe komplett von den Wassermassen geflutet. © IMAGO / Future Image
Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz: Eine Brücke, die im Bereich des Kurparks die Ahr überspannt, wurde durch das Hochwasser weggerissen.
Bad Neuenahr in Rheinland-Pfalz: Eine Brücke, die im Bereich des Kurparks die Ahr überspannt, wurde durch das Hochwasser weggerissen. © Thomas Frey/dpa | Thomas Frey/dpa
In Bad Neuenahr stapelt sich der Schutt, den die Menschen nach dem Hochwasser aus ihren Häusern schaffen, auf der Straße.
In Bad Neuenahr stapelt sich der Schutt, den die Menschen nach dem Hochwasser aus ihren Häusern schaffen, auf der Straße. © Philipp von Ditfurth/dpa | Philipp von Ditfurth/dpa
An einer anderen Stelle in Bad Neuenahr hat das Wasser ein Trümmerfeld hinterlassen.
An einer anderen Stelle in Bad Neuenahr hat das Wasser ein Trümmerfeld hinterlassen. © Philipp von Ditfurth/dpa | Philipp von Ditfurth/dpa
Der Wehr des Baldeneysees in Essen: Nach heftigen Regenfällen trat die Ruhr aus dem Bett und überschwemmte die Landschaft und Ortschaften. Sie erreichte den höchsten Pegelstand, der je gemessen wurde.
Der Wehr des Baldeneysees in Essen: Nach heftigen Regenfällen trat die Ruhr aus dem Bett und überschwemmte die Landschaft und Ortschaften. Sie erreichte den höchsten Pegelstand, der je gemessen wurde. © IMAGO / Jochen Tack
Im Ahrtal trat der Fluss vielerorts über die Ufer und überschwemmte nicht nur Keller, sondern ganze Ortschaften. Viele Menschen verloren alles - wie diese Flutopfer im Ort Dernau (Landkreis Ahrweiler).
Im Ahrtal trat der Fluss vielerorts über die Ufer und überschwemmte nicht nur Keller, sondern ganze Ortschaften. Viele Menschen verloren alles - wie diese Flutopfer im Ort Dernau (Landkreis Ahrweiler). © IMAGO / Future Image
Die Rurtalsperre Schwammenauel ist in der Nacht zu Freitag übergelaufen. Noch immer ist die Lage vor Ort angespannt.
Die Rurtalsperre Schwammenauel ist in der Nacht zu Freitag übergelaufen. Noch immer ist die Lage vor Ort angespannt. © Oliver Berg/dpa
Auf dem Campingplatz Waldcamping in Prüm riss das Unwetter Wohnwagen um und verursachte schwere Schäden.
Auf dem Campingplatz Waldcamping in Prüm riss das Unwetter Wohnwagen um und verursachte schwere Schäden. © IMAGO / Eibner
Bilder aus der Gemeinde Monreal in Rheinland-Pfalz. Der gesamte Ortskern ist überflutet.
Bilder aus der Gemeinde Monreal in Rheinland-Pfalz. Der gesamte Ortskern ist überflutet. © IMAGO / Nordphoto
 Mit einem Bergepanzer und schwerem Räumgerät rückt die Bundeswehr in Hagen an, um die Schäden, die die Überflutung des Nahmerbach am Vorabend mit sich gebracht hatte, zu beseitigen.
Mit einem Bergepanzer und schwerem Räumgerät rückt die Bundeswehr in Hagen an, um die Schäden, die die Überflutung des Nahmerbach am Vorabend mit sich gebracht hatte, zu beseitigen. © dpa | Roberto Pfeil
Soldaten der Bundeswehr helfen mit dem Pionierpanzer Dachs bei den Aufräumarbeiten in Hagen-Hohenlimburg. Die Unwetterschäden sind schwer.
Soldaten der Bundeswehr helfen mit dem Pionierpanzer Dachs bei den Aufräumarbeiten in Hagen-Hohenlimburg. Die Unwetterschäden sind schwer. © Julian Stratenschulte/dpa
In Hagen sorgte der Starkregen für chaotische Zustände. Helferinnen und Helfer mussten im Ortsteil Hohenlimburg ein Altenheim evakuieren.
In Hagen sorgte der Starkregen für chaotische Zustände. Helferinnen und Helfer mussten im Ortsteil Hohenlimburg ein Altenheim evakuieren. © Dieter Menne/dpa
In Erdorf, einem Stadtteil von Bitburg in der Eifel, lief der kleine Fluss Kyll über. Teile des Dorfs sind geflutet. Hier beobachtet ein Anwohner, wie die Wassermassen die untere Etage seines Hauses überfluten.
In Erdorf, einem Stadtteil von Bitburg in der Eifel, lief der kleine Fluss Kyll über. Teile des Dorfs sind geflutet. Hier beobachtet ein Anwohner, wie die Wassermassen die untere Etage seines Hauses überfluten. © Harald Tittel/dpa
Im nordrhein-westfälischen Altena starb ein Feuerwehrmann bei der Rettung eines Mannes. Der Ort ist an noch an vielen Stellen überflutet.
Im nordrhein-westfälischen Altena starb ein Feuerwehrmann bei der Rettung eines Mannes. Der Ort ist an noch an vielen Stellen überflutet. © Marc Gruber/7aktuell.de /dpa
In Köln erreichte der Rhein Pegelstände von über fünf Metern - und das Wasser könnte noch weiter steigen. Viele Keller sind vollgelaufen, viele Straßen überflutet.
In Köln erreichte der Rhein Pegelstände von über fünf Metern - und das Wasser könnte noch weiter steigen. Viele Keller sind vollgelaufen, viele Straßen überflutet. © Marius Becker/dpa
Auch die Niederlande hat das starke Unwetter getroffen. Auf dem Campingplatz De Hatenboer in Roermond stehen Wohnwagen unter Wasser. Durch die starken Regenfälle ist die Maas auf eine Rekordhöhe gestiegen.
Auch die Niederlande hat das starke Unwetter getroffen. Auf dem Campingplatz De Hatenboer in Roermond stehen Wohnwagen unter Wasser. Durch die starken Regenfälle ist die Maas auf eine Rekordhöhe gestiegen. © IMAGO / ANP / Hollandse Hooghte
Ein Luftbild zeigt den Hochwasserstand in der niederländischen Provinz Limburg. Die Maas ist nach heftigen Regenfällen über die Ufer getreten.
Ein Luftbild zeigt den Hochwasserstand in der niederländischen Provinz Limburg. Die Maas ist nach heftigen Regenfällen über die Ufer getreten. © Sem van der Wal / ANP / AFP)
Trooz in Belgien:  In den Provinzen Lüttich, Luxemburg und Namur wurde der provinzielle Katastrophenplan ausgerufen. Kritisch bleibt die Situation in Maaseik in der Provinz Limburg, wo das Wasser immer noch steigt.
Trooz in Belgien: In den Provinzen Lüttich, Luxemburg und Namur wurde der provinzielle Katastrophenplan ausgerufen. Kritisch bleibt die Situation in Maaseik in der Provinz Limburg, wo das Wasser immer noch steigt. © Eric Lalmand/BELGA/dpa
Eine Anwohnerin von Trooz begutachtet die Schäden an ihrem Haus. Die belgische Gemeinde wurde von dem Hochwasser stark getroffen.
Eine Anwohnerin von Trooz begutachtet die Schäden an ihrem Haus. Die belgische Gemeinde wurde von dem Hochwasser stark getroffen. © ERIC LALMAND / BELGA / AFP
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Was das Bild, über das unter anderem auch die Watchblogs „Volksverpetzer“ und „Correctiv“ berichten, zeigt: Schon Mitte des 19. Jahrhunderts hat es extreme Hochwasser gegeben. Leugner der Klimakrise sehen sich bestätigt: Extreme Wetterereignisse und deren Häufung sind scheinbar kein Phänomen des 21. Jahrhunderts, schlussfolgern sie. Einen Zusammenhang mit der Klimakrise gebe es nicht. Vor allem in rechten Kreisen kursieren solche Ansichten. Maximilian Kneller, AfD-Politiker aus NRW, etwa nahm das Bild und twitterte es unter dem Hashtag #hochwasser mit dem Kommentar: „Klimakatastrophe von 1852 war besonders schlimm“.

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Hochwasser: Gepostetes Bild zeigt Stadt in der Schweiz

Was NRW-Politiker Kneller ignorierte oder nicht wusste: Das Bild stammt nicht aus Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen, sondern aus der Schweizer Stadt Olten an der Aare.

Das ist der erste Punkt, der an Knellers Post irreführend ist. Punkt Nummer zwei: Drei von sieben der abgebildeten Hochwasserstände stammen aus den letzten 20 Jahren, vier aus dem 20. Jahrhundert. Damit lässt sich am Wasserstandsanzeiger ablesen, dass sich in der Schweiz Überschwemmungen häufen. Der Versuch, die Klimakrise mit dem Bild aus Olten zu widerlegen, ist demnach gescheitert - schließlich zeigt das Foto genau die Entwicklung, auf die Wissenschaftlerinnen und Forscher seit Jahrzehnten hinweisen: nämlich die Häufung von extremen Klima-Ereignissen wie Überflutungen seit dem Beginn des fossilen Zeitalters.

„Correctiv“ zitiert dazu aus dem Statement eines Wissenschaftlers der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH), der über Zusammenhänge zwischen schweren Niederschlägen und Klimawandel schreibt. Das könnte Sie interessieren: Hochwasser-Held – Dieser Mann rettete die Steinbachtalsperre

Helfen im Hochwasser: Kein Corona-Abstand in der NotHelfen im Hochwasser: Kein Corona-Abstand in der Not

Demnach werde aus bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen klar, „dass die klimaänderungsgetriebene Tendenz von stärkeren und starken Niederschlägen sowohl in Häufigkeit wie Intensität in Richtung Zunahme geht“. Im Klartext: Es wird in Zukunft immer öfter kräftig regnen.

In Deutschland geht auch der Deutsche Wetterdienst (DWD) geht davon aus, dass „Hochwasserereignisse, verursacht von Starkregen, vermutlich als Folge des Klimawandels zunehmen werden“. Tatsächlich ist die Frage, ob Starkregenfälle und Unwetter mit der Klimakrise zusammenhängen, ist in der Forschung noch nicht abschließend beantwortet, ein Zusammenhang wird aber angenommen.

Klimakrise: Olten an der Aare hat Maßnahmen ergriffen

So sagte etwa Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) dem „Science Media Center“ dazu: „Bei Niederschlagsextremen ist die Zunahme (im Vergleich zu Hitzerekorden, Anm. d. Red.) noch nicht so groß, weil die natürlichen Schwankungen im Vergleich zum Effekt der Erderwärmung stärker sind.“ Man könne daher nicht sagen, ob dieses Ereignis eine Folge der Erderwärmung sei. „Aber man kann festhalten, dass derartige Ereignisse durch die Erderwärmung häufiger werden.“

Carl-Friedrich Schleussner, Forschungsgruppenleiter am Geographischen Institut der Humboldt-Universität zu Berlin, zeigte sich dem „Science Media Center“ gegenüber weniger abwägend. Es sei bekannt, dass Erwärmung zu Zunahme von Starkregen führe, gleichzeitig nähmen Wetterlagen zu, die zu Extremwetterereignissen führten. „Im Jahre 2021 stellt sich nicht mehr die Frage, ob der Klimawandel dazu beigetragen hat. Die Frage ist nur noch, wieviel“, so Schleussner.

Die Schweizer Gemeinde Olten an der Aare stellt sich jedenfalls der Klimakrise. Die Ortschaft schützt sich mit umfangreichen Flutschutz-Projekten gegen Überschwemmungen. Die Bauarbeiten sind erst seit November 2020 abgeschlossen, das Flussbett der Aare wurde dabei stellenweise auf bis zu 70 Meter verbreitert. (pcl)