Brüssel/Paris. Die neue Außenministerin Baerbock verspricht in Paris und Brüssel Verlässlichkeit – und macht noch schnell Fotos vor dem Eiffelturm.
Annalena Baerbock macht nicht alles anders im neuen Amt, einiges aber schon: In Paris hat die Außenministerin gerade ihren französischen Amtskollegen Yves Le Drian besucht, jetzt nimmt sie für ihre Weiterreise nach Brüssel nicht etwa die Regierungsmaschine der Luftwaffe – sie lässt sich vielmehr mit ihrer Kolonne zum Gare du Nord fahren und steigt dort, einen kleinen Rucksack auf dem Rücken, in den Hochgeschwindigkeitszug Thalys.
Der bringt Baerbock und ihre Delegation in nur gut anderthalb Stunden in die Kapitale der Europäischen Union, wo sie den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, den US-Klimaschutzbeauftragten John Kerry und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg treffen wird.
Von Baerbock werden Signale erwartet – und sie liefert
Vorher, auf dem Weg zum Pariser Nordbahnhof, legt die Ministerin mit ihrer Fahrzeugkolonne überraschend einen Stopp ein – und posiert auf einer Seine-Brücke für ein Foto im roten Kleid vor der Kulisse des Eiffelturms. Das Bild sei nur für ihre Töchter, erklärt sie, es ist aber natürlich auch ein willkommenes Motiv für die mitgereisten Fotografen.
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Die kleinen protokollarischen Änderungen sind allerdings die einzigen Extravaganzen, die sich die Außenministerin im neuen Amt erlaubt. Auf ihrer ersten Auslandsreise zeigt sich Baerbock stilsicher, gut vorbereitet, professionell – und sehr vorsichtig. Zuhören wolle sie vor allem, hatte sie schon am Vorabend bei ihrem Abflug aus Berlin erklärt. Sie hat es eilig, von der deutschen Chefdiplomatin werden in den Hauptstädten Europas Signale erwartet. Und Baerbock liefert.
Baerbock beschreibt sich als „wahre Europäerin von Herzen“
In Brüssel stellt sie sich an der Seite von Borrell als „wahre Europäerin von Herzen“ vor. Auf die neue Bundesregierung könnten sich die Partner in der Europäischen Union vom ersten Tag an verlassen, versichert sie: „Europa ist der Dreh- und Angelpunkt für unsere Außenpolitik“.
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Am Morgen in Paris, als Le Drian sie im Amtssitz am Quai d´Orsay empfängt, bekräftigt die Ministerin auch, es gebe für Deutschland keinen engeren Freund als Frankreich. Ein starkes Europa brauche starke deutsch-französische Impulse. Höflich schwärmt sie: „Was gibt es Schöneres für eine Außenministerin, als am ersten Morgen im neuen Amt in Paris zu sein?“ Dass Baerbock ursprünglich geplant hatte, als erstes nach Brüssel zu reisen, ist jetzt natürlich kein Thema mehr.
Europäische Lösungen sollen Vorrang haben vor nationalen
Die beiden Minister betonen, in wichtigen Fragen wie der Ukraine-Krise wollten die Regierungen europäische Lösungen abstimmen. Baerbock warnt, Russland werde für eine militärische Eskalation „einen hohen politischen und wirtschaftlichen Preis“ zahlen.
Auch in der Frage eines diplomatischen Boykotts der Olympischen Winterspiele in Peking streben Paris und Berlin ein europäisches Vorgehen an. Erst vor wenigen Tagen hatte Baerbock einen Boykott ins Gespräch gebracht und erklärt, man solle mit Blick auf die Menschenrechtsverletzungen „natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen“ – was scharfe Proteste der chinesischen Botschaft auslöste.
Einen Boykott der Olympischen Spiele lehnt Frankreich ab
Paris will indes von einem Boykott nichts wissen, der französische Sportminister hat bereits angekündigt, er werde gewiss nach Peking reisen. Offene Differenzen gibt es wegen Frankreichs Drängen, Atomkraft in der EU als grüne Energie einzustufen und damit förderfähig zu machen: „Das wir zu der Nuklearfrage unterschiedliche Positionen haben, das ist ja bekannt“, sagt die Ministerin knapp.
Die Klärung des Streits ist KanzlerOlaf Scholz überlassen, der am Freitag während seines Antrittsbesuchs bei Präsident Emmanuel Macron darüber sprechen will.
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Baerbock wird auch Klimapolitik machen
Baerbock skizziert lieber die internationale Klimapolitik, für die sie im Auswärtigen Amt nun überraschend auch zuständig ist: Diese Aufgabe werde vom ersten Tag auf ihrer diplomatischen Agenda ganz oben stehen. „Die Klimakrise macht nicht an Grenzen halt“, meint sie.
Die neue Geschäftsverteilung der Regierung hat Baerbock, wie sie sagt, von Frankreich abgeschaut: Als klimapolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion war sie 2015 Mitglied der deutschen Delegation beim Pariser Klimagipfel – und erlebte mit, wie der damalige Außenminister Laurent Fabius die Gipfelverhandlungen zum Erfolg führte.
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Die Reise endet in Warschau – mit Misstönen?
Baerbocks „Trio-Reise“ endet am Freitag in Warschau, dort wird es wohl nicht ganz so harmonisch zugehen. Zwar weiß die polnische Regierung zu schätzen, dass die neue Ministerin für eine härtere Gangart gegenüber Russland eintritt. Aber schwerer wiegt: Sie und die Ampel-Koalition zeigen sich unnachsichtig gegenüber den Rechtsstaatsverstößen, die Polen und Ungarn vorgeworfen werden – die neue Regierung will in der EU Druck machen, damit beiden Ländern rasch Fördermittel gekürzt werden.
Als Baerbock in Brüssel danach gefragt wird, will sie erkennbar Misstöne vor ihrem Warschau-Besuch vermeiden: „Ich stelle mich vor, lerne meine künftigen Partner kennen, werde verschiedene Themen ansprechen“, meint sie vage. Allerdings: In Freundschaft Politik zu machen bedeute, gerade auch bei kritischen Fragen „offen und ehrlich miteinander zu sprechen“.