Berlin. Annalena Baerbock hat die Heinrich-Böll-Stiftung gebeten, ihr Promotionsstipendium erneut zu betrachten. Für ihre Partei wird es eng.

Es sieht nicht gut aus für Annalena Baerbock. In einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild am Sonntag“ rutscht ihre Partei um einen Punkt auf 17 Prozent ab und liegt damit nur noch gleichauf mit der SPD. Die Union liegt mit 28 Prozent mit Blick auf die Bundestagswahl deutlich vorn.

Grund genug für die Grünen-Kanzlerkandidatin, ihre Strategie zu ändern. Statt wie bei den Plagiatsvorwürfen gegen ihr Buch in eine Abwehrhaltung zu gehen und ihre Parteifreunde von „Rufmord“ und „Kampagne“ sprechen zu lassen, hat sie die Heinrich-Böll-Stiftung gebeten, die Rahmenbedingungen ihres Promotionsstipendiums noch einmal zu überprüfen.

Baerbock wurde mit 40.000 Euro für Promotion gefördert

Vorangegangen war ein Bericht des „Tagesspiegel“, dem zufolge Baerbock von April 2009 bis Dezember 2012 von der Stiftung für ihre Doktorarbeit, die sie nicht abschloss, mehr als 40.000 Euro erhalten hat. Solche Stipendien dürfen nur vergeben werden, wenn die Empfänger ihre Zeit überwiegend der Promotion widmen und parallel keine relevanten Einnahmen aus einer Erwerbstätigkeit haben. Lesen Sie auch: "War falsch" – Baerbock benutzt N-Wort und entschuldigt sich

Eine Sprecherin der Grünen verwies in einer Stellungnahme darauf, dass Baerbock in der Zeit als Brandenburger Landesvorsitzende der Grünen, Vorstandsmitglied der Europäischen Grünen Partei und als Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Europa kein Gehalt bekommen habe. Erst 2011 habe sie vom Landesverband Brandenburg „im Sinne einer Aufwandsentschädigung 226,76 Euro pro Monat“ bekommen und 2012 dann 400 Euro pro Monat.

Ab 2013 habe es ein reguläres Gehalt gegeben, da habe Baerbock aber kein Promotionsstipendium mehr erhalten. „Frau Baerbocks Hauptfokus lag in diesen Jahren auf der Arbeit an ihrem Promotionsvorhaben, das parteipolitische, im Kern ehrenamtliche Engagement fand insbesondere in den Abendstunden und an Wochenenden statt“, erklärte die Sprecherin weiter. Lesen Sie auch: Frage von ARD-Journalistin an Annalena Baerbock sorgt für Ärger

Parteieintritt: Neue Unstimmigkeiten in Baerbocks Lebenslauf?

Die „Welt am Sonntag“ berichtet unterdessen, Baerbock habe früher auf ihrer Internetseite ein falsches Parteieintrittsdatum angegeben – 2004 statt 2005. Allerdings bezieht sich die Zeitung auf archivierte Internetseiten, auf aktuellen Seiten steht das korrekte Datum. Bei der Böll-Stiftung steht er laut der Zeitung noch in der falschen Form.

Zu Wort gemeldet hat sich – nach langem Schweigen – Baerbocks Co-Chef Robert Habeck. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ bezeichnete er Spekulationen, die Grünen könnten ihn als Kanzlerkandidat für Baerbock austauschen, als „Kokolores“. Dies sei „keine Debatte“.

Allerdings sagte Habeck auch mit Blick auf den bisherigen Grünen-Wahlkampf: „Die letzten Wochen waren kein Glanzstück.“ Mehr als einmal habe er gedacht, dass diese Fehler nicht hätten passieren dürfen.

Das Grüne Führungsduo Annalena Baerbock und Robert Habeck auf der Bundesdelegiertenkonferenz ihrer Partei.
Das Grüne Führungsduo Annalena Baerbock und Robert Habeck auf der Bundesdelegiertenkonferenz ihrer Partei. © dpa

Scholz verteidigt Baerbock: „Kritik übertrieben“

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, nahm Baerbock in Schutz. Jeder mache Fehler und im Wahlkampf werde besonders genau geschaut, sagte der Bundesfinanzminister. „Trotzdem finde ich die Kritik im Fall von Frau Baerbock ein bisschen übertrieben.“ Auch werde mit zweierlei Maß gemessen: „Frauen werden anders behandelt als Männer, auch in der Politik.“ Das sein „nicht fair“.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sieht hingegen keine Benachteiligung von Frauen in der Politik. „Früher war es in der Tat so“, sagte Schäuble der „Bild am Sonntag“. Heute hätten es Frauen in der Politik aber nicht mehr schwerer.

Der Autoverleiher Sixt, bekannt für seine bissigen Sprüche über Politiker, hat Baerbock derweil als Werbeikone entdeckt. Er wirbt aktuell mit einem Bild der Grünen-Chefin und dem Spruch „Sie verwenden ungern Eigenes? Mehr Spaß am Leihen“. Kleiner Trost für Baerbock: 2001 machte sich Sixt auf ähnlichen Plakaten über die biedere Friseur der damaligen CDU-Chefin Angela Merkel lustig. Vier Jahre später wurde sie Kanzlerin.

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