Kairo. Der Kanzler bemüht sich darum, eine Eskalation in Nahost zu verhindern. Der Beschuss eines Krankenhauses in Gaza verschärft die Lage.

Bundeskanzler Olaf Scholz befindet sich auf einer Krisenreise in den Nahen Osten. Nach einem Besuch in Israel macht Scholz am Mittwoch Station in Kairo, wo er den ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi trifft. Ägypten grenzt an den Gazastreifen und spielt eine wichtige Rolle in der Region. Vier Themen stehen für den Kanzler bei den Gesprächen vor Ort im Mittelpunkt:

1. Die Lage beruhigen

Olaf Scholz will verhindern, dass sich die arabischen Staaten in der Region gegen Israel wenden, je länger der Krieg dauert und je schlimmer die Bilder aus dem Gazastreifen aufgrund militärischer Schläge Israels gegen die Hamas werden. Das gilt besonders seit dem Beschuss eines Krankenhauses in dem Palästinensergebiet mit womöglich Hunderten Toten, auch wenn die Urheberschaft noch nicht geklärt ist. Die Nachrichten von dem Beschuss der Klinik wurden am Dienstagabend bekannt, als der Kanzler sich bereits in Israel befand. Für Scholz ist in dieser Situation nun besonders wichtig, mit seinen Gesprächspartnern in der Region in Kontakt zu bleiben.

Der Beschuss des Krankenhauses sorgt für weitere Spannungen. Die Hamas wirft Israel vor, für den Raketeneinschlag verantwortlich zu sein. Die israelische Armee weist das zurück und macht palästinensische Kräfte im Gazastreifen verantwortlich. Als Reaktion auf den Beschuss sagte Jordanien ein für Mittwoch geplantes Treffen zwischen König Abdullah II. und US-Präsident Joe Biden ab. An dem Gespräch sollte auch al-Sisi teilnehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steigt in Ägypten aus dem Flugzeug.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steigt in Ägypten aus dem Flugzeug. © DPA Images | Michael Kappeler

2. Die humanitäre Lage im Gazastreifen

Scholz hat während seines Besuchs in Tel Aviv keinen Zweifel daran gelassen, wo er im Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas steht: „In solchen schwierigen Zeiten kann es für Deutschland nur einen Platz geben, den Platz an der Seite Israels“, sagte Scholz am Dienstag nach einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Doch der Kanzler sorgt sich auch um die Bewohner des von der Hamas kontrollierten Gazastreifens, besonders wenn Israel mit Bodentruppen angreifen sollte.

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„Wir wollen Zivilisten schützen und zivile Opfer vermeiden“, sagte Scholz in Israel. Die humanitäre Not im Gazastreifen lasse ihn nicht gleichgültig. Er habe mit Ministerpräsident Netanjahu über die Möglichkeit eines verbesserten humanitären Zugangs zum Gazastreifen gesprochen. Auch mit al-Sisi wolle er „die Lage und auch humanitäre Aspekte“ besprechen. „Die Bundesregierung wird ihr humanitäres Engagement für Gaza fortsetzen, um das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern“, bekräftigte Scholz.

Über den Grenzübergang Rafah könnten Hilfsgüter von Ägypten nach Gaza gebracht werden. Israel hat die Lieferung von Lebensmitteln, Wasser, Strom und Treibstoff an den Gazastreifen eingestellt, Hilfskonvois hängen bisher an der ägyptischen Grenze fest. Die humanitäre Situation in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet ist desaströs, die UN wollen tonnenweise Hilfsgüter über Rafah in das Gebiet bringen. Bislang fehlen aber die Zusagen Kairos für eine Öffnung des Übergangs. Eine Aufnahme palästinensischer Flüchtlinge lehnt Ägypten ebenso wie die anderen arabischen Staaten ab.

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3. Die Befreiung der Geiseln aus der Gewalt der Hamas

Rund 200 Menschen werden in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen vermutet, darunter auch einige mit deutscher Staatsbürgerschaft. „Unter den Verschleppten sind auch Deutsche. Ihnen wie all den anderen Geiseln gilt unser Augenmerk“, sagte Scholz in Israel. „Wir bemühen uns nach Kräften, ihre Freilassung zu erreichen.“ Dabei setzt der Kanzler auch auf die Kontakte Ägyptens zur Hamas.

Für die Hamas sind die Geiseln ein Schutzschild, besonders im Hinblick auf eine mögliche israelische Bodenoffensive. Mehrere Staaten bemühen sich derzeit intensiv um die Freilassung der Geiseln, dazu gehört auch Ägypten, aber auch mit der Türkei und Katar hat Scholz über das Thema gesprochen. Die Einzelheiten der Gespräche werden streng geheim gehalten, um mögliche Erfolge nicht zu gefährden.

4. Einen Flächenbrand vermeiden

Eine große Sorge ist derzeit, dass sich der Krieg zwischen Israel und der Hamas auf weitere Akteure ausbreitet. Die mit dem Iran verbundene libanesische Hisbollah-Miliz könnte Israel aus dem Norden angreifen und so einen Zwei-Fronten-Krieg eröffnen. Befürchtet wird zudem, dass der Iran aktiver Teil des Konflikts wird.

„Es gilt, einen Flächenbrand in der Region zu verhindern. Ausdrücklich warne ich: Kein Akteur sollte es für eine gute Idee halten, nun von außen in diesen Konflikt einzugreifen“, sagte Scholz in Tel Aviv. „Es wäre ein schwerer, ein unverzeihlicher Fehler.“ Bei seinem Besuch in Ägypten dürfte Scholz auch mit Präsident al-Sisi über Strategien sprechen, eine Ausweitung des Konflikts zu verhindern.