Atomenergie bleibt für alle ein riskantes Geschäft. Daran ändert auch die Brüsseler Wende nichts, meint unser Autor Christian Kerl.

Das ist ein unerfreulicher Jahresanfang für die Ampel-Koalition: Die EU-Kommission stuft Atomenergie für eine Übergangszeit als grüne, klimaschonende Technologie ein. Die Bundesregierung konnte auch mit massiven Protesten den Affront nicht verhindern. Praktisch ändert sich zwar nichts für Deutschland: Kein Land wird gezwungen, auf nukleare Energie zu setzen.

Christian Kerl, Politik-Korrespondent
Christian Kerl, Politik-Korrespondent

Die Kommission bestätigt damit aber offiziell, dass der deutsche Atomausstieg kein Vorbild ist. Stattdessen hat in vielen EU-Staaten die Atomenergie wegen der Dringlichkeit des Klimaschutzes und der explodierenden Energiepreise derzeit Rückenwind – dort sieht man sie als Brückentechnologie, solange erneuerbare Energie nicht ausreichend zur Verfügung steht.

Es ist indes fraglich, ob diese Brücke sicher trägt. Abgesehen von den Risiken der Atomenergie und dem weltweit ungelösten Müllproblem – die enorm kapitalintensive Technologie ist nicht so einfach verfügbar, wie ihre Befürworter vorgaukeln.

Atomenergie bleibt ein riskantes Geschäft – auch für Investoren

Die Laufzeiten der meisten AKWs in Europa nähern sich dem Ende, die Nachrüstung würde schon in diesem Jahrzehnt hohe Milliardensummen kosten. Das Interesse der Energieunternehmen an solchen Investitionen ist aber begrenzt, solange sie nicht mit langfristigen, sicheren Perspektiven verbunden sind.

Daran fehlt es weiter: Die wenigen Neubauprojekte in Europa erweisen sich als problematisch. Das wissen Investoren: Atomenergie bleibt ein riskantes Geschäft. Daran ändert die Brüsseler Wende nichts. Sie sollte deshalb als Warnruf verstanden werden: Es ist nicht sicher, dass Europa seine ehrgeizigen Klimaziele erreicht.

Egal, wie man zur Atomkraft steht – entscheidend ist, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien schneller vorankommt. Darauf sollte sich auch die Bundesregierung konzentrieren, statt beleidigt auf die Barrikaden zu gehen.