Berlin. Der Sommer ist fast da, doch wer jetzt alle Corona-Vorsicht fallen lässt, ist leichtsinnig. Das haben die letzten zwei Jahre gezeigt.

Die Sonne scheint, die Bäume sind endlich grün, sogar der Flieder blüht! Wir brauchen im Supermarkt keine Maske mehr zu tragen und schon gar nicht müssen wir für jede Kleinigkeit ins Corona-Testcenter rennen. Die Inzidenz sinkt, auch wenn Deutschland im Ländervergleich nur langsam vom hohen Niveau herunterkommt. Trotzdem: Zumindest was die Pandemie betrifft, können wir einen kleinen Moment durchatmen. Aber mit vielen Corona-Vorsichtsmaßnahmen pausieren und die wärmere Zeit genießen – fast so wie früher? Ja, das wäre schön, aber leider auch unvernünftig.

Zwei Jahre lang haben wir erlebt, wie ab dem Frühling die Corona-Fallzahlen fielen, dann kam der unbeschwerte Sommer, die Ferien und dann stieg die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus wieder an. Bis im Herbst wieder unterschiedliche Regeln und Maßnahmen diskutiert wurden. Maskentragen, Tests, 2G-Regel, 2G-Plus, 3G, Registrierung, Kontaktverbot, Reiseverbot, Risikogebiet, Impfpflicht: Schlagwörter des Corona-Alltags, der schließlich jeden Winter kulminierte in der Frage, ob man mit der Oma oder dem Opa Weihnachten und Silvester mit zwei Freunden plus vier Kindern unter 14 Jahren feiern darf oder sollte. Es waren teils bedrückende, teils einsame Feiertage.

Corona-Pandemie: Erschütternde zwei Jahre

Noch trauriger, wenn man sich die kalten Zahlen der Hochphasen der Pandemie in Erinnerung ruft. Als im Januar 2021 die Zahl der Menschen, die an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben sind, täglich einen neuen Rekord erreichte. Mehr als 1000 Menschen starben damals an einem Tag. Ein Jahr später sind es nicht mehr die Corona-Toten gewesen, sondern die Ansteckungszahl, die wegen der Omikronwelle nicht gekannte Höhen erreichte. Im Januar 2022 meldete das Robert-Koch-Institut für Deutschland mehr als 80.000 Infektionen an einem Tag.

Nicht zu vergessen, was die Erkrankung für jeden Einzelnen bedeutet. Sicherlich erlebte die Mehrheit einen leichten bis mittelschweren Verlauf. Aber auch wer zur letzteren Gruppe gehört, bekam manchmal nach Wochen noch schlecht Luft beim Treppensteigen, war müde und antriebslos, hüstelte und ist auch nach Monaten noch nicht sicher, wie die alte Fitness erreicht werden soll.

Corona ist längst nicht vorbei, auch wenn man sich einmal angesteckt hat

Wie viele Menschen nach einer Erkrankung am sogenannten Long Covid erkranken, ist zur Zeit noch nicht weit genug erforscht. Das RKI beschreibt, dass im Ergebnis aller dazu erschienenen Studien die Häufigkeit zwischen 7 und 41 Prozent schwankt, bei den Patienten, die nicht im Krankenhaus behandelt worden sind. Bei den stationär Behandelten liege der Anteil derer, bei denen Langzeitfolgen aufgetreten sind bei rund 37 Prozent. Corona ist also längst nicht vorbei, selbst wenn man es schon gehabt hat. Man kann sich wieder anstecken.

Diana Zinkler ist gespannt, was Karl Lauterbach plant, damit die Pandemie im Herbst nicht wieder außer Kontrolle gerät.
Diana Zinkler ist gespannt, was Karl Lauterbach plant, damit die Pandemie im Herbst nicht wieder außer Kontrolle gerät. © FMG | FMG

Es wäre also dumm, alle Corona-Maßnahmen jetzt gedanklich beiseite zu legen. Dann hätten wir aus den vergangenen zwei Jahren nichts gelernt. Auch fast zwei Jahre lang kommentierte der heutige Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach das Corona-Geschehen. Als die Ampel-Koalition stand, wurde er nicht gleich nominiert. Doch Umfragen zeigten, die Wähler wollten, dass Lauterbach den Job macht. So ist es nun gekommen.

Karl Lauterbach muss nun zeigen, dass er es besser kann

Und jetzt muss er zeigen, dass er es besser kann als sein Vorgänger Jens Spahn. Den Wissensvorsprung eben durch den Rückblick hat er. Wir sollten uns sein angekündigtes "Pandemiebekämpfungskonzept" aufmerksam anschauen.

Und auch wenn es vielleicht diejenigen, die es betrifft, schon nicht mehr hören mögen: Je höher der Anteil der gegen Corona-Geimpften in der Bevölkerung ist, desto sicherer sind alle.