Ukraine-Krieg: Deutschland forciert die Energiewende. Wie wir durch die erneuerbaren Energien wieder mehr Selbstständigkeit bekommen.

Jede Krise birgt auch Chancen. Während die Umsetzung dringend notwendiger Maßnahmen zum Klimaschutz in vielen Bereichen noch hakt, erfährt der Ausbau der erneuerbaren Energien durch den Ukraine-Krieg in Deutschland eine massive Beschleunigung. Mit dem „Osterpaket“ des Wirtschaftsministeriums könnte hierzulande nicht nur der Anteil fossiler Energien gesenkt werden, sondern Deutschland auch seinem Ziel näher kommen, das Klima-Abkommen von Paris doch noch zu erfüllen.

Der Angriffskrieg Russlands hat allen die Augen geöffnet. Mit dem 24. Fe­bruar 2022 wurde eine Zeitenwende eingeläutet – auch für die Energiepolitik. Das Vertrauen in Russland, Putin und die große Abhängigkeit vor allem bei Gas und Öl waren rückblickend ein Fehler. Entgegen aller betriebswirtschaftlichen Regeln hat Deutschland das Risiko nicht genug gestreut und die Energieversorgung über mehrere Lieferländer gesichert.

Die Gefahr ist erkannt, die Ampel-Regierung handelt – und beschleunigt ihre ehrgeizigen Ziele. Bis 2030 sollen mindestens 80 Prozent des Stroms mit nicht fossilen Energien erzeugt werden, bis 2035 sollen es fast 100 Prozent sein. Erneuerbare Energien werden künftig sogar als Anlagen im „überragenden öffentlichen Interesse“ eingestuft, die der „öffentlichen Sicherheit“ dienen. Dies ist vor dem Hintergrund des mörderischen Kriegs konsequent und zielführend.

Ukraine-Krieg: Die Gesellschaft muss bei der Energiewende mithelfen

Beate Kranz, Wirtschaftsredakteurin der Funke Medien Gruppe
Beate Kranz, Wirtschaftsredakteurin der Funke Medien Gruppe © Reto Klar | Reto Klar

Doch politischer Wille allein reicht nicht. Für den Ausbau muss sich die gesamte Gesellschaft öffnen. Sonnen- und Windkraftanlagen sind nicht unsichtbar und werden unsere Landschaften und auch Architektur – Fassaden und Dächer – verändern.

Der Strom kommt eben nicht einfach aus der Steckdose, sondern muss zunächst produziert und über Hochspannungsleitungen in die gesamte Republik verteilt werden.

Regionaler Egoismus hilft hier wenig, erst recht nicht die Haltung: „Windkraft ja, aber bitte nicht vor meiner Haustür“. Mindestabstände zur Wohnbebauung müssen fallen.

Wer den Luxus einer Stromversorgung in der Konsumgesellschaft weiter genießen möchte, muss Veränderungen akzeptieren. Hier sollte auch die bayerische Landesregierung ihren Blockadekurs beenden.

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Ukraine-Krieg: Natur- und Artenschutz muss berücksichtigt werden

Nötig sind vor allem ein Abbau von Bürokratie und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Viele Windkraftanlagen können heute erst nach acht Jahren errichtet werden, weil notwendige Gutachten aus Personalmangel nicht erstellt werden können. Die Behörden müssen schnell aufgestockt werden. Der Bau und die Installation der Anlagen könnten zudem wie ein Konjunkturprogramm wirken und Tausende neue Jobs entstehen lassen. Fachkräfte sind deshalb dringend gesucht.

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Wichtig ist, dass in der Wind- und Sonnenkraft-Euphorie der Natur- und Artenschutz nicht auf der Strecke bleibt. Sie sind eine Grundlage nicht nur für unsere Ernährungssicherheit, sondern auch für den Klimaschutz. Vorrangig sollten deshalb Anlagen dort gebaut werden, wo der größte Ertrag erzielt werden kann, wie im Meer. Aber auch der Ersatz bestehender Windräder durch leistungsstärkere Anlagen bringt Fortschritte. Photovoltaik kann bei jedem Neubau installiert werden, bestehende Immobilien entsprechend nachgerüstet werden.

Der Staat bietet den Bürgerinnen und Bürgern, aber auch Unternehmen, viele Hilfen an, den Ausbau voranzutreiben – man muss nur zugreifen. Noch müssen die Gesetzesvorlagen durchs parlamentarische Verfahren. Bleibt zu hoffen, dass die Mehrheit der Vorschläge akzeptiert und nicht zur Unkenntlichkeit geschliffen wird. Die ökologische Energiewende ist der Weg zu mehr Freiheit und Selbstständigkeit in einer sich geopolitisch neu sortierenden Welt.