Berlin. Industrie und Verbraucher sparen immer noch Energie. Doch ausgerechnet die Bundesregierung unternimmt in diesem Bereich zu wenig.

Mit jedem Tag, den der Frühling näher rückt, drängt sich mehr das Gefühl auf, dass das Land noch einmal davongekommen ist. Der erste Winter, in dem kein russisches Gas mehr kommt, wird aller Voraussicht nach glimpflicher vorbei gehen als erwartet. Zu verdanken ist das einer Kombination aus zügigem politischem Handeln, den Sparbemühungen von Privatpersonen und Industrie und nicht zuletzt einer guter Portion Glück mit dem Wetter.

Doch man sollte sich nicht in Sicherheit wiegen lassen von den länger werdenden Tagen und den immer noch hohen Füllständen der Speicher: Vorbei ist diese Krise nicht. Eine jahrzehntelange Abhängigkeit von billigem Gas aus Russland hat Bahnen gezogen in der deutschen Energieversorgung, die innerhalb weniger Monate nicht umzulenken sind. Und die Ausgangsposition für den kommenden Winter mag besser sein als gedacht – gut ist sie deshalb noch nicht.

Theresa Martus, Korrespondentin Bundespolitik
Theresa Martus, Korrespondentin Bundespolitik © Reto Klar | Reto Klar

Energiesparen ist das Stiefkind der deutschen Krisenpolitik

Wirtschaft und Verbrauchern bleibt deshalb wenig übrig, als weiter genau auf den eigenen Verbrauch zu achten. Und die Politik, die im vergangenen Jahr zurecht viel Zeit damit verbracht hat, neue Gas-Quellen aufzutun, sollte es ihnen gleichtun. Denn Energieeffizienz ist das Stiefkind der deutschen Antwort auf die Energiekrise – abgesehen von Höchsttemperaturen für öffentliche Gebäude und einem Heizverbot für private Pools verließ man sich weitgehend darauf, dass die Preise schon genug Anreiz zum Sparen bieten würden.

Das muss sich jetzt ändern, nicht nur für die Versorgungssicherheit, sondern auch für den Klimaschutz. Was nicht verbraucht wird, muss auch nicht dekarbonisiert werden. Die Koalition sollte jetzt ein Zeichen setzen – und endlich das Energieeffizienzgesetz verabschieden, dass der Kanzler mit seinem Machtwort im AKW-Streit schon im Herbst versprochen hatte.